Periodensystem der Elemente

Nichts geht unter: Auf der Suche nach der Ordnung des Universums

Die  vier Elemente waren im Alterum ein Versuch, die Welt zu erklären. Doch irgendwann passte die antike Lehre nicht mehr. Denn die Welt besteht aus sehr viel mehr als Feuer, Erde, Wasser und Luft.

Nichts geht unter: Auf der Suche nach der Ordnung des Universums

Im Periodensystem der Elemente ist alles zu finden, woraus die Welt gemacht ist: Luft und Wasser, Sand und Steine, Pflanzen, Tiere und Menschen bestehen aus denselben Grundsubstanzen.

Von Markus Brauer/Sebastian Fischer (dpa)

Ein Haus besteht aus Steinen und Holz, ein Auto aus Metall und Kunststoff, ein Buch aus Papier und Druckerfarbe. Alles, was uns umgibt, besteht aus irgendetwas. Aber woraus besteht das Universum? Das ist die erste und die letzte aller Fragen. Eine Antwort darauf suchen die Menschen seit Anbeginn des Denkens. Ein Blick zurück in die Frühphase der Wissenschaftsgeschichte:

„Alles verwandelt sich, nichts geht unter“

Der griechische Naturforscher und Philosoph Empedokles (495-435 v. Chr.) fasste in seinen Schriften zusammen, was die Gelehrten der Antike zu wissen glaubten. Die Welt besteht Empedokles zufolge aus vier den Elementen Feuer, Wasser, Luft und Erde, die er „Rhizomata“ – Wurzelkräfte – nannte.

„Omnia mutantur, nihil interit.“ – „Alles verwandelt sich, nichts geht unter“, schreibt der römische Dichter Ovid (43. v. bis 17 n. Chr.) in seinen „Metamorphosen”. Dies gilt auch für die Vier Elemente und ihre Transformationen.

Experiment mit brennendem Holz

Als Beweis für diese Behauptung galt im Altertum folgendes Experiment. Der Physikprofessor Carsten Busse von der Universität Siegen beschreibt es so: „Wenn man ein frisches Stück Holz verbrennt, dann fängt es Feuer. Es entsteht Rauch, also Luft. Es treten Wassertropfen aus. Und am Ende ist da Asche, also Erde.“ Die alten Griechen schlossen daraus: Alles, was aus dem Stück Holz herauskommt, muss auch in diesem Holz enthalten sein.

Die antiken Forscher ordneten sämtliche Dinge der Welt diesen vier Elementen zu. Dazu gehörten sowohl die Himmelsrichtungen wie die unterschiedlichen Temperamente oder bestimmte geometrische Formen. Der Würfel, zum Beispiel, gehört in den Bereich der Erde.

Die Denker im frühen Griechenland bemerkten zudem, dass Feuer, Wasser, Erde und Luft verschiedene Eigenschaften besitzen: Feuer ist warm und trocken, Erde ist trocken und kalt, Wasser ist kalt und feucht, Luft ist feucht und warm. „Wissenschaft will Ordnung schaffen“, erklärt Carsten Busse.

Suche nach einer Ordnung in der Natur

Doch das Sortieren der Welt in Wasser, Feuer, Erde und Luft habe irgendwann nicht mehr funktioniert, erläutert Busse. „Das mit den vier Elementen passte nicht mehr.“

Ein Naturforscher aus Irland brachte die Wissenschaft im 17. Jahrhundert mit seinen Experimenten auf einen revolutionär neuen Weg: Robert Boyle (1626-1692), der zuerst noch Anhänger der Alchemie war, wurde zum Mitbegründer der auf detaillierten Experimenten beruhenden modernen Naturwissenschaften, insbesondere der Physik und Chemie. Boyle bereitete den modernen chemischen Elementbegriff vor und ließ als Element nur noch das gelten, was sich nicht in weitere Stoffe zerlegen ließ.

Alles besteht aus denselben Grundsubstanzen

Aufbauend auf dieser Erkenntnis entwickelten Wissenschaftler in den folgenden Jahrhunderten erste Listen mit Elementen. In diesem Periodensystem der Elemente ist alles zu finden, woraus unsere Welt gemacht ist: Luft und Wasser, Sand und Steine, Pflanzen, Tiere und Menschen bestehen aus denselben Grundsubstanzen. Erfunden hat diese Art der Darstellung der russische Chemiker Dmitri Mendelejew (1834-1907).

Sein Periodensystem ist kein Zufallsfund, sondern das Resultat unermüdlicher,penibler Arbeit. 20 Jahre will Mendelejew über die Beziehungen der damals bekannten rund 60 Elemente nachgedacht haben, bis er sie nach dem Gewicht ihrer Atome klassifiziert.

Über eine Art Solitär-Kartenspiel stellt er Elemente mit ähnlichen Eigenschaften zueinander. Mendelejew nimmt auch damals noch unbekannte Stoffe auf, bei denen er davon ausgeht, dass sie vorhanden sein müssen – etwa die später entdeckten Elemente Scandium, Gallium und Germanium. Heute enthält das Periodensystem 118 Elemente, in der Mehrzahl Metalle.

Berühmtes Schaubild in Chemie-Lehrbüchern

Als er sein Schaubild im Jahr 1869 erstmals in einem Chemie-Lehrbuch veröffentlicht, nennt er es „Periodensystem“. 63 Elemente sind bekannt als Mendelejew sein System entwirft. Unabhängig davon brüten seinerzeit weitere Forscher über den Elementen - wie der deutsche Chemiker Lothar Meyer (1830-1895). Mendelejews Veröffentlichung soll Meyer dazu bewogen haben, seine bereits erarbeitete Tabelle ebenfalls zu publizieren.

Zunächst ist offen, welches System sich durchsetzen wird. Meyer und Mendelejew erhalten für ihre Forschung im Jahr 1882 gemeinsam die prestigeträchtige Davy-Medaille. Doch verblasst zumindest außerhalb von Chemikerkreisen der Name Meyer mit der Zeit. Und obwohl er zwischen 1905 und 1907 immer zu den aussichtsreichsten Kandidaten zählt, erhält auch Mendelejew nie den Chemie-Nobelpreis.

Liste der chemischen Grundstoffe

Das Periodensystem enthält 118 chemische Grundstoffe. Heute weiß man, dass auch diese Elemente aus noch kleineren Teilen bestehen: Protonen, Neutronen und Elektronen. Protonen und Neutronen sind wiederum zusammengesetzt aus Elementarteilchen, den Quarks.

Das über Jahrhunderte gewachsene Periodensystem stellt bis heute in den senkrecht angeordneten „Gruppen“ ähnliche Elemente zueinander. Zum Beispiel gehören zu den Alkalimetallen unter anderem Lithium, Natrium, Kalium und Cäsium. In den waagerechten „Perioden“ nimmt von links nach rechts grob gesagt die Atomgröße ab.

Bis in Mendelejews Zeit wurden Elemente etwa abhängig von Farbe, Leitfähigkeit oder thermischen Eigenschaften geordnet.

Wasserstoff, Oganesson und Helium

Wasserstoff als häufigstes und zugleich leichtestes Element hat im Periodensystem die Ordnungszahl 1. Diese gibt die Anzahl der elektrisch positiv geladenen Protonen in einem Atomkern an.

Das schwerste Element mit der höchsten Ordnungszahl 118 wurde erst nach dem Jahr 2000 erzeugt: Oganesson entsteht in winzigsten Mengen aus einem künstlich hervorgerufenen Zusammenprall von Atomkernen und zerfällt nach ein paar Millisekunden. Rund 90 Elemente kommen in der Natur vor, der Rest sind reine Laborprodukte.

An jedem Ort im Universum lassen sich dieselben Elemente wie auf der Erde finden. Doch nur eines ist zuerst im Weltraum entdeckt worden. Forscher beobachten im Jahr 1868 im Licht der Sonne ein bis dahin unbekanntes Element und benennen es nach dem griechischen Sonnengott Helios.

Weil es für ein Metall gehalten wird, bekommt es die dafür typische Endung „-ium“. 27 Jahre später wird Helium auf der Erde nachgewiesen. Das Gas ist nach Wasserstoff das zweithäufigste Element im All.

118 Elemente und kein Ende abzusehen

Manche Elemente müssen sich erst durchsetzen. Als im Jahr 1894 das Edelgas Argon entdeckt wird, verneint Mendelejew zunächst dessen Existenz, weil er dafür einfach keine Lücke in seinem System findet.

Für ihn ist es ein „neuer Bestandteil der Luft“. Doch als auch Gase mit ähnlichen Eigenschaften wie Radon und Neon entdeckt werden, bekommen Edelgase ihren Platz – in einer eigenen Spalte.

Das Periodensystem der Elemente findet derzeit im Oganesson seinen Abschluss. Doch sind Forscher weiter auf der Suche nach Elementen über die mittlerweile aufgefüllte siebte Periode hinaus. Ob das Periodensystem noch weiter anwächst, wird erst die Zeit zeigen – und die Fähigkeiten der Labore.