Opposition kritisiert geplante Abschiebe-Verschärfungen

dpa Berlin. Asylbewerber, die keinen Schutz in Deutschland bekommen, müssen gehen. In der Praxis scheitert das häufig, an Problemen mit den Herkunftsländern oder zum Beispiel an Gesundheitsproblemen. Innenminister Seehofer will mehr Druck auf Betroffene machen.

Opposition kritisiert geplante Abschiebe-Verschärfungen

Der Gesetzesvorschlag von Innenminister Seehofer stößt bei der Opposition im Bundestag auf Kritik. Foto: Bernd von Jutrczenka

Die geplanten Erleichterungen für Abschiebungen stoßen auf heftigen Widerstand in der Opposition: Grüne, Linke und AfD kritisierten die vorgesehenen Maßnahmen scharf - wenn auch aus unterschiedlichen Gründen.

Die Grünen-Abgeordnete Filiz Polat sprach bei einer ersten Debatte im Bundestag von einem „Katalog der Entrechtung und Inhumanität“. Die Linken-Politikerin Ulla Jelpke sagte, die Pläne verstümmelten „die verbliebenen Rechte von Schutzsuchenden bis in die Unkenntlichkeit“. Gottfried Curio von der AfD gehen die geplanten Änderungen hingegen nicht weit genug. Er sprach von „Symptomdoktorei“, die nicht helfe, solange die Grenzen offen seien. FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg nannte das Vorhaben einen „Schritt in die richtige Richtung“. Sie bemängelte aber, dass zu viele Probleme unbeantwortet blieben, etwa das „Kompetenzchaos zwischen Bund und Ländern“.

Der Gesetzesvorschlag von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sieht unter anderem die vorübergehende Unterbringung von Abschiebehäftlingen in Haftanstalten vor, allerdings getrennt von regulären Gefangenen. Wer seine Abschiebung etwa durch falsche Angaben zur Person hintertreibt, soll künftig nur als „Person mit ungeklärter Identität“ geduldet werden und unter anderem nicht arbeiten dürfen. Asylbewerber, die bereits in einem anderen EU-Staat Schutz erhalten haben, sollten in Deutschland keine Sozialleistungen mehr bekommen. Zudem soll es für Behördenmitarbeiter strafbar werden, Betroffene vor einer anstehenden Abschiebung zu warnen.

Seehofer verteidigte die Pläne, die das Ziel der „Durchsetzung rechtsstaatlicher und fairer Regeln“ verfolgten. „Wir gewähren jedem Menschen, der Schutz braucht, bei uns im Lande Schutz. Aber das heißt auf der anderen Seite, wer kein Bleiberecht hat, muss auch unser Land wieder verlassen.“ Der SDP-Abgeordnete Lars Castellucci unterstrich, dass es um Menschen gehe, deren Asylantrag abgelehnt worden sei. „Und diese Menschen müssen unser Land auch wieder verlassen. Denn wenn es keinen Unterschied macht, ob man einen Asylantrag genehmigt bekommt, oder ob er abgelehnt wird, dann gerät der Rechtsstaat ins Wanken.“

Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl verurteilte die geplanten Neuerungen entschieden. „Das Geordnete-Rückkehr-Gesetz ist ein Ausgrenzungs- und Entrechtungsgesetz“, kommentierte Geschäftsführer Günter Burkhardt. „Zehntausende werden in Deutschland permanent in Angst vor Haft und vor Abschiebungen in menschenunwürdige Zustände leben.“

Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) unterstützt zwar das Ziel der Reformen, zweifelt die Mittel aber teilweise an. Die „implizite Annahme“, dass Rückführungen vor allem an den Ausreisepflichtigen scheiterten, seien nicht ausreichend gesichert, mahnte der SVR. So müsse zum Beispiel auch die Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern verbessert sowie die freiwillige Ausreise stärker gefördert werden.

Am Abend debattierte der Bundestag darüber hinaus über eine Reform des Staatsangehörigkeitsrechts. Danach soll Doppelstaatlern künftig die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen werden, wenn sie sich einer Terrormiliz wie dem IS anschließen. Aber auch hier übte die Opposition einhellig Kritik: AfD und FDP äußerten Sympathie für das Vorhaben, bemängelten jedoch handwerkliche Fehler. Linke und Grüne erhoben grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedenken.

Das „Ausländerbeschäftigungsförderungsgesetz“ wurde am späten Abend ebenfalls erstmals im Bundestag beraten. Unter anderem soll dadurch der Zugang zur Sprachförderung verbessert werden. Wer bei der Arbeitsagentur als arbeitssuchend gemeldet ist, soll nach neun Monaten Aufenthalt in Deutschland an einem Integrationskurs teilnehmen. Für Geduldete, die bisher meist keinen Zugang zur Sprachförderung hatten, sollen nach sechs Monaten die berufsbezogenen Deutschkurse geöffnet werden, sofern sie arbeitssuchend gemeldet sind.