dpa/lsw Stuttgart. Nach Dutzenden Hinweisen auf Missbrauchsfälle in ihren kirchlichen Internaten vor allem in den 1950 und -60er Jahren arbeitet die württembergische Landeskirche das Thema der sexualisierten Gewalt in den eigenen Reihen weiter auf. Ziel einer neuen Studie sei es, mehrere Fälle in den Evangelischen Seminaren in Maulbronn und Blaubeuren, dem Hymnus-Chor und dem CVJM-Esslingen zu untersuchen und aus strukturellen Fehlern zu lernen, teilte die Kirchenleitung am Mittwoch in Stuttgart mit. Die Untersuchung der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Ulm ist auf drei Jahre angelegt.
Unter anderem soll Betroffenen eine Stimme und ein Forum gegeben werden. Es müssten zudem Wege gefunden werden, wie junge Menschen heute und künftig besser vor Übergriffen geschützt werden könnten, sagte der Direktor im Evangelischen Oberkirchenrat, Stefan Werner. „Für uns ist ganz klar: Wir wollen wissen, was geschah. Wir wollen daraus lernen. Und wir wollen das transparent gestalten.“
Vor wenigen Jahren waren nach einem Aufruf knapp 30 Meldungen zu sexuellen Übergriffen an den Seminaren bei der Stabsstelle für Prävention der Evangelischen Landeskirche in Württemberg eingegangen. Die meisten gingen nach Angaben der Kirche auf denselben mutmaßlichen Täter zurück. Mit Hilfe der Studie wolle die Landeskirche auch mehr über ihn und mögliche Mitwisser erfahren, hieß es. „In den hier untersuchten Fällen war die Täterstrategie besonders perfide, mit einer Vernetzung in mehrere Einrichtungen“, sagte Ursula Kress von der landeskirchlichen Ansprechstelle für sexualisierte Gewalt.
Der Evangelischen Landeskirche in Württemberg gehören rund zwei Millionen evangelische Christen an.
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