Paddeln für den Umweltschutz

Sommerreportage: An der Kanuverleihstation des Unternehmens „Die Zugvögel“ in Weinstadt-Endersbach kann man sich kostenlos ein Öko-Kajak ausleihen, wenn man damit auf der Rems Müll einsammelt.

Paddeln für den Umweltschutz

Der meiste Unrat findet sich in der Uferböschung, da ist viel körperlicher Einsatz gefragt. Fotos: M. Maier

Von Lorena Greppo

Weinstadt. Ruhig zeigt sich die Rems an diesem Tag. Ruhig und sauber. An sich ist das erfreulich, wenn man allerdings darauf aus ist, Müll zu sammeln, sind das nicht unbedingt beste Voraussetzungen. Schließlich wird „Endi“ nicht einfach nur zum Vergnügen ins Wasser gelassen. Das Öko-Kajak ist nämlich ein Gratisangebot der Kanuverleihstation von „Die Zugvögel“ für all jene, die sich bereit erklären, damit zum Müllsammeln auf den Fluss auszurücken. Und das ist auch an diesem Tag das erklärte Ziel. Der Ehrgeiz ist geweckt.

Nachdem öfters einmal Schulklassen Kanus für diesen Zweck ausgeliehen hatten, entschloss sich Anna Bröll, geschäftsführende Inhaberin der Firma Zugvögel, die Kanus, Kajaks und Surfbretter für Stand-up-Paddling verleiht, dies auf regulärer Basis anzubieten. An allen Stationen des Unternehmens – also in Weinstadt-Endersbach, Ludwigsburg und Bietigheim-Bissingen – gibt es also nun ein Öko-Kajak in Tieroptik. In Endersbach ist es Haifisch Endi, der sein Revier sauber hält, in Bietigheim ist es seine Frau, das Hippo „Bibi“, und in Ludwigsburg das Kind der Kajakfamilie „Lubi“, ein kleines Krokodil.

„Das Angebot kommt super an“, berichtet Bröll. Im Coronalockdown habe ihr Team Zeit gehabt, um sich ein passendes Konzept zu überlegen und die Kajaks zu gestalten. Das sei zugleich eine sinnvolle Beschäftigung gewesen, denn auch der Kanuverleih musste längere Zeit seine Türen für den Publikumsverkehr schließen. Eine Buchung von Endi und Gefährten ist nicht vorgesehen, bei Gratisangeboten komme es sonst oft vor, dass Angemeldete einfach nicht erschienen, erklärt Bröll. Und bislang geht der Plan gut auf: „Das Öko-Kajak wird gerade richtig frequentiert, nicht zu wenig, aber auch nicht so, dass wir reihenweise Interessenten abweisen müssen“, sagt sie. Aus geschäftlicher Sicht sieht sie darin auch keine Konkurrenz für ihren Kanuverleih, sondern freut sich vielmehr darüber, dass sie ihren Beitrag zum Umweltschutz leisten kann. „Schließlich nützt es auch uns, die wir dort regelmäßig unterwegs sind.“

Unterwegs sein ist an dieser Stelle ein gutes Stichwort. Fabio Pinto und Marius Schairer, die nebenberuflich in der Kanuverleihstation in Endersbach arbeiten, geben eine kurze Einweisung und stellen das Material bereit. Ein Müllsack muss natürlich mit und die Paddel, aber auch Schwimmwesten und wasserdichte Behälter für Wertsachen werden geboten – „falls ihr kentern solltet“, sagt Pinto grinsend. Allerdings, beruhigt er sogleich, komme das überwiegend auf Höhe der Stromschnellen vor. So weit soll die Tour heute aber nicht gehen. Dann kann Zweisitzer Endi auch gleich zu Wasser gelassen werden und mit ein paar engagierten Paddelschlägen geht es los. Weil sich auf der rechten Seite der Einstiegsstelle das Birkelwehr befindet, geht es in Richtung Großheppach.

Auf dem Fluss selbst schwimmen an diesem Tag nur Blätter und Blüten. Schnell ist daher klar: Wenn Müll in den Eimer soll, muss dieser an der Uferböschung sein. Und tatsächlich: Inmitten von Brombeerranken und verschiedenen Sträuchern finden sich immer wieder Plastikstücke. Meistens sind es Überreste von allerlei Tüten, manchmal auch Verpackungen diverser Süßigkeiten und Knabbereien. Die Schokoladenfolie hängt zwischen zwei Ästen fest? Kann nicht sein, die muss trotzdem mit! Kein bisschen Unrat wird verloren gegeben, und wenn man beim Angeln danach kurzzeitig im Gebüsch feststeckt. Ab und zu werfen andere Paddler neugierige Blicke in Richtung des Öko-Kajaks und des kuriosen Verhaltens seiner zwei Passagierinnen. Schon nach kurzer Zeit sieht man Endi und seinen Insassinnen den Einsatzwillen geradezu an: Übersät von Zweigen, Blättern und diversen kleineren Tierchen geht die Tour weiter von einer Verunreinigung zur nächsten.

Ordentlich etwas her macht die mit Essensresten gefüllte Plastiktüte, die auf Höhe der Mühlwiesen im Wasser liegt. Und unter der B-29-Brücke finden sich gleich mehrere Abfallstücke, die von einer Party zeugen. Der Mülleimer füllt sich und gleichzeitig beruhigt sich das eigene Gewissen: Wenn Fabio und Marius das Öko-Kajak nach der Fahrt wieder in Empfang nehmen dürfen, ist ein gut gefüllter blauer Sack ein Nachweis der eifrigen Arbeit im Sinne des Umweltschutzes. Und in dem Wissen, dass schon gut etwas geschafft ist, kann man sich auch mal ein bisschen zurücklehnen, auf der Rems treiben lassen und das gute Wetter genießen.

Das sieht übrigens auch Anna Bröll so: „Das Ganze soll ja auch Spaß machen.“ Es sei selten, dass jemand überhaupt nichts findet oder im Gegenteil das Gefühl hat, der Müllmengen nicht mehr Herr zu werden. Hochwasser schwemme immer wieder mehr Abfall in den Fluss und „die Rems hat bei anhaltendem Regen schnell einen hohen Wasserstand“. Die Erfahrung der Zugvögel-Geschäftsführerin deckt sich mit dem Ergebnis dieses Tages: Vor allem Plastiktüten und -flaschen landen in der Rems, zum Teil aus Unrat, der vom Wind aus den Abfalleimern entlang des Fußgängerwegs herausgeweht wurde. „Aber wir haben auch schon eine Autobatterie in der Nähe des Einstiegs gefunden und ein anderes Mal einen Autoreifen“, berichtet Bröll. Die Batterie habe eine Werkstatt in der Nähe für sie entsorgt, die Städte und Gemeinden mit deren Bauhöfen unterstützten das Unterfangen aber auch, hebt sie hervor. „Es ist ja auch in deren Sinn, dass wir aufräumen.“

Mehr Infos gibt es unter: www.diezugvoegel.de