Plädoyer für eine echte Mobilitätswende

Bundestagswahl 2021: Grünen-Kandidatin Ricarda Lang wirbt mit der Unterstützung des Landesverkehrsministers Winfried Hermann im Backnanger „Wohnzimmer“ für klimafreundliche Zukunftspolitik in der Region.

Plädoyer für eine echte Mobilitätswende

In der Backnanger Bar „das Wohnzimmer“ stellen sich Ricarda Lang und Winfried Hermann den vielen Fragen der Zuhörer. Foto: J. Fiedler

Von Gabriella Lambrecht

Backnang. Mehr als 50 Zuhörerinnen und Zuhörer fanden sich vor der Backnanger Wohnzimmer-Bar in gemütlicher Atmosphäre auf Palettensofas und Sitzbänken aber auch stehend ein, um mit der Grünen-Bundestagskandidatin für den hiesigen Wahlkreis, Ricarda Lang, und Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann ins Gespräch zu kommen. Im Zentrum der Diskussionsrunde standen die Themen Verkehrspolitik und Mobilitätswende. Auch der Grünen-Landtagsabgeordnete Ralf Nentwich gehörte zu den zuschauenden Gästen.

Direkt zum Auftakt der Wahlveranstaltung formuliert Lang ihr Anliegen deutlich: Das Thema Verkehr sei zwar omnipräsent, aber für sie stehe die Frage nach einer „gerechten Mobilität“ im Raum, an der alle teilhaben können. Insbesondere im ländlichen Raum gehe es nicht nur um das Mobilsein an sich, sondern um eine „gute“ Mobilität. Lang bleibt in ihrer Ansprache faktenorientiert und sachlich, zeigt aber auch deutlich die Drastik der Klimakrise und deren Zusammenhang mit der aktuellen Verkehrssituation auf.

Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann unterstützt Ricarda Lang bei diesem Anliegen vor Ort: „Es wird endlich Zeit die Dynastie der Verkehrsminister der CSU zu beenden“, fordert er. Dem setzt er sein Konzept der Verkehrswende entgegen. Dieses beruhe auf zwei Aspekten: Man brauche zum einen die Verkehrswende hin zu Fahrzeugen mit klimafreundlichen Antriebstoffen. Dazu zählt er E-Batterien, wie auch synthetische Kraftstoffe, wie auch Wasserstofftechnologien: „Es dauert lange und es ist teuer, war ziemlich lange die Entschuldigung dafür, dass man nichts ändert“, prangert Hermann an, aber Unternehmen wie Iveco und Nikola, die nun gemeinsam auf Wasserstofftechnologien für Lastkraftwagen setzen, zeigten schon heute Alternativen auf.

Genauso wichtig sei jedoch auch eine echte „Mobilitätswende“. Dies bedeute den Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel, „sodass bis 2030 mindestens doppelt so viele Fahrgäste“ wie heute diese nutzen. Bekanntlich ist auch der Ausbau der Radwege ein Desiderat der grünen Regierung. Auf die Nachfrage Jürgen Ehrmanns, Vorsitzender des ADFC Backnanger Bucht, wie es denn konkret um den Ausbau des Radschnellweges zwischen Backnang und Waiblingen stehe, verwies Hermann wiederum auf die Zuständigkeit des Kreises.

Dass insbesondere beim Thema der Zuständigkeiten einige Reibungsverluste zu verzeichnen sind, machten auch Fragen und Antworten weiterer Zuhörender deutlich. Bei der Frage nach den als sehr hoch empfundenen Preisen im Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS), verwies Hermann ebenfalls auf Verbünde und Kommunen. Eine weitere Frage betrifft die Radwege Backnangs, auch hier die Anmerkung Hermanns, er wolle sich nicht in die Kommunalpolitik einmischen, wünsche sich aber gerne mehr Initiative aus den Kommunen.

Grünen-Stadträtin Ulrike Sturm weist auf die Wichtigkeit der Vernetzung der beiden Themenfelder „Verkehr“ und „Bauen“ hin. Weiterhin stellt sie die Frage nach mehr Unterstützung vom Land, um es Bürgerinnen und Bürgern in einem Haushalt überhaupt zu ermöglichen, mit nur einem Auto zurecht zu kommen. Hermann stimmt zu und macht auf bereits bestehende Programme zur Gestaltung der Ortsmitte „verkehrsberuhigt aber trotzdem lebendig“ aufmerksam.

Nach der ausgiebigen Fragerunde übernimmt wiederum Ricarda Lang, die in Berlin unter anderem schon als stellvertretende Bundesvorsitzende und frauenpolitische Sprecherin ihrer Partei Erfahrung sammeln konnte. Und Lang hat auch für den Wahlkreis Backnang/Schwäbisch Gmünd konkrete Ziele: Das Thema Klimaschutz möchte sie als „Jobmotor“ nutzen: Wie sehr der Rems-Murr-Kreis von der Automobil-Industrie abhängig ist, zeigt sie deutlich. Eben deshalb erachte sie es als „sehr, sehr wichtig“, auch hier auf nachhaltige und klimafreundliche Zukunftstechnologien zu bauen, um Arbeitsplätze langfristig zu sichern. Sollte sie in den Bundestag einziehen, möchte sie sich „dafür einsetzen, dass (solche) Zukunftstechnologien hier im Wahlkreis angesiedelt werden“, und damit Arbeitsplätze erhalten und geschaffen werde. Denn mit ihr habe Backnang „eine starke Stimme“ im Bundestag, Erfahrung konnte sie ja bereits auf Bundesebene sammeln. Auch für eine gute Gesundheitsversorgung in der Region will sie eintreten. Ricarda Lang resümiert, im Kern gehe es bei der Wahl vor allem um Freiheit, „sowohl zukünftiger Generationen als auch im Hier und Jetzt“.

Mit Letzterem bezieht sie sich wiederum auf „echte Wahlmöglichkeiten“ was die Mobilität im ländlichen Raum angeht, etwa durch einen weiteren Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel. Im Hinblick auf zukünftige Generationen hat Lang vor allem die Klimakrise im Blick und zeigt deutlich auf, dass jetzt der Zeitpunkt sei, zu entscheiden, ob „wir Zukunft gestalten wollen“ oder ob man diese im wahrsten Sinne des Wortes „passieren“ lasse.