Pflegeversicherung

Regierung prüft Abschaffung von Pflegegrad 1

Seit 2017 werden Menschen mit verhältnismäßig geringen Beeinträchtigungen in den Pflegegrad 1 eingestuft. Union und SPD überlegen, diese Möglichkeit abzuschaffen.

Regierung prüft  Abschaffung von Pflegegrad 1

Ende 2024 waren den Angaben zufolge rund 863.000 Menschen in Pflegegrad 1 eingestuft.

Von red/KNA

Diese Entscheidung könnte Folgen für hunderttausende Menschen haben: Die Bundesregierung erwägt laut einem Bericht der „Bild am Sonntag“, den Pflegegrad 1 zu streichen. Grund dafür sei eine für 2026 absehbare Finanzierungslücke in der Pflegeversicherung von rund zwei Milliarden Euro. Wie konkret die Pläne sind, wollte ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums nicht sagen. Er verwies auf die aktuell beratende Kommission zur Pflegereform. Das Gremium will bis Mitte Oktober einen ersten Bericht vorlegen.

Führende Politiker von Union und SPD erhofften sich von der Streichung eine Konsolidierung der Finanzlage bei der Pflegeversicherung, so das Blatt. Das RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung habe das damit verbundene Einsparvolumen auf circa 1,8 Milliarden Euro pro Jahr berechnet.

Dramatische Einschnitte für Betroffene

Ende 2024 waren den Angaben zufolge rund 863.000 Menschen in Pflegegrad 1 eingestuft. Es handelt sich dabei um Personen, die nur verhältnismäßig geringe Beeinträchtigungen aufweisen, etwa aufgrund von Wirbelsäulen- oder Gelenkerkrankungen. Für diese Gruppe bezahlt die Pflegeversicherung keine ambulanten Hilfen durch Pflegedienste oder Pflegegeld. Diese sind den Pflegegraden 2 bis 5 vorbehalten.

Allerdings haben Pflegebedürftige im ersten Grad Anspruch auf finanzielle Zuschüsse, wenn sie ihre Wohnung barrierefrei umbauen müssen. Darüber hinaus steht ihnen ein monatlicher Entlastungsbetrag von bis zu 131 Euro zu. Die entsprechenden Regeln existieren seit 2017. „Durch die Einführung des Pflegegrades 1 wurde der Kreis der Menschen, die Leistungen der Pflegeversicherung erhalten können, deutlich erweitert“, heißt es auf der Homepage des Bundesgesundheitsministeriums.

Opposition und von Verbände kritisieren Pläne

Kritik an den Überlegungen kam von der Opposition und von Verbänden. Statt dringend notwendiger Entlastung und der Streichung von Hilfen im Alltag müsse Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) dafür sorgen, dass die sechs Milliarden Euro Corona-Mehrkosten in die Pflegeversicherung zurückfließen, forderte die pflegepolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Simone Fischer. „Außerdem ist ein Kostenausgleich zwischen sozialer und privater Pflegeversicherung dringend geboten.“

Der Paritätische Wohlfahrtsverband nannte eine mögliche Abschaffung des Pflegegrads 1 „ein fatales Signal „. Davon seien nicht nur Menschen mit leichten Einschränkungen betroffen, sondern auch deren pflegende Angehörige. „80 Prozent der Menschen in der Pflege werden zu Hause betreut“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, Joachim Rock, den Zeitungen der Funke Mediengruppe.