Trotz weiter steigender Preise bleiben vor allem Fernreisen und Kreuzfahrten gefragt. Für Ziele in den USA hat das Geschäft aber deutlich nachgelassen.
Kreuzfahrten bleiben beliebt: Die „Icon of the Sea“ läuft im Hafen von Miami ein.
Von Thomas Wüpper
Trotz der flauen Konjunktur brummt die Reisebranche und erwartet nach einem guten Sommergeschäft auch eine starke Wintersaison. Allerdings wuchs die Zahl der Kunden in der Sommersaison kaum noch, das deutliche Umsatzplus von sechs Prozent resultiert vor allem aus weiter gestiegenen Preisen. Besonders gefragt seien All-Inclusive-Angebote, Fernreisen und Kreuzfahrten, sagte der scheidende Präsident des Deutschen Reiseverbands, Norbert Fiebig, beim Hauptstadt-Kongress der wichtigsten Branchenorganisation.
Der Tourismus steht immer noch sehr gut da
„Die Preissensibilität nimmt spürbar zu“, betonte Fiebig. Kürzere Reisen, günstigere Ziele und ein starker Trend zum Frühbuchen prägten das Buchungsverhalten. Der Verbandschef warnte vor mehr Regulierung und forderte gezielte Entlastungen vor allem für den Luftverkehr: „Flugreisen dürfen nicht wieder zum elitären Luxusgut werden. Deutschland braucht attraktive und kostengünstige Flugverbindungen – für Menschen, Märkte und Wohlstand.“
Im Vergleich zu anderen Branchen steht der Tourismus immer noch sehr gut da. Von Krisen, Konjunkturflauten und drohenden Jobverlusten lassen sich viele Deutsche den Urlaub offenkundig nicht vermiesen. Die Reiseveranstalter erwarten daher ein weiteres Rekordjahr. Allerdings schwächte sich bereits in der Sommersaison, die von Mai bis Ende Oktober reicht, das zunächst sehr starke Geschäft deutlich ab. Zu Jahresbeginn lag das Umsatzplus bei den Vorbuchungen noch bei 12 Prozent.
Noch mehr Deutsche wollten den Sommer in fernen Ländern verlängern,
Ähnlich gut sind bisher die Zahlen für die Wintersaison, die im November startet. Die gebuchten Erlöse liegen bisher um neun Prozent über dem Vorjahresstand und die Kundenzahl ist um sechs Prozent gewachsen. Noch mehr Deutsche als bisher wollten den Sommer in fernen Ländern verlängern, betont Fiebig. Die relativ teuren Fernreisen verzeichnen demnach aktuell sogar ein Umsatzplus von elf Prozent und acht Prozent mehr Buchungen. Besonders Afrika und Südostasien haben hohe Zuwachsraten.
Dagegen sank der Umsatz mit Reisen in die USA in diesem Sommer um ein Fünftel und liegt den Angaben zufolge auch für diesen Winter bisher um 27 Prozent unter dem Vorjahresstand. Beliebte Winterziele bleiben die Kanaren mit bisher zehn Prozent Umsatzplus sowie Ägypten, die Türkei und der Nahe Osten. Stark wächst weiterhin das Kreuzfahrtgeschäft mit bisher nochmals acht Prozent Zuwachs. Die schwimmenden Hotels machen derzeit schon 30 Prozent aller gebuchten Winterreisen aus.
Ausgaben der Bundesbürger für organisierte Reisen stiegen um 5,6 Prozent
Die Zahlen zur Branche umfassen die von Veranstaltern organisierten Urlaubsreisen und basieren auf Auswertungen von Travel Data + Analytics. Erfasst wird das Geschäft in stationären Reisebüros und den Reiseportalen der Veranstalter. Nicht enthalten sind Buchungen in Callcentern, ebenso werden direkte Buchungen bei Leistungsträgern wie Hotels, Airlines und der Bahn nicht berücksichtigt sowie bei großen Portalen wie Booking und Airbnb.
Im vorigen Touristikjahr 2023/24, das im Oktober endete, stiegen die Ausgaben der Bundesbürger für organisierte Reisen um 5,6 Prozent auf den neuen Höchstwert von 83,4 Milliarden Euro. Rund 40 Prozent aller EU-Pauschalreisen werden in Deutschland gebucht. Kunden schätzen bei der organisierten Reise die Sicherheit, das Krisenmanagement und die finanzielle Absicherung.
Der neue DRV-Präsident wird gewählt
In seiner Abschiedsrede warnte Fiebig vor weiteren staatlich initiierten Kostensteigerungen und zusätzlicher Regulierung durch die EU-Pauschalreiserichtlinie: „Die wirtschaftliche Lage ist ernst – wir brauchen verlässliche Rahmenbedingungen, weniger Bürokratie und faire Regeln.“ Die Ausweitung von Stornorechten oder strengere Vorgaben beim Vertrieb individuell zusammengestellter Reisen könnten Reisebüros und Veranstalter empfindlich treffen. Positiv wertete Fiebig, dass der Deutsche Reisesicherungsfonds als zentrales Instrument zum Schutz der Kundengelder ab November eine weitere Absenkung der Beiträge erlaube.
Der neue DRV-Präsident wird an diesem Freitag gewählt. Fiebig hatte bereits im Frühjahr angekündigt, nach elf Jahren an der Spitze nicht mehr anzutreten. Erstmals in der 75-jährigen Verbandsgeschichte entscheidet sich die Nachfolge bei einer Kampfkandidatur unter drei Kandidaten, darunter die beständige DRV-Kritikerin Marija Linnhoff, amtierende Vorsitzende des konkurrierenden, weit kleineren Verbands unabhängiger und selbstständiger Reisebüros VUSR.