Pünktlich trotz Hitze: Wie die Bahn Störungen vorbeugen will

dpa Bad Staffelstein/Berlin. Die Bahn will pünktlicher werden. Dass Zugausfälle und Verspätungen auch von Hitze verursacht werden können, zeigte sich erst kürzlich wieder. Die Bahn sucht Wege, um das Schienennetz zu schützen.

Pünktlich trotz Hitze: Wie die Bahn Störungen vorbeugen will

„Klimaanlage defekt - Bitte benutzen Sie einen anderen Wagen“: Solche Pannen schaden dem Image der Bahn ebenso wie die chronischen Verspätungen. Foto: Roland Freund

Es ist ein heißer Tag, an dem ein Stuckateurmeister neben einem Gleisbett in Bayern steht. Die Hitze ist es auch, die ihn dorthin geführt hat. Er trägt mit einer Maschine einen speziellen Dämmputz auf ein Schalthaus mit Bahntechnik auf.

Das grüne Gebäude wird weiß. Bei Bad Staffelstein in Oberfranken will die Deutsche Bahn testen, ob der Anstrich ein Hitzeschutz für die sensible Technik sein kann. Das soll Störungen im Zugverkehr vorbeugen. Die Bahn will sich darauf vorbereiten, dass die negativen Auswirkungen der Hitze wegen des Klimawandels womöglich zunehmen könnten.

Der bundeseigene Konzern hat nach eigenen Angaben in den vergangenen Jahren mehr Folgen für den Zugverkehr durch Naturereignisse wie Hitze, Stürme oder Regen verzeichnet. Erst in der vergangenen Woche kam es zu hitzebedingten Zugausfällen. Nicht nur Klimaanlagen in Zügen machten schlapp, es gab auch Weichenstörungen. Ein anderes Beispiel: Wegen des ungewöhnlich langen, trockenen Sommers 2018 traten bei Münster in Nordrhein-Westfalen an einem Eisenbahndamm neben dem Gleisbett Risse auf. Der Damm musste umfangreich saniert werden.

Konkrete Zahlen zu Zugausfällen und -verspätungen in den vergangenen Jahren allein wegen Hitze an Gleisanlagen, gibt es nicht, wie es von der Bahn heißt. „Oft ist auch keine Differenzierung der Gründe möglich.“ Bei Bränden etwa in der Nähe von Gleisanlagen, aber außerhalb des Einflussbereichs der Bahn, würde der Zugverkehr zum Schutz der Fahrgäste auch eingestellt.

Der bundeseigene Konzern steht schon länger unter Druck, weil sich die Pünktlichkeit der Züge verbessern soll. Im Juni legten Gewitter und Böschungsbrände an Tagen mit hohen Temperaturen Strecken lahm und Baustellen mussten umgeplant werden. Das schlug sich auf die Pünktlichkeitsquote nieder: Nur knapp 70 Prozent der Fernzüge waren pünktlich. Der Bahn war es davor drei Monate lang bis Mai gelungen, ihre schwachen Vorjahreszahlen zu übertreffen.

Auch wegen der zunehmenden Auswirkungen auf den Bahnverkehr hat der Konzern im Mai 2018 ein Team zusammengestellt, das sich mit Naturgefahren beschäftigt. „Extremwetterlagen wie Stürme oder Hitzewellen werden in ihrer Häufigkeit und Intensität weiter zunehmen. Daher beschäftigt sich die Bahn strategisch und strukturiert mit den Auswirkungen des Klimawandels, um sich für die veränderten Bedingungen zu wappnen“, sagt die Geografin und Geowissenschaftlerin Karoline Meßenzehl, die Mitglied des Teams ist.

„Das Phänomen Hitze beeinflusst den Stahl in der Schiene, er dehnt sich aus. Allerdings sind die Gleise bei der DB so verlegt, dass sie auch bei sehr hohen Temperaturen stabil in ihrer Lage bleiben“, ergänzt Meßenzehl. Die Instandhaltung überwache das Schienennetz und den Zustand der Fahrbahn. Es gebe Kontrollinspektionen und Messfahrten. In seltenen Ausnahmen könnten mitunter so starke Kräfte entstehen, dass sich Gleise verformen. In diesen Fällen stelle die Bahn den Betrieb sofort ein und korrigiere die Schienenlage.

Vor und während des Sommers gibt es demnach verstärkt Inspektionen der Bahninfrastruktur. Die Kontrollintervalle seien erhöht worden. „Wir haben aber auch Temperatursensoren, mit denen wir die Schienentemperatur überwachen“, sagt Meßenzehl.

Eine andere Abteilung bei der Bahn testet Techniken für die Bahninfrastruktur. Das Projekt bei Bad Staffelstein gehört dazu. Im Fokus stehen neben Schalthäusern auch Schaltkästen mit Elektronik in den Gleisanlagen, die melden, ob ein Gleis frei oder blockiert ist. Sie werden Zählpunkte genannt.

Der Mitarbeiter der Innovationsabteilung, Christoph Maier, sagt: „Wir sehen schon deutlich, dass an Tagen mit einer relativ hohen Tagesdurchschnittstemperatur auch die Anzahl der Störungen beispielsweise an den Zählpunkten steigt.“ Die Folge können dann Zugverspätungen sein. Das Problem: Wenn sich die Innenraumtemperatur aufheizt, kann das Auswirkungen auf die sensible Technik haben, sie kann störungsanfälliger werden.

„Die neue Generation der Schalthäuser verfügt über eine gute Isolierung, so dass hier für uns kein zusätzlicher Bedarf besteht. Bei älteren Anlagen erproben wir unter anderem verschiedene wärmeisolierende Maßnahmen an der Außenhülle, um die Innenraumtemperatur zu reduzieren“, sagt Maier. Im Herbst sollen die Tests ausgewertet werden.

Neben verputzten Betonschalthäusern hat die Bahn auch Lamellen im Test, die an Schalthäusern aufgestellt werden und Wärme abweisen sollen. Seit Ende letzten Jahres untersucht die Deutsche Bahn nach eigenen Angaben zudem die Wirksamkeit von weißer Farbe auf den Schienen. Seit Anfang Juli laufe ein Versuch auf einem Testgelände.

Dass die Bahn sich auf zunehmende extreme Wetterlagen vorbereitet, führt sie auch auf Ergebnisse einer Untersuchung zurück, die sie zusammen mit dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung erstellt hat.