Promis fühlen sich gejagt

Stars betrachten Paparazzi als Inbegriff der Niedertracht: Dabei trägt deren Arbeit auch zu ihrem Status bei

Von Simone Höhn

Filmstar Scarlett Johansson beklagt sich über skrupellose Fotografen. Viele Promis haben eine Abneigung gegen sogenannte Paparazzi. Doch bleiben sie fern, schwindet auch die Prominenz.

Hollywood Filmstar Scarlett Johansson(34) istwütend auf Fotografen, die Prominente verfolgenund immer wieder gefährliche Situationen provozieren. „Bis Paparazzi nicht per Gesetz als kriminelle Stalker gelten, die sie sind, ist es nur eine Frage der Zeit, bis jemand ernsthaft verletzt wird oder stirbt wie PrinzessinDiana“, wird Johansson zitiert. Sie selbst sei Anfang der Woche von fünf verdunkelten Autos verfolgt worden und anschließend zur Polizei gegangen.

Ein Paparazzo verdient Geld, indem er berühmte Menschen fotografiert. Auch in Zeiten von Instagram und Millionen von Schnappschüssen und Selfies aus dem Alltag der Prominenten hat sich das nicht maßgeblich geändert. Schließlich ist der Paparazzo auf das aus, was der Star gerade nicht von sich preisgeben möchte und was die Leser von Boulevardmagazinen beim Friseur oder im Wartezimmer gerne konsumieren. Für einen guten „Abschuss“ zahlen diese Magazine und Zeitungen vierstellige Beträge, teilweise auch mehr.

Immer wieder kommt es – vor allem in Hollywood – zu regelrechten Verfolgungsjagden zwischen Prominenten und Fotografen. 1997 starb Prinzessin Diana bei einem Autounfall in Paris, nachdem sie von Paparazzi verfolgt worden war. Im Anschluss debattierte die Öffentlichkeit lange über die Arbeit der Paparazzi. Ein Gericht urteilte elf Jahre später, dass ihr Fahrer und die sie verfolgenden Paparazzi mitverantwortlich für den Unfall seien.

Ein Umdenken in der Szene konnte der Medienanwalt Christian Schertz seither dennoch nicht beobachten. In einem Interview mit demDeutschlandfunksagte Schertz 2017, es gebe immer wieder Fälle, in denen Mandanten klagten – wegen „Verfolgungen am Strand, in privaten Momenten mit Kindern, beim Krankenhausbesuch“.

Aufsehen erregten zum Beispiel der Fall der britischenHerzogin Catherineund die Oben-ohne-Fotos von ihr, die das Magazin „Closer“ veröffentlicht hatte. Dieses zeigte 2012 offenbar mit einem Teleobjektiv aufgenommene Bilder der Herzogin auf der Terrasse eines Privatanwesens in der südfranzösischen Provence.

Gegen zwei Verantwortliche des Magazins wurden Strafen von je 45 000 Euro verhängt. Laut Anwalt Schertz sind die rechtlichen Schranken härter geworden – insofern seien die seiner Meinung nach „unerträglichen Hetzjagden“ seltener geworden. Scarlett Johansson sieht das anders. „Viele Paparazzi haben eine kriminelle Vergangenheit und werden kriminell handeln, um an ihre Schnappschüsse zu kommen.“

Anfang März hat das Kölner Landgericht im Fall desPaparazzi-Streits um den Sänger Herbert Grönemeyerzwei Fotografen zu Bewährungsstrafen wegen Falschaussage und falscher Verdächtigung verurteilt. Die Männer hatten nach einer Auseinandersetzung mit dem Sänger ausgesagt, dass sie durch ihn schwer verletzt worden seien. Ein Gutachter stellte fest, dass Grönemeyer sie nur leicht berührt hatte. 2014 hatten die Männer am Flughafen Köln-Bonn den Sänger mit Lebensgefährtin und Sohn fotografiert.

Es gibt genügend Fälle, in denen die Prominenten das Nachsehen hatten. AlleinErnst August von Hannover, der wohl berüchtigteste deutsche Paparazzi-Jäger, hat ein halbes Dutzend Gerichtsverfahren verloren und wurde zu mehreren sechsstelligen Summen Schadenersatz verurteilt. So prügelte er 1998 mit seinem Regenschirm auf einen Kameramann und einen Fotografen ein. Dies brachte ihm die Spitznamen „Prügelprinz“ oder „Prügelaugust“ ein.

Auch der US-SchauspielerSean Penngriff 2009 einen Paparazzo an und wurde zu einer Bewährungsstrafe von drei Jahren verurteilt. Der britische SchauspielerHugh Granthat 2007 einen Fotografen mit einer Dose Bohnen beworfen, kam jedoch ohne Gerichtsverfahren davon.

Wie ambivalent das Verhältnis zwischen Fotograf und Promi ist, zeigt das Beispiel von Prinzessin Diana. Sie pflegte eine Hassliebe zu den Medien. Einerseits nutzte sie Fotografen für ihre Zwecke, andererseits gab sie das gejagte Opfer. Auch die US-SängerinBritney Spearshat ein zwiespältiges Verhältnis zu Paparazzi. Eine Zeit lang war die Sängerin ein gefundenes Fressen für die Sensationsfotografen.

Aber Britney Spears war ein bereitwilliges Opfer. Mit einem Skandalfotografen war sie sogar ein paar Monate lang liiert. Nach einem Alkohol- und Drogenabsturz musste die Sängerin 2008 mit dem Rettungswagen in ein Krankenhaus gebracht werden. Dutzende Fotografen versuchten Bilder durch die Fensterscheibe des Transporters zu machen. Das Phänomen hat die US-SängerinLady Gaga2009 in ihrem Hit „Paparazzi“ vertont: „I’m your biggest fan, I’ll follow you until you love me“ („Ich bin dein größter Fan, ich folge dir, bis du mich liebst“).