Ab 2026 dürfen norwegische Gemeinden eine neue Touristensteuer erheben – ein Schritt gegen überfüllte Orte wie die Lofoten und überlastete Infrastruktur.
Reisen auf die Lofoten könnten demnächst teurer werden.
Von Katrin Jokic
Norwegen gehört zu den Ländern, die in den vergangenen Jahren einen massiven Anstieg des internationalen Tourismus verzeichnet haben. Mit über 38,6 Millionen gebuchten Übernachtungen im Jahr 2024 – davon rund zwölf Millionen von ausländischen Gästen – steht das skandinavische Land vor zunehmenden Herausforderungen.
Besonders betroffen sind abgelegene Regionen wie die Lofoten, die in den Sommermonaten von Besucherströmen überrannt werden. Nun hat das norwegische Parlament auf die Kritik aus der Bevölkerung reagiert und eine Touristensteuer beschlossen. Ab 2026 können stark betroffene Kommunen eine Abgabe auf Übernachtungen erheben.
Brennpunkt Lofoten: Wenn Urlauber zur Belastung werden
Die Lofoten, eine Inselgruppe nördlich des Polarkreises mit knapp 25.000 Einwohnern, sind vor allem bei deutschen Touristinnen und Touristen beliebt. Die Zahl der Übernachtungen – auch in privaten Unterkünften – steigt jährlich. Viele Gäste reisen mit Wohnmobilen oder Zelten an, nicht selten ohne sanitäre Ausstattung. Anwohner beklagen die Verschmutzung der Natur, das wilde Campen direkt an Wohnhäusern und überfüllte Straßen. Bürgermeister berichten von Haushaltsengpässen und finanziellen Belastungen.
Die neue Steuer: Regelung ab 2026
Das neue Gesetz erlaubt Gemeinden mit hohem Besucherdruck, eine Steuer in Höhe von drei Prozent auf Übernachtungen zu erheben. Sie gilt zunächst nur für Hotelgäste und Kreuzfahrtpassagiere. Campingplätze und Gästehäfen sind vorerst ausgenommen.
Voraussetzung ist ein Nachweis über die Belastung der lokalen Infrastruktur sowie ein konkreter Verwendungsplan für die Einnahmen. Diese dürfen ausschließlich für tourismusbezogene Ausgaben wie Toilettenanlagen, Müllentsorgung, Wanderwege oder Informationsangebote eingesetzt werden. Eine Genehmigung durch das zuständige Ministerium ist erforderlich.
Kreuzfahrttourismus unter Druck
Neben der Steuer setzt Norwegen auch auf strengere Umweltauflagen. Ab 1. Januar 2026 dürfen nur noch emissionsfreie Schiffe mit weniger als 10.000 BRZ in bestimmte UNESCO-geschützte Fjorde einfahren, darunter der Geirangerfjord. Größere Schiffe müssen bis 2032 nachrüsten. Gleichzeitig wird in Häfen wie Flåm in Landstromanlagen investiert, damit Schiffe im Hafen emissionsfrei betrieben werden können. Die Maßnahmen sollen nicht nur das Klima schützen, sondern auch die Luft- und Lebensqualität in kleinen Gemeinden verbessern.
Skandinavien profitiert vom „Coolcation“-Trend
Nicht nur Norwegen, auch Schweden, Finnland und Island erleben einen Aufschwung durch den „Coolcation“-Trend – Urlaub im kühleren Norden als Alternative zu überhitzten Mittelmeerregionen. Die Zahl der Übernachtungen in Norwegen stieg allein 2023 um 22 Prozent, in Schweden um elf Prozent.
Der Tourismus ist für Norwegen ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Über 26.000 Menschen arbeiten im Beherbergungsgewerbe, etwa 3.000 Betriebe bieten Unterkünfte an. Auch Privatunterkünfte und Ferienhäuser verzeichnen hohe Nachfrage. Natur, Sicherheit und die Sehnsucht nach Ruhe sind ausschlaggebend – aber auch diese Orte geraten zunehmend an ihre Kapazitätsgrenzen.
Europas Reaktion auf Overtourism
Norwegen ist kein Einzelfall. Immer mehr europäische Länder reagieren auf die Folgen des Massentourismus:
Norwegens Touristensteuer reiht sich damit in eine europaweite Bewegung ein, die auf nachhaltigeres Reisen und mehr Rücksichtnahme auf Einheimische setzt.
Ausblick: Anfang einer umfassenderen Regulierung?
Die Steuer auf Hotelübernachtungen und Kreuzfahrten könnte nur der Anfang sein. In Oslo wird bereits über weitere Maßnahmen diskutiert – etwa über eine Abgabe für AirBnB-Gäste. Viele Kommunen fordern klare Regeln, um eine Balance zwischen touristischem Nutzen und der Lebensqualität der Anwohner zu wahren. Die norwegische Regierung sieht sich nun – wie viele europäische Länder – in der Pflicht, den Tourismus zu gestalten, statt ihn einfach nur zu bewerben.