Trotz Verbots erneut Protest gegen Corona-Maßnahmen

dpa/lsw Stuttgart. Bilder wie am Karsamstag will man in Stuttgart nicht mehr sehen und verbietet zwei Demos gegen die Corona-Politik. Vor Gericht beißen die Organisatoren auf Granit. Einen ruhigen Tag erlebt die Stadt trotzdem nicht.

Trotz Verbots erneut Protest gegen Corona-Maßnahmen

In Westen gekleidete Polizisten. Foto: Silas Stein/dpa/Archivbild

Zahlreiche „Querdenker“ und weitere Gegner der Corona-Politik haben sich am Samstag trotz Demo-Verboten in Stuttgart versammelt. In der Innenstadt skandierten sie Parolen, trugen Trommeln und Fahnen, viele dafür aber keine Masken. Auch Abstände wurden nicht eingehalten. Die Polizei stoppte nach eigenen Angaben mehrere spontane, nicht genehmigte Aufzüge und Gruppenbildungen, nahm Personalien der Teilnehmer auf und erteilte Platzverweise.

Zwei geplante Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen hatte die Stadt verboten und dafür Rückendeckung von den Gerichten erhalten. Noch am Samstagvormittag hatte das Bundesverfassungsgericht zwei gegen die Verbote gerichtete Eilanträge der Organisatoren abgewiesen. Trotzdem hatte „Querdenken“ noch im Verlauf des Tages dazu aufgerufen, in die Stuttgarter Innenstadt zu kommen. Die Polizei war, auch wegen mehrerer angemeldeter Gegendemos, mit einem Großaufgebot im Einsatz.

Mit dem Verbot wollte die Stadt vor allem verhindern, dass sich noch einmal Szenen wie am Karsamstag abspielen, als bei einer Demonstration der „Querdenker“-Bewegung bis zu 15 000 Teilnehmer ohne Mund-Nasen-Schutz und ohne Abstand unterwegs waren. Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) hatte am Samstagvormittag seinen Appell erneuert, den Demonstrationen fernzubleiben, die von einer Initiative mit dem Namen „Es reicht uns“ und der Gruppe „Querdenken 7171“ angemeldet worden waren. Eine noch kurzfristig angemeldete Versammlung von Gegnern der Corona-Maßnahmen hatte die Stadt laut Polizei ebenfalls verboten.

Nopper hatte unter anderem argumentiert, angesichts der steigenden Infektionszahlen bedrohten die Proteste Leib und Leben der Demonstranten und weiterer Menschen. Auflagen allein reichten zudem wohl nicht aus, um das Risiko zu reduzieren.

Die Anmelder hatten eingewandt, von den Versammlungen gehe keine unmittelbare und erhebliche Gefahr aus. Die Stadt könne sich auch nicht auf die Sieben-Tage-Inzidenz berufen, da diese kein tauglicher Parameter sei, um die Gefahren einzuschätzen.

Die Polizei zeigte unter anderem auch mit Reitern, Drohnen und Wasserwerfern Präsenz. Einsatzkräfte waren über die gesamte City verteilt. Über der Stadt schwebte ein Hubschrauber. Am Marienplatz, wo eine größere Gegendemo stattfand, sprach sie nach Angaben des Sprechers etliche Platzverweise gegen Anhänger der „Querdenker“ aus, denen die Versammlung dort verboten worden war. Zudem habe es diverse Anzeigen wegen Verstößen gegen die Maskenpflicht gegeben, hieß es. Auch setzte die Polizei nach eigenen Angaben einen Kleinlaster fest, der trotz des Verbots Demo-Ausrüstung anliefern wollte. Gegen zwei Personen, die trotz Verbots eine Versammlung hätten abhalten wollen, seien Ermittlungsverfahren eingeleitet worden.

Nach Angaben eines Sprechers griff die Polizei zudem mehrfach ein, um Gegendemonstranten davon abzuhalten, sich auf „Querdenker“-Gruppen zuzubewegen.

Auch in Heidelberg wurde am Samstag eine verbotene Versammlung von Gegnern der Corona-Maßnahmen aufgelöst. Rund 80 Personen hätten sich am Nachmittag auf der Schwanenteichanlage versammelt, teilte die Polizei mit. „Die meisten Teilnehmer kamen nach mehrfacher polizeilicher Ansage, der Aufforderung nach, den Platz zu verlassen.“ Es seien 28 Platzverweise erteilt worden.

Am Freitagabend war die Polizei in Stuttgart nach eigenen Angaben bei einer Versammlung unter dem Motto „Gegen Ausgangssperren - Für echte Pandemiebekämpfung statt Symbolpolitik“ eingeschritten, nachdem sich dort ein nicht erlaubter Demozug in Bewegung gesetzt hatte. Einzelne Menschen hätten sich „unfriedlich“ verhalten, als die überwiegend der linken Szene zuzuordnenden Teilnehmer gestoppt werden sollten, hieß es. Laut Polizei setzten die Beamten Pfefferspray ein, später hätten Einsatzkräfte eine 50-köpfige Gruppe gestoppt, Personalien festgestellt und Spraydosen und Pyrotechnik sichergestellt. Bei dem Versuch, eine Polizeikette zu durchbrechen, sei ein Demo-Teilnehmer gestürzt und habe sich eine Platzwunde zugezogen.

Die Veranstalter warfen der Polizei vor, grundlos und übertrieben hart gegen die Demo vorgegangen zu sein, und sprachen von mehreren Verletzten. Ein Sprecher der Stadt betonte, es sei zwar eine Kundgebung angemeldet gewesen, nicht aber ein Aufzug. Diesen habe die Polizei aufgelöst, weil sich kein Leiter zu erkennen gegeben habe und Pyrotechnik gezündet worden sei.

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