Nopper: Stuttgart ist eine tolerante Stadt

Mit dem CSD-Empfang im Rathaus – und mit Regenbogenflaggen – sind die Kulturwochen zum Christopher Street Day gestartet.

Von Petra Mostbacher-Dix

Stuttgart - „Mein Sohn ist schwul – na und“ steht auf dem Schild, das die Mutter vor dem Königsbau hält. Gefilmt vom SDR 1979 beim ersten Homo-Befreiungstag in Stuttgart. „Sie ist für mich eine Heldin – das war zehn Jahre nach den Stonewall Riots, an die wir mit dem Christopher Street Day erinnern“, sagte Lars Landauer, im fünfköpfigen Vorstand der Interessengemeinschaft CSD Stuttgart, im Großen Sitzungssaal des Stuttgarter Rathauses. Dort fand – begleitet vom Chor Musica Lesbiana – der Auftakt der CSD-Kulturwochen statt, die am 26. Juli in der Pride Parade samt Kundgebung münden. Zahlreiche Gäste, auch aus Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik, feierten mit. „Seit 1979 ist manches erreicht worden, Abschaffung des Paragrafen 175, Ehe für alle, Selbstbestimmungsgesetz“, so Landauer. „Aber es ist noch einiges zu tun.“

Seine Mitvorständin Betina Starzmann dankte Stadt und Land, dass Regenbogenflaggen an Stuttgarter Rathaus, Landtag, Schloss, Hauptbahnhof und Ministerien gehisst sind und werden. Nicht selbstverständlich in diesen Zeiten, so Starzmann. „Das ist sichtbare Unterstützung, die wir für unsere politische Arbeit so dringend brauchen.“

Wird doch die Pride-Fahne erstmals nicht zur Berliner CSD-Parade wehen. Denn, so Bundeskanzler Friedrich Merz, der Reichstag sei „kein Zirkuszelt“. Starzmann warnte vor Rückschritten und appellierte: „Zeigen Sie Haltung, lassen Sie sich nicht vereinnahmen von den Themen und den Narrativen jener Menschen, die uns am liebsten wieder in die Unsichtbarkeit drängen wollen.“ Daher lautet das diesjährige CSD-Motto: „Nie wieder still! Laut für Freiheit, stark für Vielfalt“.

Nachdrücklich schilderte sie, wie Diskriminierung, Vorurteile, gesellschaftliche Ausgrenzung, Hass, Hetze, Gewalt und Angriffe gegen queere Menschen, oft weiblich gelesene, People of Colour, Geflüchtete und Menschen mit Behinderung im Netz und auf der Straße zunähmen – vor allem von rechts. Großen Anteil daran trage die rechtspopulistische Rhetorik in der Politik. Statt Sündenböcken müssten die wirklichen Themen angegangen werden, Armut, Wohnungsnot, Bildungs- und Pflegenotstand, Wirtschaftsaufschwung.

OB Frank Nopper betonte, die Regenbogenflagge zu hissen in Zeiten, in denen queere Menschen starkem Gegenwind, zunehmend mit Übergriffen und Feindseligkeiten ausgesetzt seien, sei richtig und wichtig. „Stuttgart ist eine liberale und tolerante Stadt, in der unterschiedliche Positionen, unterschiedliche und kontroverse Meinungen geduldet, ja sogar erwünscht sind.“

Stehbeifall erhielt der Schirmherr des CSD 2025, VfB-Vorstandsvorsitzender Alexander Wehrle. Laut Studien seien junge homosexuelle Menschen vor allem in ländlichen Gebieten acht Mal mehr suizidgefährdet, sagte er. „Nicht weil sie schwul sind, sondern weil sie oft das Gefühl haben, nicht dazuzugehören.“ Wenn er die wachrütteln könne, weil sie sehen, der Fußballfuzzi ist auch schwul und Vorstand, habe er viel erreicht. Darum sei die Zirkuszeltbemerkung keine beiläufige. „Sie vermittelt Menschen das Gefühl, ihre Sichtbarkeit sei nicht nötig!“ Das könne nur jemand sagen, der nie Angst haben musste, sich zu zeigen. „Die Regenbogenflagge bietet Schutz, Zugehörigkeit und die Botschaft, nicht alleine zu sein. Sie ist Zeichen einer modernen Demokratie.“