Landesregierung will Schulen frühestens am 27. April öffnen

dpa/lsw Stuttgart. Am Mittwoch beraten die Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin über den weiteren Umgang mit der Corona-Pandemie. Baden-Württemberg hat eigene Vorstellungen zur Lockerung der Regeln und zur Rückkehr in den Alltag. Wer zum Beispiel darf zuerst wieder in die Schule?

Landesregierung will Schulen frühestens am 27. April öffnen

Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerpräsident von Baden-Württemberg, spricht im Landtag. Foto: Marijan Murat/dpa

Die baden-württembergische Landesregierung will die Schulen im Land frühestens am 27. April wieder öffnen. Das geht aus einem Papier des Staatsministeriums für die Schaltkonferenz der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hervor, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Mehrere Medien hatten zuvor darüber berichtet. In der Schaltkonferenz will Merkel an diesem Mittwoch mit den Ministerpräsidenten über das weitere Vorgehen im Kampf gegen die Corona-Pandemie beraten.

„In der 18. oder 19. Kalenderwoche soll zuerst der Unterricht für die Jahrgänge, die vor Abschlussprüfungen stehen, beginnen“, heißt es in dem Schreiben. „Dann folgen die Jahrgänge, die unmittelbar danach folgen.“ Besonders in Kindergärten und in den unteren Grundschulklassen werde es nicht gelingen, die Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln in der Praxis zu garantieren. Bei den Schülern älterer Jahrgänge könne man mehr Verständnis voraussetzen.

Zuvor hatte schon Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) erklärt, dass die mehr als 200 000 Prüflinge aller weiterführenden Schularten im Südwesten bei der Öffnung der Schulen nach der Corona-Zwangspause Vorrang haben sollen. „Es macht Sinn, dass wir beim Wiedereinstieg mit den Schülern beginnen, die in diesem Jahr ihre Abschlussprüfungen schreiben, weil es natürlich wichtig ist, dass diese vorher noch ausreichend Präsenzunterricht zur Vorbereitung haben“, sagte sie am Dienstag. Das gelte auch für die Schüler der beruflichen Schulen.

Eine Kürzung oder Verschiebung der Sommer- oder Pfingstferien zieht man den Überlegungen in dem Papier zufolge nicht in Betracht. Die Notbetreuung für Kinder unter 14 Jahren werde aufrechterhalten und bei Bedarf ausgeweitet. Lehrer, die wegen ihres Alters oder Vorerkrankungen ein erhöhtes Risiko tragen, müssten bis auf Weiteres keinen Unterricht halten - dabei handle es sich um bis zu 25 Prozent der Lehrer im Land.

„Das Abflachen der Infektionskurve wird es uns in absehbarer Zeit ermöglichen, erste Schritte zurück in die Normalität zu gehen“, heißt es in dem Papier. Darin ist auch die Rede von ersten vorsichtigen Öffnungen in verschiedenen Dienstleistungsbereichen.

Allerdings müssten die Kontaktbeschränkungen vorerst bestehen bleiben - etwa der Mindestabstand von 1,5 Metern in der Öffentlichkeit und das Verbot von Menschenansammlungen von mehr als zwei Personen. Auch von einem „Maskengebot“ ist die Rede: Im öffentlichen Raum - etwa im öffentlichen Nahverkehr, in Schulen oder beim Einkaufen - sollen künftig möglichst alle Menschen im Land einfache Stoffmasken tragen, um sich und andere zu schützen. „Wenn genügend professionelle Masken für den medizinischen Bereich etc. vorhanden sind, wird in Bereichen des öffentlichen Lebens, in denen die Abstandsregeln nicht eingehalten werden können, aus dem Maskengebot eine Maskenpflicht.“

Bei der Wiederaufnahme des Schulbetriebs gibt es unterschiedliche Meinungen. Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina rät, den Schulbetrieb sobald wie möglich wieder anlaufen zu lassen - allerdings zunächst für jüngere Schüler, da Ältere Fernunterricht besser nutzen könnten. Das Berliner Robert Koch-Institut (RKI) rät hingegen, die Schulen zuerst wieder für die höheren Jahrgänge zu öffnen - denn Jugendliche könnten Abstandsregeln besser einhalten.

Der RKI-Einschätzung schließt sich neben dem VBE auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) an. Sie hält die Vorschläge der Leopoldina zur schrittweisen Öffnung der Grundschulen und Kitas für kaum praktikabel. „Da werden Pädagogen zu Polizisten gemacht, die nur damit beschäftigt sein werden, die Abstands- und Hygieneregeln für den Schutz vor Corona durchzusetzen“, sagte GEW-Landeschefin Doro Moritz. Gerade in den Pausen sei das für die Lehrer eine Mammutaufgabe.

Vom Verband Bildung und Erziehung (VBE) gab es Zustimmung für den Vorstoß Eisenmanns, Prüflingen Vorrang zu gewähren. Es sei wichtig, dass die Prüflinge einen guten Abschluss machen. Grundschüler hätten hingegen noch jahrelang Zeit, um Versäumnisse auszugleichen, erläuterte VBE-Sprecher Michael Gomolzig.