Verfassungsschutz: Corona-Kritik kein Beobachtungsgrund

dpa/lsw Stuttgart/Berlin. An der Corona-Politik gibt es reichlich Kritik. Doch Teile der Protestbewegung gingen zu weit, befindet der Verfassungsschutz - und beobachtet vor allem Akteure der „Querdenken“-Bewegung. Die wehrt sich und hält die Gründe für abwegig.

Verfassungsschutz: Corona-Kritik kein Beobachtungsgrund

Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Foto: Christoph Soeder/dpa/Archivbild

Die bundesweite Beobachtung von Teilen der sogenannten Querdenken-Bewegung ist nach Darstellung des Verfassungsschutzes eine Folge der radikaler werdenden Aktivisten aus dieser Szene. „Die Pandemie hat neue, ernstzunehmende Entwicklungen hervorgebracht - wie wir am Protestgeschehen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen der Bundesregierung sehen“, sagte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, der Deutschen Presse-Agentur.

Als Frühwarnsystem habe das Bundesamt diese Entwicklung aufmerksam betrachtet. Es sei dabei eine „zunehmende Radikalisierung einiger Akteure festgestellt“ worden. Die Verfassungsschutzrelevanz habe sich in einer Weise verdichtet, die eine Beobachtung erforderlich gemacht habe.

Haldenwang betonte jedoch, „dass unser Interesse hier nicht etwa einer kritischen Haltung von Protestteilnehmern gegenüber den staatlichen Maßnahmen gilt, sondern den Angriffen auf unsere Demokratie“. Durch die Möglichkeit, nachrichtendienstliche Mittel einzusetzen, werde nun die Aufklärung der relevanten Akteure und Teile der Bewegung möglich - „dies gilt auch im Hinblick auf finanzielle Aspekte“.

Das Bundesinnenministerium hatte am Mittwoch mitgeteilt, dass der Verfassungsschutz einzelne Akteure und Teile der Corona-Protestbewegung bundesweit mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet. Grund dafür sei die von ihnen betriebene „verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“.

Die „Querdenken“-Bewegung fühlt sich ungerecht behandelt. „Die friedlichen Demokraten und Demokratinnen der Querdenken-Demonstrationen gehören zu der bürgerlichen Mitte der Gesellschaft, die vermeintlich als politischer Rand den politischen Willen der Bundesregierung „bedroht““, hieß es am Donnerstag in einer Stellungnahme von Querdenken-711 aus Stuttgart. „Wir sind weder Rechts- oder Links-Extremisten noch Kriminelle oder Terroristen.“ Der Verfassungsschutz habe „offensichtlich Probleme“ in ihrem „politischen Koordinatensystem“.

Auch in Baden-Württemberg werden Teile der Gruppierung der „Querdenker“ vom Verfassungsschutz beobachtet. Die Behörde ordnet mehrere Akteure dem Milieu der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ zu, die unter anderem demokratische und rechtsstaatliche Strukturen negieren. Die „Querdenken“-Bewegung weist diese Vorwürfe zurück. Gründer der Initiative, die regelmäßig gegen die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie zu Protesten aufruft, ist der Stuttgarter Unternehmer Michael Ballweg.

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