In Tübingen formiert sich eine große Protestbewegung gegen das öffentliche Streitgespräch zwischen OB Palmer und AfD-Landeschef Markus Frohnmaier – darunter auch Extremisten.
Manche in Tübingen bezeichnen Boris Palmer als Rassisten, wie Aktivisten mit einem Banner nach einem Facebook-Post des OB im Jahr 2021 deutlich machen (links). Ähnliche Vorwürfe erhält der Ex-Grüne jetzt auch wegen des geplanten Streitgesprächs mit der AfD. (Symbolbilder)
Von Florian Dürr
Wenn Tübingens OB Boris Palmer am 5. September auf einem Podium mit AfD-Landeschef Markus Frohnmaier diskutieren wird, werden sich draußen vor der Halle wohl tausende Demonstranten versammeln. Mehrere Gruppen – darunter auch Linksextreme – kündigen Protest an gegen die Veranstaltung, die Palmer im Zuge einer Vereinbarung mit der rechtspopulistischen Partei ausgehandelt hat (wir berichteten).
In den sozialen Medien etwa mobilisiert das „Offene Treffen gegen Faschismus und Rassismus für Tübingen & Region“ (OTFR), das der baden-württembergische Verfassungsschutz als linksextremistische Gruppierung bearbeitet. „Am 5. September rollt Palmer der AfD den roten Teppich aus“, heißt es in einem Beitrag der Gruppe auf Instagram. Und weiter: „Ein Rassist, der mit Rassisten diskutiert? Ein guter Tag, um antifaschistisch aktiv zu sein!“
Stadt Tübingen rechnet mit mehr Demonstranten als angemeldet
Die Gruppierung ist Teil des „Bündnis Gemeinsam & Solidarisch gegen Rechts Reutlingen und Tübingen“, dem auch Initiativen wie „Omas gegen rechts“ und Gewerkschaften angehören. Das Bündnis hat bereits eine Demo vor der Halle angemeldet, ebenso wie der Linken-Kreistagsverband – jeweils für 300 bis 500 Personen. Den Kundgebungen anschließen wird sich auch „Fridays for Future Tübingen“, die zuvor mit ebenfalls 300 bis 500 Personen per Raddemo zur Halle ziehen.
„Palmer bietet der gesichert rechtsextremen Partei damit nicht nur eine riesige Bühne, er trägt damit auch dazu bei, dass rechtsextreme Positionen normalisiert werden“, sagt Valerie Schmelcher von „Fridays for Future Tübingen“. Insgesamt wären es am 5. September dann in der Spitze rund 1500 Demonstranten vor der Halle. „Wir gehen aber von mehr aus“, sagt eine Sprecherin der Stadt.
Boris Palmer wehrt sich gegen Vorwürfe
Auch der Rathauschef selbst sagt in einem Gespräch mit unserer Zeitung: „Ich würde es begrüßen, wenn 3000 bis 4000 kommen“, so Palmer: „Die AfD soll nicht das Gefühl haben, in Tübingen willkommen zu sein – das ist sie nämlich nicht.“ Er sei außerdem froh, dass die Partei, die vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft wird, in Tübingen nicht im Gemeinderat sitzt und bei der vergangenen Kommunalwahl nicht mal mehr angetreten ist.
Die Vorwürfe, mit denen er wegen seines geplanten Streitgesprächs teilweise konfrontiert wird, thematisiert er auch auf seiner Facebook-Seite und wehrt sich dagegen: „Im Vorfeld des Streitgesprächs mit dem AfD-Abgeordneten Frohnmaier gibt es Stimmen, die keinen großen Unterschied zwischen der AfD und mir machen wollen“, schreibt der Kommunalpolitiker und appelliert, „das Gemeinsame“ zu sehen: „An meiner Rechts- und Verfassungstreue gibt es nach 18 Jahren im Amt keinerlei Zweifel.“