Streit um Israel-Papier

„Null Empathie für Juden“ – Landesbischof attackiert Bedford-Strohm

Württembergs Landesbischof wirft dem Ökumenischen Rat der Kirchen vor, Antisemitismus zu befeuern. Pikant: der Vorsitzende des Weltgremiums ist der ehemalige EKD-Chef.

„Null Empathie für Juden“ – Landesbischof attackiert Bedford-Strohm

Der württembergische Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl (links) warnt den einstigen EKD-Chef Heinrich Bedford-Strohm vor Antisemitismus.

Von Eberhard Wein

Der Streit über ein Israel-Papier des Ökumenischen Rats der Weltkirchen (ÖRK) entzweit die Evangelische Kirche Deutschlands (EKD). Der württembergische Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl hat sich jetzt mit deutlichen Worten von der jüngst in Südafrika veröffentlichen ÖRK-Erklärung zum Israel-Gaza-Konflikt distanziert. „Israel ist kein Apartheidsstaat“, sagte Gohl.

Damit geht er in Konfrontation zum Vorsitzenden des Zentralausschusses des Weltkirchenrats, Heinrich Bedford-Strohm, der das Papier zuletzt mehrfach verteidigt hatte. Bedford-Strohm ist ehemaliger Landesbischof der evangelischen Kirche in Bayern und war als EKD-Ratsvorsitzender bis 2021 der höchste Repräsentant des deutschen Protestantismus.

„Israel ist nicht mit Südafrika vergleichbar“

„Mit der Behauptung, Israel sei ein Apartheidstaat, macht sich der Zentralausschuss des ÖRK einen politischen Kampfbegriff zu eigen, der sachlich falsch ist und in der aufgeheizten Debatte um den Weg zum Frieden im Nahen Osten nur zur weiteren Polarisierung führt“, sagte Gohl laut einer von der Württembergischen Landeskirche verbreiteten Erklärung.

Der Zentralausschuss des ÖRK hatte bei seiner jüngsten Tagung Mitte Juni in Johannesburg (Südafrika) Israel wegen seiner Politik gegenüber den Palästinensern verurteilt und gefordert, diese „Realität der Apartheid beim Namen“ zu nennen. Außerdem forderte der ÖRK, Sanktionen gegen Israel zu verhängen. Für Gohl ist die Gleichsetzung Israels mit dem Apartheidssystem, das bis 1994 in Südafrika herrschte, historisch falsch. Arabische und palästinensische Israelis seien gleichberechtigte Staatsbürger, Mitglieder des Parlaments und hätten in der Regierungszeit von Premierminister Bennett auch Regierungsverantwortung mitgetragen, sagte Gohl. „All das war im Apartheidsystem Südafrikas unvorstellbar.“

Hamas-Massaker wird nicht erwähnt

Bedford-Strohm hatte zuletzt in einer schriftlichen Erklärung eingeräumt, dass es auch innerhalb des ÖRK Stimmen gebe, die dem Gebrauch des Begriffes „Apartheid“ für die Situation in Israel skeptisch gegenüberstünden. Dass diese Stimmen die Gesamterklärung am Ende mitgetragen hätten, „liegt in dem Erschrecken über das unermessliche Leid begründet, das die Bombardements der israelischen Armee im Gazastreifen angerichtet haben und das durch keine noch so legitime Selbstverteidigung mehr zu rechtfertigen ist“, sagte der Theologe.

Ohne Frage sei das Leiden der Menschen in Gaza furchtbar, sagte auch Gohl. Jedoch erwähne die ÖRK-Erklärung mit keinem Wort, dass die Gewaltspirale von der Hamas mit ihrer brutalen Angriff vom 7. Oktober 2023 in Gang gesetzt worden sei. Auch die Forderung nach einer Freilassung der Geiseln werde mit keinem Wort erwähnt. Gohl: „Das Grundproblem dieser ÖRK-Erklärung besteht darin, dass sie keinerlei Empathie mit Jüdinnen und Juden in Israel erkennen lässt.“

Gohl erinnert an historische Schuld der Kirchen

Während Bedford-Strohm betonte, dass die ÖRK-Erklärung nicht antisemitisch sei, äußerte Landesbischof Gohl daran klare Zweifel. „In Zeiten, in denen der Antisemitismus weltweit zunimmt, sollten sich gerade christliche Kirchen ihrer historischen Schuld am Antisemitismus bewusst sein und ihn nicht noch befeuern“, sagte der Landesbischof. Der ÖRK umfasst derzeit 365 Mitgliedskirchen mit weltweit mehr als 580 Millionen Christinnen und Christen. Die katholische Kirche ist nicht Mitglied, arbeitet mit dem Weltkirchenrat aber zusammen.