Nopper kann seine Karriere krönen

Gute Wünsche begleiten Backnangs OB bei der Kandidatur in Stuttgart – Mehr Verantwortung auf anderen Schultern

Den Backnanger Oberbürgermeister Frank Nopper begleiten für seine Kandidatur in Stuttgart viele gute Wünsche. Gleichzeitig richten sich die politischen Kräfte und die Stadtverwaltung darauf ein, dass auf sie während der kommenden Monate bis zur Entscheidung mehr Verantwortung zukommt.

Nopper kann seine Karriere krönen

Wenn OB Nopper – wie erwartet wird – „mit Volldampf“ in den Wahlkampf einsteigt, werden auf die anderen Führungskräfte im Backnanger Rathaus, voran Erster Bürgermeister Siegfried Janocha (rechts) und Baudezernent Stefan Setzer (links), zusätzliche Aufgaben zukommen. Archivfoto: A. Becher

Von Armin Fechter

BACKNANG. Nopper hat zwar angekündigt, er werde seine Amtsgeschäfte in Backnang in vollem Umfang weiterführen. Gleichwohl rechnet etwa Ute Ulfert, die Vorsitzende der CDU-Fraktion im Gemeinderat, mit gewissen Lücken, die es zu füllen gelte. Die Präsenz bei wichtigen Entscheidungen werde er sich mit Sicherheit nicht nehmen lassen, er sei da sehr zuverlässig und pflichtbewusst. Aber in Anbetracht der vielen zurzeit laufenden großen Projekte werde auf den Ersten Bürgermeister Siegfried Janocha und auf den Baudezernenten Stefan Setzer mehr Verantwortung zukommen. Ulfert rechnet auch damit, dass die ehrenamtlichen Stellvertreter bei den repräsentativen Aufgaben kräftiger als bisher mit anpacken müssen.

Auch Heinz Franke (SPD) ist überzeugt, dass Nopper bis November nicht so viel in Backnang präsent sein wird wie gewohnt. Da werde man sich zusammensetzen müssen – beispielsweise heute im Ältestenrat –, um zu klären, was Noppers Kandidatur in Stuttgart für die verschiedenen Beteiligten in Backnang bedeutet. Für Franke steht fest, dass der OB seine Bewerbung „mit Volldampf“ betreiben wird, dass es aber gleichzeitig sein Anspruch sei, Backnang nicht zu vernachlässigen. Franke fordert aber auch: „Alles, was wir in der Pipeline haben, darf darunter nicht leiden.“ Er verweist insbesondere auf Großprojekte wie die Karl-Euerle-Halle, den Bahnhofsbereich, die Obere Walke und die IBA-Beteiligung: „Da müssen wir dranbleiben.“

Anerkennung für den Kandidaten: „Saumäßig geschickt gemacht“

Dass Nopper von der CDU in Stuttgart auf den Schild gehoben wurde, kam für Franke am Ende überraschend. Im Vorfeld sei nicht so klar gewesen, dass angesichts der anderen, durchaus veritablen Interessenten der Backnanger OB aufgestellt würde. Aber, so Franke weiter, Nopper habe es auch „saumäßig geschickt gemacht“, er habe sich nie nach außen positioniert – und zugleich habe er gewusst, dass einiges für ihn spricht.

Der SPD-Fraktionschef sieht Noppers Ambitionen dennoch etwas ambivalent. Er würde sich mit ihm freuen, wenn es klappen würde, und ihm das Amt in der Landeshauptstadt gönnen. „Aber wir haben gut zusammengearbeitet, bei allen inhaltlichen Unterschieden“, Nopper sei pragmatisch orientiert und nicht in Parteiideologien gefangen, und er habe auch nie nachgetreten – deshalb wäre es bedauerlich, ihn zu verlieren.

Ob Nopper wohl Erfolg haben wird? „Das Rennen ist offen“, sagt Franke. Er verweist einerseits auf die politische Großwetterlage, die nach wie vor in Richtung Grün zieht – aber das bedeute andererseits nicht, dass Nopper keine Chance habe: Er sei ein starker Wahlkämpfer und könne überzeugend rüberkommen. „Die CDU in Stuttgart ist gut beraten mit ihm als Kandidaten“, erklärt auch Ulfert, die es außerordentlich bedauern würde, ihn als Rathauschef zu verlieren. Sollte er sich in der Landeshauptstadt durchsetzen können, werde der CDU als größter Gemeinderatsfraktion die Aufgabe zufallen, einen guten Kandidaten für die Nachfolge zu finden.

Dass Nopper viel Positives bewirkt und viele wichtige Projekte angestoßen hat, erkennen auch die Grünen an. Melanie Lang, die Fraktionsvorsitzende, ist sich zudem sicher, dass er in Backnang bis zum letzten Tag alles geben wird. Sie bemängelt allerdings, dass nicht immer die richtigen Schwerpunkte gesetzt worden seien – wenngleich die Verwaltung inzwischen besser unterwegs sei als früher, etwa bei Umweltfragen. Es sei zu respektieren, fügt Lang an, dass Nopper seinem Herzenswunsch folgt. Der Mut, diese Herausforderung anzunehmen, zeichne ihn aus. Welche Chancen er in Stuttgart haben wird, sei aus der Distanz schwer zu beurteilen. Bei Bürgermeisterwahlen gehe es ja nicht unbedingt um Parteien, sondern um Persönlichkeiten. Sollte Nopper den Sprung schaffen, biete dies vielleicht die Chance für einen Nachfolger, „der unsere Themen mehr aufgreift“.

„Ich versteh das voll und ganz“, kommentiert Charlotte Klinghoffer (Bürgerforum) Noppers Entschluss, in Stuttgart anzutreten. Wenn er abgesagt hätte, würde er der verpassten Chance ewig hinterherjammern. Bis dato sei Nopper, so ihre Einschätzung, der beste Kandidat auf der Bühne. Aber: „Es wird schwer, es wird ein harter Wahlkampf.“ Dass er eine Mehrheit bekommt, sei noch nicht ausgemacht. Gleichwohl beschleicht die Stadträtin schon eine gewisse Wehmut, falls Nopper die Wahl gewinnt – und falls es doch nicht klappen sollte, „mache ich einen Freudentanz“. Dass das Stadtoberhaupt in den kommenden Monaten vielleicht weniger präsent sein wird, macht ihr keine Sorgen: Die wichtigsten Themen werde er trotzdem selbst belegen. Ansonsten ist sie mit Blick auf den Ersten Bürgermeister sicher: „Herr Janocha wird ihn würdig vertreten.“

Siegfried Janocha wiederum gratuliert dem Rathauschef zur Nominierung. Das sei die einmalige Chance für ihn, seine Karriere zur Krönung zu bringen. Nopper gehe mit tollen Wahlergebnissen aus Backnang nach Stuttgart und habe die Rückendeckung der Bevölkerung. „Ich bin sicher, dass er sehr gute Chancen hat“, sagt Janocha weiter.

Vor den nächsten Monaten ist dem Ersten Bürgermeister nicht bang. Nopper werde in der heißen Phase des Wahlkampfs, nach den Sommerferien, Urlaub nehmen. Dann werde es seine, Janochas, Aufgabe sein, die Amtsgeschäfte weiterzuführen – eine Pflicht, der er sich gewachsen sieht. Janocha verweist auf seine jahrzehntelange Verwaltungserfahrung; zudem ist er als Erster Bürgermeister bereits seit zweieinhalb Jahren im Amt. Dass auf ihn zusätzliche Aufgaben zukommen, die ihn auch zeitlich in Anspruch nehmen, ist ihm bewusst. Bei wichtigen Angelegenheiten werde Nopper aber trotzdem zur Verfügung stehen, und ansonsten seien die wesentlichen Beschlüsse zu den laufenden Projekten gefasst: „Wir werden diese uneingeschränkt fortführen“, versichert er.

Landrat Richard Sigel, mit dem Nopper in den vergangenen Jahren ein besonderes Verhältnis verbunden hat, spricht gleichfalls von einem Verlust nicht nur für die Murr-Metropole, sondern für den gesamten Rems-Murr-Kreis, wenn der Backnanger OB in Stuttgart gewählt würde: „Aber ich verstehe, dass ihn mit Stuttgarter Blut in den Adern diese Chance und Herausforderung reizt, und ich wünsche ihm dabei viel Erfolg.“

Rückenwind erhält Nopper auch von der Jungen Union Backnanger Raum, die seine Entscheidung ausdrücklich begrüßt: „Natürlich würden wir es sehr bedauern, Frank Nopper als unseren langjährigen Oberbürgermeister von Backnang zu verlieren, wir können uns aber niemand Besseren für Stuttgart und damit für das Herz der Region vorstellen und wünschen“, erklärt der Vorstandsvorsitzende Andreas Schildknecht. Der gebürtige Stuttgarter betreibe seit fast zwei Jahrzehnten hervorragende Politik für Backnang und die gesamte Region. Erfolgreiche Projekte wie die Realisierung des neuen Backnanger Hallenbads, die Verbesserung des Verkehrsanschlusses für Backnang und die Ansiedlung neuer Industrie- und Gewerbebetriebe seien angepackt und umgesetzt worden. „Nopper hat die Murr-Metropole Backnang seit seinem Amtseintritt 2002 zu einer der attraktivsten Städte und Wohnorte der Region gemacht“, sekundiert JU-Pressereferentin Johanna Lasotta: „Wir wünschen ihm für die OB-Wahl im November 2020 alles erdenklich Gute.“