Pflegeeinrichtungen begrüßen neue Tarifpflicht

Seit September müssen Pflegekräfte nach Tarif vergütet werden beziehungsweise muss sich deren Bezahlung an einem Tarif orientieren. Auch der Pflegemindestlohn ist gestiegen. Zwar betrifft das große Pflegeheime in der Region nicht, doch sie begrüßen die Regelung.

Pflegeeinrichtungen begrüßen neue Tarifpflicht

Der Pflegemindestlohn ist im September gestiegen. Viele Pflegeeinrichtungen zahlen aber ohnehin bereits über dem gesetzlich geforderten Tarif. Symbolfoto: Adobe Stock/Rido

Von Kristin Doberer

Rems-Murr. Mehr Anerkennung und bessere Bezahlung für Pflegekräfte in der Altenpflege werden schon lange gefordert, zumindest Letzteres tritt für manche Pflegekräfte nun auch ein. Seit dem 1. September gibt es zwei Neuerungen, die zum Teil Einfluss auf die Bezahlung der Altenpflegerinnen und -pfleger haben. Zum einen dürfen nur noch die Einrichtungen zur Versorgung zugelassen werden, die ihre Pflege- und Betreuungskräfte nach Tarif vergüten oder sich an einem entsprechenden Tarifvertrag orientieren. Dadurch sollen sowohl Pflegebedürftige als auch Pfleger entlastet und unterstützt werden. Zudem gibt es seit September höhere Mindestlöhne für Beschäftigte in der Altenpflege. Die Pflegekommission hat sich im Februar darauf geeinigt, den Mindestlohn für Pflegehilfskräfte auf 14,15 Euro pro Stunde anzuheben, für qualifizierte Pflegehilfskräfte auf 15,25 Euro pro Stunde und für Pflegefachkräfte auf 18,25 Euro pro Stunde. Bis 2023 sollen weitere Stufen folgen, der Mindestlohn für Pfleger soll nochmals leicht steigen.

Kaum Auswirkungen aufAlten- und Pflegeheime in der Region

Der Deutsche Pflegerat geht von einem Sprung der Gehälter bei bisher nicht tarifgebundenen Einrichtungen nach oben aus. Trotzdem kritisierte Christine Vogler, Präsidentin des Pflegerats, beim Beschluss des neuen Pflegemindestlohns einige Punkte. Zum einen werde sich die Tarifbindung deutlich auf die Heimplatzkosten auswirken. Zum anderen sei die Erhöhung des Mindestpflegelohns nicht nur zu gering, sondern aus einem anderen Grund teilweise wertlos: „Die meisten Pflegekräfte betrifft diese Erhöhung ohnehin nicht, weil bereits meist über diesem Mindestlohn gezahlt wird.“ Das ist auch bei Pflegeeinrichtungen in der Region der Fall. Sowohl das Haus Elim, das Einrichtungen in Burgstetten und Auenwald betreibt, als auch Doreafamilie, das Häuser in Murrhardt und Sulzbach an der Murr betreibt, sowie kleinere Pflegeeinrichtungen der Region zahlen bereits nach Tarif oder angelehnt an Tarifverträge.

Und auch die beiden großen Anbieter der Region, das Alexander-Stift der Diakonie Stetten und das Alten- und Pflegeheim Staigacker, betrifft das neue Gesetz nicht. „Wir zahlen seit Jahren nach Tarif, bei uns hat das keine Auswirkungen“, meint Sabine Laible vom Staigacker. Trotzdem befürwortet sie die Entscheidung – nicht nur, weil so mehr Pflegekräfte auf eine gerechtere Bezahlung hoffen können, sondern auch, um den Wettbewerb unter Häusern besser auszugleichen.

Viele Tarife liegen bereits deutlich über gesetzlicher Forderung

„Unser Diakonie-Tarif ist angelehnt an den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und liegt um einiges höher als der gesetzlich geforderte Tarif“, teilt das Alexander-Stift auf Anfrage mit. Demnach liege das Einstiegsgehalt nach der Ausbildung für Pflegefachkräfte zum Beispiel bei rund 3400 Euro. Dazu kommen Jahressonderzahlung, betriebliche Altersversorgung und teilweise weitere Zulagen. „Mit zunehmender Berufserfahrung steigt das Gehalt und regelmäßig finden Tariferhöhungen statt“, so ein Sprecher der Diakonie Stetten, die die Alexander-Stift-Pflegeheime betreibt.

Trotzdem befürwortet auch die Diakonie Stetten die Tarifregelung ausdrücklich, „weil sie unterstreicht, dass die Mitarbeiter in der Pflege eine sehr wertvolle Arbeit leisten“. Auch sei sie ein wichtiger Schritt zu einer besseren Vergleichbarkeit zwischen den verschiedenen Anbietern – sowohl im Hinblick auf die Bezahlung der Mitarbeiter als auch im Hinblick auf die Kosten eines Heimplatzes, bei denen ja die Personalkosten ein großer Posten sind.

Die Geschäftsführerin Gaby Schröder hält den Tarif für in Ordnung, aber er „könnte durchaus noch etwas höher sein, um die geleistete Arbeit zu honorieren“. Letztlich gehe es dabei um die Frage, was der Dienst am Menschen wert ist. „Gerade auch wenn man betrachtet, was in anderen Ausbildungsberufen, zum Beispiel in der Industrie, bezahlt wird. Dort sind die Einstiegsgehälter zum Großteil noch deutlich höher und die Arbeitszeiten besser“, so der Sprecher des Alexander-Stifts. Aber auch innerhalb der Pflegebranche gebe es Unterschiede, die für Altenhilfeträger nachteilig sind, so der Sprecher. „Durch die generalistische Pflegeausbildung erhalten alle Pflege-Azubis die gleiche Ausbildung, egal ob sie später als Fachkraft im Pflegeheim oder im Krankenhaus arbeiten. Aber im Krankenhausbereich beziehungsweise in der Akutpflege wird deutlich besser bezahlt als in der Altenhilfe.“ Gaby Schröder fordert deshalb, dass bei gleicher Ausbildung auch das Lohnniveau gleich sein muss, damit Altenhilfeträger bei der ohnehin schwierigen Personalsuche in Zeiten des Fachkraftmangels nicht benachteiligt sind.