Prunksitzung des Backnanger Karnevalvereins

Die Narren haben bei der großen Prunksitzung des Backnanger Karnevals-Clubs im Backnanger Bürgerhaus wieder alle Register der guten Laune gezogen. Beim fünfeinhalbstündigen Programm wechselten sich tolle Tanznummern und witzige Parodien in kurzweiliger Reihenfolge ab.

Prunksitzung des Backnanger Karnevalvereins

Volles Haus im Bürgerhaus. Zahlreiche Delegationen von Karnevalsvereinen der Region waren wieder nach Backnang gekommen.Fotos: Alexander Becher

Von Klaus J. Loderer

Backnang. Was am Rhein „Helau“ und „Alaaf“ sind, wird an der Murr ganz schwäbisch „Backana ha no!“ gerufen. Dieser Backnanger Karnevalsruf erklang erstmals vor 65 Jahren. Was 1957 ein bescheidenes Faschingskostümfest war, hat sich inzwischen zur Prunksitzung des Backnanger Karnevals-Clubs (BKC) entwickelt. Erstmals seit Aufhebung der Coronaverordnungen fanden nun am Freitag- und Samstagabend wieder solche im Backnanger Bürgerhaus statt. In fantasievollen Kostümen wogte das närrische Treiben durch das voll besetzte Haus. Viele Delegationen von Karnevalsvereinen der Region waren wieder nach Backnang gekommen. Dieter und Waltraud Kölbl aus Altusried sorgten schon vor Programmbeginn für stimmungsvolle Musik.

Pünktlich um 19.33 Uhr begrüßte die rührige BKC-Präsidentin Gabi Kallfaß die Gäste. Im Rund der Honoratioren wurde der BKC-Ehrensenator und frühere Volksbank-Backnang-Chef Werner Schmidgall ausgezeichnet. Der Backnanger Oberbürgermeister Maximilian Friedrich präsentierte sich zur Gaudi des Publikums im Kostüm des Markgrafen Herrmann. Er wurde von den Büttenrednern ganz streichelzart angefasst. Die Seitenhiebe bekam sein Amtsvorgänger Frank Nopper ab. Dagegen dürfte Richard Sigel der erste Landrat des Rems-Murr-Kreises sein, der sich in Backnang lobende Worte abholen durfte. „Die Elferrätinnen finden ihn unglaublich smart“, plauderte Nachtwächter Horst Klöpfer aus.

Der Einzug der bunten BKC-Gruppen bietet ein eindrucksvolles Bild

Den Auftakt des fast fünfeinhalbstündigen Programms, charmant moderiert von Gabi Kallfaß und Sara Bay, durften die Kleinsten machen: Alessia, Malea und Leni zeigten, was ein Tanzmariechen so alles können muss. Beim Einzug boten die verschiedenen BKC-Gruppen ein eindrucksvolles Bild. Die von Carola Sieber geleiteten „Nachtschwärmer“ erfreuten mit einem lustigen Potpourri. Voller Stolz zeigten die Mädchen der Minigarde ihre neuen roten Uniformen. Leni und Finn holten sich als Tanzpaar ebenso ihren Applaus ab wie die Tanzmariechen Estiane, Mia und Katharina für geradezu akrobatische Tanznummern.

Die blaue Garde hatte sich um das Thema Marionette einen besinnlichen Showtanz ausgedacht. Als Bauarbeiter trat die Minigarde auf und sorgte mit „Hoch die Hände Wochenende“ für Johlen im Publikum. Von Bollywood ließ sich die Dance Generation zu einer Performance mit indischen Kostümen inspirieren. Dass der BKC auch Traditionspflege betreibt, zeigten das Gänsevolk und die Backemer Träppler Buaba. Mit einer Feuerwehrparodie brachte das BKC-Männerballett den Saal zum Lachen.

Die Bundesregierung kam schlecht weg

Zwischen den Auftritten der verschiedenen BKC-Gruppen lockerten Kabarettnummern das Programm auf. Gemeinsam war ihnen, dass die Bundesregierung ziemlich schlecht wegkam. Klimakleber, Gendern und Politiker ohne berufliche Qualifikation waren einige der Reizthemen. Als Elsbeth Gscheidle fühlte Birgit Pfeiffer gnadenlos der Politik auf den Zahn. Die resolute Toilettenfrau hat ihre besondere Perspektive auf die Politiker und ihr Ausscheidungsverhalten.

Zum Energiesparen schlug sie vor, dass man doch wieder zum traditionellen Badeverhalten zurückkehren könnte: Die Familienmitglieder baden nacheinander im selben Badewasser. Statt eingeflogener Mangos könnte man heimische Äpfel von Streuobstwiesen essen.

BKC-Nachwuchstalent Carina Häußermann bot als Karnevals-Influencerin in der Bütt eine witzige Parodie auf soziale Medien. Für ihre Filmaufnahmen wurde sogar der Backnanger Faschingsumzug in Zeitlupe nachgestellt. Besondere Lacher erhielten ihre Gummistiefelsandalen.

Nachtwächter Horst Klöpfer lästerte über „Pflichtübung im Vollpfostenstil“ als Merkmal der Bundespolitik. In der Paarung Alois und Elsbeth Gscheidle liefen Markus Neuweiler und Birgit Pfeiffer zu Höchstform auf. Dem „Polizisten“ kam seine umtriebige Ehefrau zum Ergötzen des Publikums immer wieder in die dienstliche Quere. Dass ein Mitglied der mit Kinderschokolade-Gruppe laut auflachte, missfiel dem gestrengen Herrn Wachtmeister, schon wurde der „Kinderriegel“ auf die Bühne kommandiert. Elsbeth untersuchte unterdessen das „Kinderriegele“ männertechnisch ganz genau.

Bei Markus Zipperle kriegten sich die Zuschauer kaum mehr ein

Die dauerhaften Lachsalven des Publikums nahmen beim Auftritt von Markus Zipperle zeitweilig so überhand, dass der in Wäschebeuren lebende schwäbische Comedian, dessen Stimme durch „Äffle & Pferdle“ bekannt ist, fast selbst aus dem Konzept kam, seine absonderlichen Geschichten um einen betrunkenen Fahrer im Kreisverkehr und die Behandlung eines Sprachfehlers war allerdings schon wegen der Mundakrobatik Zipperles auch zu witzig.

Der Coronazeit konnte er auch etwas Gutes abgewinnen, so habe er eine Frau kennengelernt – seine. Mit dem Hohelied auf die Maultasche zur Musik von „Living next door to Alice“ und von Elsbeth, Alois und dem Publikum als Hintergrundchor unterstützt, brachte er den Saal endgültig zum Rasen.

Dass in Stuttgart mit Hannes I. und Melanie I. zu Stutengarten gerade professionelle Bühnenkünstler als Prinzenpaar die Gesellschaft Möbelwagen regieren, durfte das Publikum erleben, als Musicalstar Hannes Staffler mit „It’s my Life“ von Bon Jovi und anderen Hits über die Bühne des Bürgerhauses rockte.

Heike Wanner sang den Schlagerklassiker „Atemlos“

Die in Aspach lebende Schlagersängerin Heike Wanner brachte den Saal mit „Atemlos“ zum Kochen, mit einer Polonaise in Bewegung und mit „Wir lieben Fasnet“ in Stimmung. Da standen Celin Stern und Entertainer Graziano Luigi D’Arcangelo als Baronenpaar Celin I. vom Sternenhimmel & Graziano Luigi I. vom Millenium der Stuttgarter Gesellschaft Zigeunerinsel in nichts nach.

Um elf Uhr elf, einer magischen Zahl des Karnevals, präsentierte die rote Garde ihre neuen Uniformen. Im Publikum saß auch Schwabendesign-Gründerin Monika Meyer und beobachtete kritisch die Wirkung der von ihrer Firma hergestellten Kostüme. Null Uhr elf: Auftritt der gemischten blauen Garde der Filderer, ein grandioser Höhepunkt mit dem württembergischen und deutschen Gardemeister, mit frenetischem Applaus vom Publikum begleitet, auch wenn ein kleiner Ausrutscher passierte. Zur närrischen Zeit ein Uhr elf war das festliche Finale durch. Doch die Lohkäs-Tampler, die BKC-Guggenmusik, waren noch so im musikalischen Eifer, dass sie im Foyer weiterspielten.