Räte stimmen Überprüfung eines Pflegeheimstandorts in Weissach im Tal zu

Um den Pflegestandort Weissach im Tal zu erhalten, möchte die Verwaltung prüfen, ob ein neues Gebäude unterhalb des aktuellen Pflegeheims gebaut werden könnte. Doch die Fläche liegt im Hochwassergebiet. Nicht alle Räte stimmen für die Aufstellung des zugehörigen Bebauungsplans.

Räte stimmen Überprüfung eines Pflegeheimstandorts in Weissach im Tal zu

Die Fläche des Bebauungsplans „Brüdenwiesen Nord“ liegt unterhalb des jetzigen Alten- und Pflegeheims. Archivfoto: Florian Muhl/Montage: BKZ

Von Melanie Maier

Weissach im Tal. Der Pflegestandort Weissach im Tal soll erhalten werden – da sind sich die Gemeinderatsfraktionen, die Gemeindeverwaltung und die Bürgerinnen und Bürger der Tälesgemeinde einig. Doch nach 2026 kann das Alten- und Pflegeheim in den Brüdenwiesen in Unterweissach nicht weiterbetrieben werden. Grund dafür ist die Landesheimbauverordnung, die eine ganz bestimmte Zimmergröße vorgibt. In Weissach im Tal wird diese teils zwar nur um wenige Zentimeter unterschritten, doch gesetzlich ist die Lage eindeutig. Da sich die Laufzeit am längsten Mietvertrag orientiert, kann das Weissacher Alexander-Stift nur noch bis spätestens 30. Juni 2026 genutzt werden, sofern keine entsprechenden Umbaumaßnahmen erfolgen.

Das Problem: Das Alten- und Pflegeheim am Rand von Unterweissach ist im Besitz einer Eigentümergemeinschaft mit mehr als 40 Teileigentümern (darunter übrigens auch die Gemeinde). Zu einer einstimmigen Lösung zu kommen sei schwierig, erklärt Bürgermeister Daniel Bogner. Für einen Umbau, der mit der Heimbauverordnung konform gehe, würden seiner Einschätzung nach ungefähr 50000 bis 100000 Euro pro Eigentümer fällig werden. „Privatleute, die sich ein Zimmer als Altersvorsorge gekauft haben, können so eine Investitionslast meistens nicht tragen“, führt er aus. „Wenn es nur ein Eigentümer wäre, wär’s vielleicht etwas anderes.“ Dazu kommt ein zweites Problem: Der Betreiber des Heims benötigt eine bestimmte Anzahl von Zimmern, um wirtschaftlich zu sein. „Selbst bei einem konformen Umbau wären in dem aktuellen Gebäude zu wenige Zimmer da“, so Bogner.

Die Fläche liegt im HQ10-Gebiet

Die Verwaltung sucht daher nach einem alternativen Standort für ein neues Pflegeheim. In der jüngsten Gemeinderatssitzung hat sie dafür das Areal unterhalb des bestehenden Heims ins Spiel gebracht. Durch die räumliche Nähe hofft sie, einen Leerstand durch Synergieeffekte zu vermeiden. Die Aufstellung des Bebauungsplans „Brüdenwiesen Nord“ haben die Rätinnen und Räte bei elf Jastimmen, zwei Neinstimmen und zwei Enthaltungen beschlossen.

Der Beschluss heiße aber nicht gleich, dass auf dem Gebiet etwas realisiert werde, betont Bogner. Vielmehr solle erst einmal geprüft werden, ob dort eine Bebauung überhaupt möglich ist. Denn die Fläche liegt im HQ-10-Gebiet, also einem Gebiet, in dem es statistisch gesehen einmal in zehn Jahren zu Hochwasserereignissen kommt. „In der Vergangenheit stand dort immer wieder Wasser“, weiß der Bürgermeister, der sich seit seiner Einsetzung im Juni 2022 schon viel mit dem Thema beschäftigt hat. Es müsse ausgeschlossen werden können, dass es an dem neuen Gebäude zu Schäden durch Hochwasser komme und dass Häuser von Anwohnerinnen und Anwohnern durch Wasserverdrängung in Gefahr wären – zum Beispiel durch eine bestimmte Gebäudebauweise und zusätzliche Schutzmaßnahmen wie ein weiteres Retentionsbecken. „Die Bedenken der Bürger sind berechtigt“, sagt Bogner. „Die muss man ausräumen können oder es wird halt nicht gehen.“

Alle vier Gemeinderatsfraktionen wollen den Pflegestandort auf jeden Fall erhalten. Dem bisher einzigen Alternativstandort im Baugebiet „Ebene“, das sich an die Sandäcker in Unterweissach anschließt, stehen sie eher skeptisch gegenüber. Eine ortsnahe Lösung würden alle bevorzugen. Bogners Vorgänger Ian Schölzel hatte vor, dafür die Grundstücke gegenüber oder neben dem jetzigen Heim zu erwerben. Diese Variante scheint aber nicht infrage zu kommen, da mit den Eigentümern keine Einigung erzielt werden kann.

CDU/FWV Die CDU/FWV wolle sich möglichst viele Varianten offenhalten, um am Ende eine sicher zu haben, so Gemeinderat Jörg Schaal. Der Standort „Brüdenwiesen Nord“ sei zwar eher eine Not- denn eine Wunschlösung, ergänzt sein Fraktionskollege Carl Höfer, doch es müssten die Belange der alten Menschen im Fokus stehen. Daher lieber eine ortsnahe Lösung als die „Ebene“. Zu versuchen, eine Ausnahmegenehmigung für die Landesheimbauordnung zu erwirken, wie einige Rätinnen und Räte angeregt hatten, hält Höfer für Unsinn: „Es wird keine Ausnahme für Weissach geben.“

UBL Wilhelm König von der UBL hat gegen den Aufstellungsbeschluss gestimmt. Er hält es für unverantwortlich, einen Bau im HQ-10-Gebiet überhaupt zu erwägen. Zudem verweist er auf die Umweltbilanz, die 1987 bis 1989 vom Büro Heitzmann im Auftrag der Gemeinde erstellt wurde. Ihr zufolge sind vor allem die Bachläufe mit ihren Ufern wichtige Frischluftschneisen für die Tälesgemeinde. Bei einer Bebauung der „Brüdenwiesen Nord“ „wären wir da voll drin – selbst wenn wir das Gebäude auf Stelzen bauen würden“, verdeutlicht König. Er regt an, sich intensiv um eine Alternativlösung am aktuellen Standort oder um eine Ausnahmegenehmigung zu bemühen.

LWB Auch Thomas Obermüller von der LWB stimmte gegen den Beschluss – als Kommune müsse man Vorbild sein und dürfe nicht im Hochwassergebiet bauen. Sein Fraktionskollege Luciano Longobucco war krankheitsbedingt nicht in der Sitzung. Er hätte aber für die Prüfung gestimmt, sagt er. Wie die zwei weiteren LWB-Mitglieder Jan Hutzenlaub und Markus Gentner hätte er sich in dieser Frage keine Tür zuschlagen wollen. „Uns ist allen bewusst, dass das ein hochproblematisches Gebiet ist“, betont Longobucco. Die Hochwassersituation am Brüdenbach dürfe sich bei einer Bebauung natürlich nicht verschlechtern. Sollte dem so sein, würde die LWB nicht zustimmen.

SPD Dietmar Schönberger von der SPD wäre es am liebsten, wenn doch noch eine Einigung mit den Eigentümern der Grundstücke gegenüber beziehungsweise neben dem jetzigen Heim erzielt werden könnte. Auch er tut sich „äußerst schwer damit, in ein Hochwassergebiet zu bauen“, weshalb er sich bei der Abstimmung enthalten hat. Bei solchen Dingen müsse man aber immer eine Kröte schlucken, meint Schönberger. Sein Fraktionskollege Ralf Noack stimmte für die Überprüfung. Die dritte SPDlerin, Irmgard Hestler, war nicht in der Sitzung.

Klar ist: Das Thema hat Brisanz. Und die Zeit drängt. Bürgermeister Bogner hat sich vorgenommen, die Standortfrage in den kommenden Monaten zu klären, um den Weiterbetrieb des Pflegeheims über 2026 hinaus zu gewährleisten. Spätestens bis Mitte des zweiten Quartals möchte er den Gemeinderat wieder dazu befragen. Es wird spannend, welche Lösung er dann anbietet.

Kommentar
Vertrackte Situation

Von Melanie Maier

Eine gute Lösung für den Erhalt des Pflegestandorts Weissach im Tal zu finden, ist schwierig. Ein Bau im Hochwassergebiet könnte sich bei einer erneuten Überflutung als massiver Fehler herausstellen – wenn die zuständigen Behörden überhaupt ihre Zustimmung für eine Bebauung im HQ-10-Bereich erteilen. Ein Alten- und Pflegeheim im Alternativgebiet „Ebene“ würde für die Bewohnerinnen und Bewohner hingegen einen herben Mobilitätsverlust bedeuten.

Es wäre wünschenswert, wenn sich die Eigentümer der Grundstücke gegenüber beziehungsweise in der Verlängerung des aktuellen Pflegeheims in den Brüdenwiesen solidarisch zeigen und ihre Wiesen der Gemeinde zu einem angemessenen Preis verkaufen würden. Denn dass Weissach von der Landesregierung eine Ausnahmeerlaubnis für die Weiternutzung der Gebäudereihe Brüdenwiesen 7–9 erhält, ist unrealistisch. Ein Heim mit der Adresse Brüdenwiesen 11 wäre weiterhin ortsnah und eben zugängig, aber nicht von der Hochwasserthematik betroffen. Selbstverständlich würde auch in diesem Fall auf der grünen Wiese gebaut und Flächen würden versiegelt. Doch mit einer Eigentümergemeinschaft von mehr als 40 Parteien liegt eine bauliche Lösung für das jetzige Heim wohl außer Reichweite.

m.maier@bkz.de