Staatsanwaltschaft

Polizist mit Waffe von Kommissaranwärter getötet

Ein Polizist wird während eines Einsatzes erschossen – mit einer Dienstwaffe. Nun steht fest, wem sie gehörte. Der Innenminister ist noch immer geschockt über die Gewalttat.

Polizist mit Waffe von Kommissaranwärter getötet

Ein 34-jähriger Polizist war vor einer Woche bei einem Einsatz gestorben. (Archivbild)

Von Von Katja Sponholz, dpa

Saarbrücken - Der vor einer Woche im Einsatz erschossene Polizist (34) im Saarland ist mit der Dienstwaffe eines Kommissaranwärters getötet worden. Das teilte die Staatsanwaltschaft mit. Demnach soll es dem 18-jährigen Beschuldigten im Zuge eines Handgemenges "auf noch nicht hinreichend geklärte Weise" gelungen sein, die Dienstwaffe des Kommissaranwärters an sich zu nehmen. "Die genauen Abläufe und Umstände, die hierzu geführt haben, sind Gegenstand intensiver Ermittlungen, unter anderem kriminaltechnischer Untersuchungen etwa am Holster", sagte Oberstaatsanwalt Thomas Schardt. 

Der 34 Jahre alte Polizist hatte nach einem Tankstellenüberfall in Völklingen mit einem Kollegen und einem Kommissaranwärter einen 18 Jahre alten Verdächtigen verfolgt. Nachdem dieser in den Besitz der Waffe gelangt war, soll er unmittelbar das Feuer eröffnet haben. "Nach bisherigem Ermittlungsstand soll zuerst der verstorbene Polizeibeamte getroffen worden und zu Boden gegangen sein." Unmittelbar danach soll auch der Kommissaranwärter hinten an der Schutzweste getroffen worden und zu Boden gegangen sein. Die Schutzweste habe die Kugel abgefangen, der Kommissaranwärter sei deshalb nur leicht verletzt worden.

Zeuge zog Polizisten aus Gefahrenbereich

Die Videoaufnahme eines Zeugen zeige, dass der Kommissaranwärter von einem Zeugen aus dem Gefahrenbereich gezogen worden sei. Anschließend soll der Täter auf den bereits am Boden liegenden Beamten geschossen haben, dieser starb später an den schweren Verletzungen.

Der Kommissaranwärter soll nach bisherigen Erkenntnissen den Beschuldigten zuerst erreicht und versucht haben, ihn festzuhalten. Hierauf soll es zu dem Handgemenge gekommen sein. Der Verdächtige wurde kurze Zeit von zwei Schüssen weiterer herbeigeeilter Polizeibeamter getroffen und festgenommen. Nach den bisherigen Erkenntnissen soll der Beschuldigte bis zur Festnahme alle 17 Patronen aus der Polizeiwaffe abgefeuert haben. Gegen ihn wird wegen des Verdachts des schweren Raubüberfalls, des Mordes und des zweifachen versuchten Mordes ermittelt.

Beschuldigter noch in gesundheitlich kritischem Zustand

Laut Staatsanwaltschaft befindet er sich nach wie vor in kritischem Zustand und in intensivmedizinischer Behandlung in einem Krankenhaus. Es sei nicht absehbar, wann er in eine Justizvollzugsanstalt verlegt werde. Untersuchungen zu einer etwaigen psychoaktiven Beeinflussung durch Alkohol oder andere Rauschmittel seien bisher nicht abgeschlossen. Auch lägen noch keine belastbaren Erkenntnisse zu etwaigen psychischen Erkrankungen vor. 

Mitglieder des Innen- und Justizausschusses des Landtages ließen sich am Morgen in einer vertraulichen Sitzung über den Ermittlungsstand informieren. Innenminister Reinhold Jost (SPD) zeigte sich danach noch immer zutiefst geschockt. "Diese Tat hat auch mich verändert. Sie hat mich ins Mark getroffen", sagte er. Nun gehe es darum, "die Trauer einerseits zuzulassen, ohne dabei Erkenntnisse außen vorzulassen". Noch seien längst nicht alle Details geklärt. Man werde jedoch nicht zulassen, dass im Nachgang etwa im Internet Verunglimpfungen des Opfers oder Beleidigungen und Straftaten zum Ausdruck gebracht werden. Diese würden konsequent verfolgt. 

Große Solidarität aus der türkischen Community

Gleiches gelte, wenn es zu strafbaren Handlungen bei einer für Samstag angekündigten Demonstration aus rechtsextremen Kreisen kommen werde. Bei dem Beschuldigten soll es sich um einen Deutsch-Türken handeln. "Ich bin mir sicher, die Antwort der Gesellschaft des Saarlandes auf diejenigen, die glauben, daraus parteipolitisches, fremdenfeindliches oder rassistisches Kapital schlagen zu wollen, wird deutlich sein", sagte der Innenminister. "Das Saarland steht in dieser dunklen Zeit zusammen." Auch aus der türkischen und Migranten-Community habe man "eine unglaublich große Solidarität und Trauerbekundungen" erhalten. Der türkische Generalkonsul habe ihn ebenso angerufen wie Vertreter von Moschee-Gemeinden. "Sie sind genauso getroffen, verstört und traurig und trauern mit uns", sagte Jost.

Der Vorsitzende des Innenausschusses, Patrick Waldraff (CDU), sagte, er habe den Eindruck, dass bei den Ermittlungen sehr professionell vorgegangen werde. Die Brutalität und Skrupellosigkeit gegenüber Polizisten habe inzwischen ein Ausmaß erreicht, das man als Politik, aber auch als Gesellschaft nicht hinnehmen dürfe. "Kusel, Mannheim und nun Völklingen zeigen, dass wir dringend darüber sprechen müssen, wie es so weit kommen konnte und was wir tun können, um solche tragischen Fälle in Zukunft zu verhindern."

Polizist mit Waffe von Kommissaranwärter getötet

Der saarländische Innenminister Reinhold Jost (SPD) zeigte sich nach der Sitzung des Innen- und Justizausschusses noch immer geschockt von der Gewalttat in Völklingen, bei der ein Polizist erschossen wurde.