Rattenplage verärgert Anwohner in Backnang

In der Backnanger Innenstadt sind in den vergangenen Wochen viele der gefürchteten Nager gesichtet worden. Die Stadtverwaltung sieht indes keine außergewöhnliche Häufung. Trotzdem reagiert sie mit Giftködern in der Kanalisation und einem Appell, den Müll korrekt zu lagern.

Rattenplage verärgert Anwohner in Backnang

An manchen Stellen in der City wuselt es. Einige Bürger sehen dringenden Handlungsbedarf seitens der Stadt. Foto: Adobe Stock/adam boor

Von Matthias Nothstein

Backnang. Ratten in der Backnanger Innenstadt sind nichts Außergewöhnliches. In diesem Jahr jedoch – so melden verschiedene Bürger – kann man getrost von einer Rattenplage sprechen. Lars Kaltenleitner, der Leiter des Tiefbauamts, widerspricht dieser Einschätzung. Seiner Meinung nach tummeln sich nicht mehr Nager in der City als sonst auch. Und er bezieht sich dabei auf Marco Baumann vom Eigenbetrieb Stadtentwässerung, der für die Rattenbekämpfung zuständig ist. Nach Rücksprache mit dem Abwassermeister erklärt Kaltenleitner: „Es konnte bislang keine besondere Häufung im Zentrum von Backnang festgestellt werden.“

Der Amtsleiter erklärt weiter: „Wenn sich die Ratten irgendwo konzentrieren, dann hat das oft mit Vermüllung zu tun.“ Er appelliert deshalb an alle Bürger, die Mülltonnen immer geschlossen zu halten und den Müll nicht unnötig lange zu lagern. „Ich beobachte oft, dass die Deckel bei besonders vollen Mülltonnen aufstehen. Das ist für die Ratten dann natürlich ein gefundenes Fressen.“

Jürgen Manhalter sieht auf seiner Terasse regelmäßig Ratten

Die Bewohner des Hauses Marktstraße 28 haben hingegen sehr wohl eine Rattenplage ausgemacht. Die aktuelle Rattenpopulation ist mit anderen Jahren nicht vergleichbar, sagt zum Beispiel Jürgen Manhalter. Er wohnt zwar im ersten Stock, aber dennoch bekommt er auf seiner Terrasse regelmäßig Besuch von Exemplaren der Gattung „rattus domesticus“. Und wenn er im Biergarten des benachbarten Irish Pub sitzt, kann er regelmäßig ganze Gruppen beobachten, „wie sie umherlaufen, fressen und spielen“. Manhalter ist kein Freund der vorschnellen Reaktion, deshalb überlegt er lange, welche Zahl er nennt: „Bisher war’s immer so, dass mal eine rumgewitscht ist. Aber in den vergangenen Wochen waren das ohne Übertreibung mindestens 15 Stück. Das ist ungewöhnlich. Unter einem Busch hat es die ganze Nacht geraschelt.“

Athanasios Siasiakis, der Wirt vom „An Sibin Irish Pub“, ist verärgert über die Situation, „solche Zustände sind für unseren Pub ja nicht lukrativ“. Das Areal um seinen Biergarten liegt nahe an einem der Nager-Hotspots. Die Nähe der intelligenten Tiere ist für ihn fast zur Normalität geworden.

Auf Beschwerde-E-Mails keine Antwort von der Stadtverwaltung erhalten

Verärgert ist Jürgen Manhalter auch. Besonders deshalb, weil seiner Ansicht nach von der Stadt zu wenig gegen die vermehrungsfreudigen Plagegeister unternommen wird. Er macht dies zum Beispiel daran fest, dass Cristiane und Hubert Besset, die eine Etage über ihm leben, keine Antwort auf eine Beschwerde erhalten haben, obwohl sie sich Ende Juli per E-Mail ans Ordnungsamt gewandt hatten. Zwei Tage danach hatte Manhalter sogar nachgelegt und ebenfalls einen Hilferuf ans Ordnungsamt geschickt, dieses Mal sogar mit Fotos von Ratten auf seiner Terrasse.

Cristiane Besset verweist besonders darauf, dass sie während der heißen Nächte Anfang Juli nicht einmal ihre Terrassentür öffnen konnte, ohne Gefahr zu laufen, dass die Tiere eindringen. Als sie es doch einmal getan hatte, spazierte eine Ratte durch die Wohnung. Die toughe Frau hat sie erschlagen. Manhalter hingegen setzt mittlerweile auf Gift.

Kaltenleitner betont, dass die Mülltonnen geschlossen sein müssten

Tiefbauamtsleiter Lars Kaltenleitner bestätigt den Eingang verschiedener Hilferufe und Hinweise auf die Allesfresser aus dem gesamten Stadtgebiet, auch aus den Bereichen Dilleniusstraße, Grabenstraße oder Kuchengrund. Im konkreten Fall seien Mitarbeiter des Ordnungsamts und der Stadtentwässerung bereits vor zwei Wochen vor Ort gewesen und hätten die Situation bestätigt, „auch unsere Mitarbeiter haben die Ratten gesehen“. Allerdings betonte Kaltenleitner nochmals, dass die Tiere vor allem bei den Mülleimern beobachtet wurden. Deshalb seien die verantwortlichen Bewohner nochmals auf ihre Sorgfaltspflicht hingewiesen worden, die Tonnen immer geschlossen zu halten. Kaltenleitner: „Die Ratten sind da und sie sind zahlreich. Wir können sie punktuell bekämpfen und in Schach halten, aber ganz weg kriegen wir sie nicht. Was wir vonseiten der Stadt und der Stadtentwässerung tun können, das tun wir auch.“

„Hier ist massives und zeitnahes Eingreifen vonnöten.“

Damit meint der Amtsleiter die Bekämpfung der Ratten in der Kanalisation. „Wir legen in der Kanalisation rund um dieses Gebiet herum Köder aus, um die Ratten in Schach zu halten.“ Aber auf viele Fehler, „die oberflächlich passieren“, hat die Stadt nur wenig Einfluss. Und gerade diese Faktoren würden eine große Rolle spielen, denn die Ratten haben ihre Behausungen und Nester nicht nur in der Kanalisation, sondern sie halten sich auch in den Grünstreifen, in den schmalen Passagen zwischen den Häusern, in alten Gemäuern oder an unaufgeräumten Stellen auf. „In die Kanalisation verziehen sie sich nur, weil sie dort Schutz finden“, sagt Kaltenleitner und betont, „wir können die Ratten auf privaten Grundstücken nicht in Schach halten, da sind die Eigentümer gefordert“.

Dass die Plage besonders im Bereich Dilleniusstraße heftig ist, könnte nach Angaben eines städtischen Mitarbeiters auch daran liegen, dass dort derzeit kräftig an der Kanalisation gearbeitet werde. Den Ratten fehlt daher der Rückzugsraum, weshalb sie sich vermehrt an der Oberfläche aufhalten. Klingt logisch, ist aber für Hubert Besset kein Trost: „Die Arbeiten dauern noch drei Jahre lang. Sollen wir so lange mit diesen Zuständen leben?“ Auch Manhalter fordert: „Hier muss zügig etwas geschehen, denn Ratten vermehren sich schnell. Wenn man das einfach laufen lässt, dann sind es nicht wie derzeit 15 oder 20 Tiere, dann schnellt deren Zahl schnell auf 50 oder mehr. Das geht ohne Ende weiter. Hier ist massives und zeitnahes Eingreifen vonnöten.“

Manhalter nimmt sich dem Problem nun selbst an

Nachdem auch seine E-Mail ans Ordnungsamt ohne Antwort blieb, hat Manhalter inzwischen zur Selbsthilfe gegriffen und Gift gekauft. Auch Siasiakis legt seit Tagen Köder aus und ist beeindruckt, wie schnell diese gefressen sind. Dass die Probleme mit dem Müll zusammenhängen, sieht Manhalter genauso. Er hat schon beobachtet, dass die gelben Tonnen zum Beispiel unsachgemäß gefüllt wurden, zum Teil sogar mit Essensresten.

Er selbst lagert seine Tonnen in seiner Garage, „da habe ich keine Probleme“. Sein Ratschlag an die Stadt: „Ein Lösungsvorschlag von mir ist zum einen, der direkten Nachbarschaft nochmals deutlich zu machen, was in welche Mülltonne gehört, und natürlich das Hinzuziehen eines Fachmannes, also eines Kammerjägers.“

30 Köderboxen mit Gift

Bekämpfung Die Stadt Backnang besitzt 30 Köderboxen, die einen Lockstoff mit Gift enthalten. Nach einer Meldung über gesichtete Ratten werden im angegebenen Bereich die Köderboxen in der Kanalisation ausgesetzt, bis kein Befall mehr festgestellt wird. Erst danach erfolgt die Umsetzung in ein neues Gebiet. Grundsätzlich werden die Boxen nach einem rollierenden System im gesamten Stadtgebiet ausgelegt und regelmäßig kontrolliert, sprich die Kadaver beseitigt. Die Standorte werden turnusgemäß gewechselt, die Schwerpunkte besonders berücksichtigt; sie sind abhängig von den Meldungen, die bei der Stadt eintreffen.

Hilfe Betroffene können sich bei der Stadtentwässerung Backnang (Kläranlage Neuschöntal) unter Telefon 07191/3410175 melden.

Zudem gibt es im Internet auf der Startseite der Stadt (www.backnang.de) unter dem sogenannten Mängelmelder die Möglichkeit, auf eventuelle Schädlingsprobleme hinzuweisen.