Neuer Unsinn sorgt für volles Haus im Kabirinett

Das Chaosduo Oropax ist mit seiner „Experimental Show“ an drei Abenden im Großhöchberger Kabirinett aufgetreten. Bei Wortspielerei, Klamauk und Spontaneinlagen wieherte das Publikum vor Lachen. Die Comedybrüder Martins nahmen dafür unappetitliche Kost auf sich.

Neuer Unsinn sorgt für volles Haus im Kabirinett

Volker Martins als Pferdeflüsterer im Reiterinnenkostüm ist der wortgewandte Schlaue, sein Bruder Thomas gibt den durchgeknallten Narren, der in der „Experimental Show“ eine Zwiebel samt Schale und andere schwere Kost zu sich nimmt. Foto: Tobias Sellmaier

Von Nicola Scharpf

Spiegelberg. Sie kennen das Kabirinett und das Publikum kennt sie: Mehrfach waren die Brüder Volker und Thomas Martins als Duo Oropax schon in Großhöchberg zu Gast, um sich und ihren neuesten Quatsch und Klamauk auf die Probierbühne zu bringen – so auch nun wieder an drei Abenden, unter anderem im Rahmen der Winterkulturtage, an denen Oropax für volles Haus im Kabirinett sorgt. „Wir sind flexibel, ihr seid flexibel. Das alles ist im Fluss“, begrüßen die beiden Komiker ihre Gäste, die zur neuen „Experimental Show“ gekommen sind. Dabei mischen die Chaosbrüder „die neuesten Ideen mit noch nie da gewesenen noch neueren Einfällen“, heißt es in der Vorankündigung, und testen, wie die Nummern beim Publikum ankommen. Tagsüber arbeiten die Brüder die Gags weiter aus und präsentieren die verfeinerte Fassung abends dem Testpublikum. „Die Mönchnummer war gestern ganz anders“, sagt zum Beispiel Hausherr Thomas Weber beim zweiten Experimental-Abend.

Der Auftritt beginnt für die Brüder in schwarz-weiß gemusterten Kostümen, die selbstverständlich recycelt und fair trade sind mit Fell vom Weißkopfseeadler, der Shampoo von Schwarzkopf verwendet hat. Beide tragen Perücken – der Haarmonie wegen, schließlich stehen sie sonst für „du doof, ich Glatze“, wie Volker feststellt. Die Glatzenwitze haben sich Oropax übrigens patentieren lassen beim Nothaar.

Nach ein paar Witzen ist das Publikum im Land des Humors

Hochkomisch? Auf jeden Fall. Kaum sind die ersten Witze gerissen, ist das Publikum dort, wo es hin will: im Land des Humors, der Schlagfertigkeit, der sprachlichen Spielerei. Auf ein paar Buchstaben hin oder her kommt es dabei doch nicht an. Auf die richtige Verkleidung dagegen schon: Herrmann aus der ersten Stuhlreihe wird – so wie zuvor schon Volker und Rainer – Teil des Programms, indem Oropax ihm einen zurechtgeschneiderten, bunten Teppichläufer geben, damit er beim Schachspiel als Läufer fungieren kann, ein Überläufer sozusagen. „Pferde spielen im Schach eine springende Rolle“, erklären Oropax und so prüfen sie anschließend die Welt von Bibi und Tina und des Pferdeflüsterers auf ihre mögliche und unmögliche Bedeutung. Die Rollen sind dabei verteilt: Volker ist der Reiter, der die gewaltfreie Kommunikation mit seinem Pferd praktiziert. Thomas ist das Pferdevorderteil. Dieses wird mit weißem Pferdetoast („Man erkennt ihn am Schimmel“) gefüttert und bekommt anschließend die Sporen. Angesichts solcher Teekesselchen wiehert das Publikum so sehr vor Lachen, dass es Thomas aus dem Tritt bringt. „Du weißt deinen Text nicht mehr?“, fragt Volker süffisant. „Du hengst.“ Jedenfalls bekommt der Gaul zur Belohnung keinen Zwiebelrossbraten, sondern nur eine Zwiebel, die er allerdings samt Schale vertilgt.

Das ist schon mal eine Kostprobe dessen, was das Publikum im deutlich schwächeren zweiten Teil der „Experimental Show“ erwartet: Es wird durchaus unappetitlich. So bleibt einem der ein oder andere Lacher im Hals stecken, wenn Thomas sich in der Rolle der Raupe Nimmersatt durch eine ganze Waffel frisst, von Volker erst eine komplette Scheibe Leberkäs in den Mund und Cornichons in die Nasenlöcher gestopft bekommt und das Ganze dann mit Würstchenwasser und Actimel runterspülen soll. Wenig erstaunlich geht es dann weiter in die „Wunderwelt des Verdauungssystems“. Als Anschauungsmaterial hat Volker in der Rolle des Wissenschaftlers ein Stück Darm in Form eines durchsichtigen Plastikrohrs, das an Haken baumelnd von der Decke hängt, mitgebracht. Volker nascht ein After Eight und stellt sich vor als After Aid, das Helferlein im Verdauungssystem, das bei Problemen ganz reflux daherkommt – in Begleitung seiner Frau, seiner Angedauten, und der Darmflora, die die Blumen vorbeibringt. Selbstverständlich darf der Mönch nicht fehlen, der in jeder Oropax-Show seinen Auftritt bekommt mit seinem „Hallo, hallo, hallo, ich bün oin Mönch“ und dieses Mal seinen Kompetenzbereich überschreitet: „Ich arbeite im Nervensystem. Ich nerve mit System. Wird der Mönch jetzt ausgeschieden?“ Natürlich nicht, aber der Wissenschaftler soll fortan seinen Hut tragen. „Das nennt man Stoffwechsel.“

Kalauerketten sind hier Programm

Das, was Oropax auf die Bühne bringen, nennt man Kalauer. Für sich betrachtet ist jeder nur ein dusseliges Wortspiel. Aber aneinandergereiht... Oropax haben die Kunst, aus Kalauerketten und Gag-Tiraden ein abendfüllendes, temporeiches Programm zu erstellen, perfektioniert. Seit mehr als 30 Jahren sind die Brüder aus Freiburg mit ihren komplett verrückten Vorstellungen, die sie selbst als „überraschend sinnlos“ bezeichnen, erfolgreich unterwegs. Sie wurden unter anderem mit dem Kleinkunstpreis Baden-Württemberg (2018) und 2019 mit dem Arosa Humorfüller ausgezeichnet. Das Duo lebt vom improvisierten Unsinn, vom Chaos, das es auf der Bühne anrichtet und das das Publikum auch erwartet. Wer daran zweifelt, den beruhigen Oropax im Ankündigungstext: „Der schmale Grat zwischen genialen Improvisationen und unsagbarem Absturz ist gewollt.“ Na wenn das so ist, dann hat ja doch alles seine Ordnung.