Krieg in der Ukraine

Odessas ausgebürgerter Bürgermeister nun unter Hausarrest

Erst entzieht der ukrainische Präsident Selenskyj dem Bürgermeister von Odessa die Staatsbürgerschaft. Nun ist der ehemalige Rathaus-Chef in Hausarrest und die Hafenstadt unter Militärverwaltung.

Odessas ausgebürgerter Bürgermeister nun unter Hausarrest

Der entmachtete Bürgermeister von Odessa, Hennadij Truchanow, ist wegen angeblichen Versagens beim Hochwasserschutz nach dem Entzug seiner Staatsbürgerschaft nun unter Hausarrest gestellt worden. (Archivbild)

Von dpa

Odessa/Kiew - Ein Gericht in der Ukraine hat den von Präsident Wolodymyr Selenskyj ausgebürgerten Rathauschef Hennadij Truchanow in der Schwarzmeer-Metropole Odessa unter Hausarrest gestellt. Der Richter entschied angesichts des Vorwurfs der Nachlässigkeit beim Hochwasserschutz der Hafenstadt auch, dass der ehemalige Bürgermeister eine elektronische Fußfessel tragen müsse, wie der Telegramkanal des öffentlich-rechtlichen Fernsehens "Suspilne" meldete. Truchanow spricht von einem politisch motivierten Verfahren gegen ihn.

Bei einem Hochwasser nach einem Unwetter am 30. September starben in der immer wieder von Russland angegriffenen Hafenstadt neun Menschen. Truchanow und weitere Mitarbeiter der Stadtverwaltung, die ständig auch mit Kriegsfolgen zu kämpfen haben, werden beschuldigt, beim Hochwasserschutz versagt zu haben. Truchanow weist das zurück.

Die von Selenskyj inzwischen unter Militärverwaltung gestellte Stadt wird von dem früheren Geheimdienstgeneral Serhij Lyssak geführt. Dem bisher verantwortlichen und gewählten Bürgermeister von Odessa hatte Selenskyj davor die Staatsbürgerschaft entzogen. Angeblich soll Truchanow einen russischen Pass besitzen. Der Politiker weist die Vorwürfe zurück. Mit dem Verlust der Staatsangehörigkeit war das gewählte Stadtoberhaupt auch praktisch seines Amtes enthoben.

Selenskyj kritisierte Sicherheitsprobleme in Odessa

Selenskyj hatte beklagt, dass viele Sicherheitsfragen in Odessa unbeantwortet geblieben seien unter Truchanow. Konkrete Details nannte er nicht, versprach aber einen stärkeren Schutz und mehr Unterstützung. Truchanow, der Russland immer wieder wegen der vielen Angriffe auf Odessa verurteilte, war seit 2014 Bürgermeister der Millionenstadt gewesen.

Kritiker Selenskyjs beklagen, dass der Präsident immer mehr gewählten Volksvertretern eine Militärverwaltung mit seinen Vertrauten vorsetze. Wegen des geltenden Kriegsrechts gibt es in dem Land aktuell keine Wahlen - auch nicht auf kommunaler Ebene. Die Ukraine wehrt sich seit mehr als dreieinhalb Jahren gegen die russische Invasion.