Die Bundesregierung plant ein neues Gesetz, nachdem Geflüchtete aus der Ukraine, die seit dem 1. April nach Deutschland gekommen sind, ihren Anspruch auf Bürgergeld verlieren.
Für Geflüchtete aus der Ukraine würde sich durch die Gesetzänderung auch das zuständige Amt ändern. (Archivbild)
Von red/AFP
Ukrainerinnen und Ukrainer, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen ihr Land nach Deutschland geflohen sind, haben hierzulande Vorteile im Vergleich zu Geflüchteten aus anderen Ländern. Ein Punkt ist, dass Ihnen bereits ab Juni 2022 der Anspruch auf Bürgergeld zugesprochen wurde statt den niedrigeren Sätzen des Asylbewerberleistungsgesetzes. Dies will die Regierung mit einem Gesetzentwurf ändern, der am Mittwoch vom Kabinett beschlossen werden soll. Die Änderungen betreffen allerdings nur Neuankömmlinge seit April.
Woran liegt die nach Herkunft unterschiedliche Behandlung?
Geflüchtete aus der Ukraine werden nicht als Asylbewerberinnen und -bewerber betrachtet, sondern als Geflüchtete auf Grundlage der so genannten EU-Massenzustromrichtlinie. Diese geht auf die Erfahrungen der Kriege auf dem Balkan zurück, wurde aber erstmals kurz nach dem russischen Angriff auf die Ukraine am 3. März 2022 aktiviert. Individuelle Asylverfahren sind demnach nicht erforderlich, auch besteht sofort ein Anrecht auf Arbeitsaufnahme.
Was wird jetzt geändert?
Am besonderen Status der Geflüchteten aus der Ukraine ändert sich grundsätzlich nichts. Allerdings sollen alle, die nach dem 1. April eingereist sind oder einreisen, nur noch Anspruch auf Unterstützung nach den Vorgaben des Asylbewerberleistungsgesetzes erhalten - so wie es schon einmal in der kurzen Zeitspanne zwischen dem russischen Überfalls am 24. Februar und dem 31. März 2022 der Fall war. Wer von den Betroffenen bereits Bürgergeld bezieht, erhält dieses so lange weiter, bis die individuell geltende Bewilligung ausläuft, höchstens aber für drei Monate nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes.
Welche Folgen hat das für die Betroffenen?
Aufgrund des sogenannten „Rechtskreiswechsels“ fallen staatliche Unterstützungsleistungen niedriger aus. Die Zahlungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz liegen um etwa 20 Prozent unter dem Bürgergeld. Die genaue Höhe hängt von individuellen Voraussetzungen ab, für Alleinstehende gilt ein Grundbedarf von 441 Euro. Beim Bürgergeld beträgt der Regelsatz 563 Euro, wobei die Leistungen nicht genau vergleichbar sind. Zuständig ist nicht mehr das Jobcenter sondern das Sozialamt.
Was ändert sich für die Gesundheitsversorgung?
Statt einer regulären Mitgliedschaft in einer Krankenkasse erhalten die betroffenen ukrainischen Geflüchteten Anspruch auf medizinische Grundversorgung, die aus Steuermitteln finanziert wird. Die Krankenkassen werden dadurch entlastet. Anspruch auf volle Gesundheitsversorgung besteht (wie auch für andere Geflüchtete) erst nach drei Jahren legalem Aufenthalt in Deutschland oder dann, wenn die Betroffenen selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommen und Steuern und Sozialbeiträge zahlen.
Welche Folgen hat die Neuregelung für die Betroffenen noch?
Der Druck auf eine Arbeitsaufnahme für die betroffenen Geflüchteten steigt. Arbeitsfähige, nicht erwerbstätige Leistungsberechtigte werden verpflichtet, sich um eine Erwerbstätigkeit zu bemühen. Allerdings entfällt die bisherige Betreuung durch die Jobcenter, auch wenn ein Beratungsanspruch durch die Agenturen für Arbeit weiterhin bestehen soll.
Spart der Staat durch die Neuregelung Geld?
Unmittelbar zunächst einmal nicht. Erwartet werden für das Jahr 2026 Minderausgaben für den Bund beim Bürgergeld von 680 Millionen Euro und für die Kommunen von 50 Millionen Euro. 2027 sollen der Bund 300 Millionen Euro und die Kommunen 20 Millionen Euro einsparen. Hinzu kommen weitere, kleinere Ersparnisse, etwa bei der Grundsicherung im Alter.
Durch die Zahlungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz entstehen Ländern und Kommunen jedoch voraussichtlich 2026 Mehrkosten von 862 Millionen Euro und 2027 von 394 Millionen Euro. Ein Grund dazu ist ein erheblich höherer Verwaltungsaufwand, vor allem für die Kommunen.
Belastet die Neuregelung also Länder und Kommunen?
Die Bundesregierung sagt den Ländern zu, dass sie für „zusätzliche und zwingend notwendige Kosten“ aufgrund der Gesetzesänderung einen pauschalisierten Ausgleich erhalten. Details sind allerdings noch offen. Erwartet wird laut Gesetzesbegründung auch, dass die Kosten durch eine vermehrte Arbeitsaufnahme der Ukrainerinnen und Ukrainer sinken. Daran gibt es allerdings Zweifel. Für die Verabschiedung des Gesetzes ist die Zustimmung des Bundesrats erforderlich.
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