Psychiater bestätigt Schuldfähigkeit

Im Mordfall Katharina K. spricht der Gutachter dem Angeklagten eine überaus schlechte Kriminalprognose aus

An der Schuldfähigkeit des Angeklagten hat der psychiatrische Gutachter keine Zweifel. Von der Persönlichkeit Daniel E.s zeichnete er in seiner Begründung jedoch ein sehr düsteres Bild. Und auch die Aussage einer Ex-Freundin belastet den Beschuldigten weiter. Über seinen Anwalt ließ dieser verlauten, er wollte womöglich eine Erklärung abgeben.

Psychiater bestätigt Schuldfähigkeit

Daniel E. verfügt laut Gutachter über ein „massives Gewaltpotenzial“. Foto: A. Becher

Von Lorena Greppo

BACKNANG/STUTTGART. Narzisstisch, manipulativ, skrupellos, impulsiv-aggressiv – die Beschreibung des angeklagten Daniel E. durch den psychiatrischen Gutachter Peter Winckler wartet mit vielen gewichtigen Adjektiven auf. „Herrn E.s Persönlichkeit ist dem Begriff ‚psychopathy‘ zuzuordnen“, sagte der forensische Psychiater gestern am Stuttgarter Landgericht im Prozess um den Mord an der 22-jährigen Katharina K. Winckler verwendete dabei bewusst den englischen Begriff, denn dieser sei „nicht gleichbedeutend mit der deutschen Bezeichnung Psychopath“. Denn eine Persönlichkeitsstörung – und damit verbunden eine eventuelle Schuldunfähigkeit – könne er bei Daniel E. nicht diagnostizieren, führte Winckler aus. Das sei schon deshalb nicht möglich, weil der Beschuldigte dem Psychiater gegenüber keine Angaben gemacht habe, die über seine derzeitige Haftsituation hinausgehen. Was Winckler dennoch sagen konnte war, dass Daniel E. Auffälligkeiten zeige, die sich in der Beschreibung der „psychopathy“ wiederfinden.

Darunter fällt demnach die Dissozialität des Angeklagten, sprich: seine „hohe Bereitschaft, Gesetze zu brechen und andere übers Ohr zu hauen“. Prognostisch bedenklich fand der Gutachter aber vor allem die Empathielosigkeit, die Daniel E. dabei zeigte. „Er lässt bedenkenlos andere über die Klinge springen.“ Wincklers Empfinden nach habe E. auch nicht aus dem Affekt heraus gehandelt. Kein Zeuge hatte im Vorfeld der Tat eine außergewöhnliche psychische Belastung an Daniel E. bemerkt und nichts deute darauf hin, dass er nach der Tat Verzweiflung, Ohnmacht oder Hilflosigkeit gezeigt hatte. Seine „sehr umfangreichen Aktivitäten nach der Tat“ weisen laut Gutachter ebenfalls auf eine sehr kaltblütige Handlungsweise hin. „Er tat Dinge mit der Leiche, die einem das Blut in den Adern gefrieren lassen“, fand Winckler. „Er verbrannte sie und hat sie dann auf den Müll geworfen“, beschrieb er das Handeln.

Auch könne er dem Angeklagten nur eine ungünstige Kriminalprognose bescheinigen, äußerte sich der Gutachter auf Nachfrage. Es handele sich nicht um ein isoliertes Tötungsdelikt. Die ständigen Betrügereien, die Daniel E. fortführte, obwohl er mehrfach überführt wurde, deuteten darauf hin, dass er sich nicht durch eine Strafverfolgung beeindrucken ließ. Und auch der mutmaßliche Mord an Katharina K. war nicht das erste Mal, dass Daniel E. sein „massives Gewaltpotenzial“ unter Beweis stellte. Winckler bezog sich dabei einerseits auf eine Verurteilung wegen Körperverletzung, weil Daniel E. seinen Vorgesetzten vorsätzlich mit dem Auto angefahren hat. Auch die Aussage einer ehemaligen Lebenspartnerin des Angeklagten fand der Gutachter „sehr eindrücklich“.

Glaubt man Daniel E.s Ex-Freundin, so stand dessen Beziehung zu Katharina K. von Anfang an unter keinem guten Stern. „Ich wusste, das ist ihr Untergang“, beschrieb die 27-Jährige. Auf die Nachfrage, woher sie das gewusst habe, führte sie aus: „Sein Charakter, seine Art.“ Katharina K. sei ihr vorgekommen wie eine freundliche, liebe Frau. Die Backnangerin habe sie ein bisschen an sie selbst erinnert. In ihrer mehr als eine Stunde dauernden Aussage schilderte die zierliche Frau ihre eigene Beziehung zum Angeklagten, die etwa ein Jahr währte. Aus der Not heraus sei sie mit Daniel E. zusammengezogen – weil sie als Auszubildende nicht die finanziellen Mittel für eine eigene Wohnung hatte. Anfangs sei alles gut gewesen, Daniel E. habe sich als hilfsbereit, nett und humorvoll gezeigt – „ein richtig lieber Mensch“. Die 27-Jährige weiß: „Daniel kann Leute gut einlullen.“ Er habe stets die richtigen Worte parat, wisse sich zu verkaufen. „Bei ihm ist alles durchdacht“, erklärte die Zeugin.

Ex-Freundin beschreibt, wie Daniel E. sie im Streit würgte

Dass sich das zu ihrem Nachteil auswirken würde, merkte die junge Frau erst später – und kämpft heute, etwa fünf Jahre nach Ende der Beziehung, noch mit den Nachwirkungen. Erst kürzlich habe sie wegen ihm einen Mahnbescheid über Gebühren in Höhe von mehr als 800 Euro erhalten. Es ist nur eine von vielen Betrügereien, die der Angeklagte in ihrem Namen trieb. „Es ist bisher kein Jahr vergangen, in dem ich nicht mit ihm konfrontiert wurde – meist wegen Rechnungen“, schilderte die Ex-Freundin.

Doch nicht nur die unlauteren Machenschaften entzweiten das Paar damals. Denn mit der Zeit häuften sich die Streitereien, Daniel E. zeigte sich zunehmend aggressiv. Dann sei es gewesen, „als hätte jemand einen Schalter umgelegt“, beschrieb die Zeugin. Er habe ihr gedroht, sei sie körperlich angegangen. Zu mehr als einer Gelegenheit habe sie die Polizei gerufen, gab die 27-Jährige an. Die Erzählungen der Zeugin lassen erahnen, welches Gewaltpotenzial in dem heute 25-Jährigen steckt. Als etwa die gemeinsame Katze des Paars starb, habe E. anfangs behauptet, das Tier sei vom Balkon gefallen. Später dann habe er zugegeben, das Tier mit derartiger Wucht gegen die Wand getreten zu haben, dass es seinen schweren Verletzungen erlag. Seine gewalttätigen Ausbrüche beschrieb die Ex-Freundin als angsteinflößend. Daniel E. habe „richtig kranke Augen“ gehabt, sei ein anderer Mensch geworden.

Auslöser für den wohl schlimmsten Streit der beiden war nach Angaben der Zeugin, als Daniel E. sie bei ihrem Chef anschwärzte. Offenbar behauptete er, die junge Frau habe an ihrer Arbeitsstelle Diebstähle begangen und bewahre ihre Beute im Keller auf. Die Lüge konnte schnell entlarvt werden, doch der Stachel saß tief. „Ich war richtig wütend“, erzählte die Zeugin. Daniel E. habe das nur getan, „um zu zeigen, dass er am längeren Hebel sitzt“. Als sie ihn damit konfrontierte, sei es zum Eklat gekommen. Demnach habe der Angeklagte seine Freundin zu Boden geschlagen und sie dann so lange gewürgt, bis dieser schwarz vor Augen wurde. „Ich dachte, jetzt ist kurz vor Sense“, erinnerte sie sich. Daniel E. habe dann aber von ihr abgelassen, geweint, sich mehrmals entschuldigt und versprochen, dass so etwas nie wieder vorkomme.

Daniel E. selbst hat in der bisherigen Verhandlung kein Wort gesprochen und auch keine Erklärung verlesen lassen. Das könnte sich aber bald ändern. Über seinen Anwalt Thomas Raich ließ der Angeklagte ausrichten, er arbeite derzeit an einer Erklärung. Deren Inhalt sei aber selbst dem Verteidiger unbekannt. Mit einem Urteil im Fall wird noch im Dezember gerechnet.