Polizist besingt die Lust am Biertrinken

Hit von Backnanger Polizeihauptmeister Dominik Holl und Ballermann-Sänger Michael Müller liefert Diskussionsstoff

Zwei Typen mit Sonnenbrille halten ein volles Bierglas in der Hand, grölen in dem Musikvideo: „Wir können gerade noch so stehen, doch wir wollen noch ein Bier.“ Der Backnanger Polizist Dominik Holl und Ballermann-Sänger Michael Müller sind die Hauptakteure. Die Hopfenhymne ist gerade einer der angesagtesten Partyhits, wurde auf YouTube mehr als 150000-mal angeguckt. Für den Song gibt es aber nicht nur Lob: Polizeipräsident Reiner Möller hatte die Rechtsabteilung eingeschaltet. Das Ergebnis: Es liegt kein Verstoß vor.

Polizist besingt die Lust am Biertrinken

In Partylaune: Die Biergläser rechts sind schon leer getrunken und Dominik Holl und Michael Müller (links) wollen als „Kommando Vollgas“ mit ihrer Hopfenhymne richtig durchstarten. Foto: privat

Von Yvonne Weirauch

BACKNANG. Ein Partyhit ist es, der Wasenhit schlechthin soll es werden, als Ohrwurm auf Mallorca soll er einschlagen: Mit dem Song „Wir sind Bierfans, es wird eskalieren“ ist das Duo „Kommando Vollgas“ bei Youtube durch die Decke geschossen. „Damit haben wir echt nicht gerechnet“, sagt Dominik Holl (28), der als Sänger mit dem Künstlernamen Pheel Awsom schon Singles veröffentlicht hat (wir berichteten). Nun hat er gemeinsam mit Ballermann-Sänger Michael Müller, genannt „Schürze“, eine Bierhymne geschrieben, die im Juni veröffentlich wurde. Wäre alles ja kein Thema, wenn Dominik Holl nicht ausgerechnet Polizist wäre. Der 28-Jährige ist Polizeihauptmeister, arbeitet in Backnang, fährt seit elf Jahren Streife und war sogar schon 2016 mit einer Hauptrolle in den RTL-Folgen „Der Blaulicht-Report“ vertreten. Holl, in Schwäbisch Hall geboren, ist ein begeisterter Musiker, schreibt selbst Songs und produziert.

Saufkumpan liegt regungslos auf dem Tresen

Der neue Song „Wir sind Bierfans“, der laut Holl aus einer „einfachen Idee heraus entstanden ist“ und den er gemeinsam mit Ballermann-Sänger Michael Müller geschrieben hat, sorgt nun allerdings für Wirbel. Im Video trinken Müller und Holl in einer Kneipe und in einer Brauerei. Die beiden singen: „Es wird eskalieren. Wir wollen feiern, tagelang nur feiern.“ Am Ende des Videos hängt ein Saufkumpan regungslos auf dem Tresen, Polizist Holl und sein Ballermann-Kumpel liegen wie Schnapsleichen auf Bierfässern. Darf ein Streifenbeamter, der eigentlich für Recht und Ordnung sorgt, das Biersaufen so verherrlichen? Dominik Holl findet: Ja. „Ich möchte damit nicht provozieren“, betont der junge Mann. Es soll ein Partyschlager sein, der einfach Spaß macht. Es gehe um Bier, „unser höchstes Kulturgut“, und um die Gemeinschaft. Dabei soll das Wort eskalieren keinesfalls negativ wirken, es solle eher zum Ausdruck bringen, dass Leute gerne ausgelassen feiern können.

Die Zusammenarbeit mit Michael Müller mache irre Spaß. „Schürze“ war als Sänger innerhalb der Eventreihe Ultraviolet, die Holl etwa vor vier Jahren gegründet hat, bei einer Veranstaltung aufgetreten. „Wir kannten uns schon vorher und verstehen uns supergut. Wir haben uns einfach entschlossen, gemeinsam etwas auszuprobieren“, sagt Holl. So sei relativ schnell „Kommando Vollgas“ entstanden. Das Video zum Party-Bierhit wurde in einer Brauerei in Schwäbisch Hall gedreht. Holl: „Ich habe dort angefragt und unsere Idee wurde mit Begeisterung aufgenommen.“ Innerhalb eines Tages sei das Video im Kasten gewesen. Dass der Hit so schnell bekannt wird, damit haben Holl und Müller nicht gerechnet, und dass der Song Wellen schlug, daran ist Holls Berufsstand nicht ganz unschuldig. Negatives Feedback von seinen Freunden oder der Familie habe der Beamte zwar nicht bekommen. Auch die Kollegen im Revier hätten positiv reagiert: „Ein Polizist ist auch ein Privatmensch und der eine oder andere feiert gerne.“ Nur einer war berufsbedingt nicht auf Applaus eingestellt: Polizeipräsident Reiner Möller hatte wegen des Sauflieds seine Rechtsabteilung eingeschaltet. Die sollte prüfen, ob ein Disziplinarverfahren eingeleitet werden muss. Dominik Holl hatte davon aus der Zeitung erfahren und zeigte sich überrascht. „Ich kann das auf der einen Seite nachvollziehen, dass es die Pflicht des Polizeipräsidenten ist, danach zu schauen, was ich da treibe. Auf der anderen Seite gebe ich ja kein negatives Bild von der Polizei ab, sondern singe in meinem Privatleben“, erklärt Holl seine Situation. Er trenne Beruf und Privatleben sehr strikt.

Seitens der polizeilichen Rechtsabteilung fiel das Ergebnis für Holl positiv aus: „Ein Beamter darf mit seinem Verhalten, auch im Privatleben, nicht das Ansehen der Polizei schädigen. Der Beamte hat nicht gegen geltende Regeln verstoßen“, heißt es bei der Polizeipressestelle in Aalen.

Holl: „Autogrammkarten im Dienst werde ich nicht verteilen“

Polizist sei er aus Leidenschaft, und er erfülle diesen Beruf „wie man so schön sagt, mit Leib und Seele“. Was ihn daran fasziniert? „Die Nähe zu den Bürgern und die Abwechslung“, sagt Holl. Ob Backnang ein heißes Pflaster ist? Der Gesetzeshüter lacht: „Backnang hat nicht das Nachtleben, wie es beispielsweise in Stuttgart herrscht, aber auch in unserer Stadt gibt es ordentlich was zu tun.“ Dominik Holl ist sich dessen bewusst, dass er erkannt wird, wenn er beispielsweise eine Fahrzeugkontrolle durchführt: „Ich kann zwischen privat und Arbeit ganz gut unterscheiden. Autogrammkarten im Dienst werde ich nicht verteilen.“

Als Pheel Awsom will Dominik Holl auch weiterhin an seiner Musikkarriere feilen, aktuell sei er aber vorerst gemeinsam mit Michael Müller auf „Kommando Vollgas“ konzentriert. „Wir sind gespannt, wohin die Reise geht.“ Zuerst wohl auf den Cannstatter Wasen, denn ein Termin steht im Kalender fest: „Wir werden den Bierhit am 12. Oktober auf dem Cannstatter Volksfest präsentieren, wollen es damit zum Bierkönig-Closing auf Mallorca schaffen“, sagt Dominik Holl voller Vorfreude. Und gestern hat er erfahren: Voraussichtlich Anfang Dezember machen sich „Kommando Vollgas“ nach Österreich auf, um bei Après-Ski-Partys ihren Song zu performen. Na dann Prost!

Info
Das Ansehen der Polizei darf nicht geschädigt werden

Die Pressestelle des Polizeipräsidiums Aalen teilt mit: „Entgegen der Darstellung in manchen Medien hat Polizeipräsident Reiner Möller kein grundsätzliches Problem mit dem Lied. Weder das Lied selbst, der Text noch das Video waren ihm vor den ersten Berichterstattungen Ende August/Anfang September bekannt. Deshalb liegt es in der Natur der Sache, dass der Polizeipräsident erst prüfen – sich also das Video anschauen – musste, bevor er den Medien über die Polizeipressesprecher eine Einschätzung abgeben konnte. Das Ergebnis: Das Lied ist rechtlich nicht zu beanstanden.“ Eine offizielle Stellungnahme von Reiner Möller zum Interpreten und zum Lied gibt es nicht.

Die Rechte und Pflichten eines Beamten sind im Beamtenstatusgesetz geregelt. Dort steht unter anderem , dass sein Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden muss, die sein Beruf erfordern. Das bedeutet, dass der Beamte auch in seiner Freizeit die Pflicht zu achtungswürdigem Verhalten hat. Beispielsweise darf er die Arbeit der Polizei nicht verunglimpfen und natürlich nicht zu Straftaten aufrufen. Jenseits dieser Grenze haben Polizeibeamte wie alle anderen Bürger auch ein Recht auf ein Privatleben.

Beim Polizeipräsidium Aalen gibt es – wie in den anderen Polizeipräsidien auch – eine Stelle, die mögliche beamtenrechtliche Verstöße prüft und bewertet. Dies geschieht, wenn Beschwerden oder Anzeigen eingehen oder sonstige Hinweise auf ein mögliches Fehlverhalten vorliegen. Die Entscheidung über das weitere Vorgehen obliegt dann dem Dienstvorgesetzten, also dem Polizeipräsidenten.