Rektoren: Digitales Studium hat gravierende Folgen

dpa/lsw Stuttgart/Heidelberg. Die vollständige Umstellung auf Online-Lehrbetrieb wegen der Corona-Pandemie macht den Universitäten im Südwesten zu schaffen. Die Rektoren sehen für die Studierenden Schwierigkeiten voraus - und fordern eine baldige Rückkehr zu mehr Präsenzveranstaltungen.

Rektoren: Digitales Studium hat gravierende Folgen

Stephan Dabbert, Agrarökonom, Professor und Rektor der Universität Hohenheim. Foto: Christoph Schmidt/dpa/Archivbild

Die Universitätsspitzen im Südwesten schlagen Alarm: Die coronabedingte Rückkehr zur ausschließlich digitalen Lehre hat aus Sicht der Landesrektorenkonferenz gravierende Folgen für die Studierenden. „Die beiden Digitalsemester führen beispielsweise in den Buchwissenschaften dazu, dass ein Bachelorstudierender ein Drittel seiner oder ihrer Studienzeit die Universität nicht betreten wird und keinen direkten Austausch mit den Lehrenden oder seinen Kommilitonen hat“, sagte Stephan Dabbert, Vorsitzender des Gremiums. „Dies wird sich zwangsläufig auf die Studiendauer und den Studienerfolg auswirken“, fügte der Rektor der Universität Hohenheim in Stuttgart hinzu.

Der Heidelberger Rektor Bernhard Eitel unterstrich in einer Begrüßungsmail zum Studienstart unter anderem die Hürden für die 5000 Erstsemester und neu in Heidelberg eingeschriebenen Studierenden: „Die aktuellen Umstände erschweren es massiv, sich untereinander kennenzulernen, Informationen auszutauschen und ein Studium auch als Lebensabschnitt zu organisieren.“

Die Präsenz-Lehre der Hochschulen ist nach den bundesweiten Beschlüssen bis zum 30. November ausgesetzt; digitale Formate und andere Fernlehrformate sind laut der Corona-Verordnung des Landes zulässig. Ausnahmen gelten etwa für Laborpraktika und Prüfungen. Rektor Dabbert hätte sich in der erst am Wochenende vor dem Semesterstart veröffentlichten Verordnung die Erlaubnis gewünscht, die ursprünglichen Planungen eines reduzierten Präsenzbetriebs unter strikten Hygieneauflagen umzusetzen.

Das Land Baden-Württemberg habe sich auch auf Bundesebene dafür eingesetzt - sei aber leider nicht erfolgreich gewesen. Auch bei den noch zugelassenen Praxisveranstaltungen in den Natur- und Ingenieurwissenschaften sowie in der Medizin sieht Dabbert Probleme. Sie fänden häufig gestrafft unter erschwerten Bedingungen statt. „Auch das wird Konsequenzen haben.“ Er fügte hinzu: „Wenn man uns auch nach Weihnachten nicht wieder schrittweise in die Normalität zurückkehren lässt, wird die Qualität von Forschung und Lehre in Baden-Württemberg ab dem Jahr 2021 massiv beeinträchtigt.“

Erschwerend komme hinzu, dass die Studienanfänger des Jahrs 2021 aufgrund des eingeschränkten Schulbetriebs mit größeren Lücken als die diesjährigen Abiturienten ihr Studium beginnen würden. Die Universitäten hätten nicht die Mittel und das Personal, um im nächsten Jahr den Nachholbedarf aller Studierendengruppen zu decken, sagte der Agrarökonom.

Für eine baldige Rückkehr zum Konzept eines eingeschränkten Präsenzbetriebs sprach sich auch Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) aus. Sie wünsche sich sehr, besonders für die Erstsemester, dass das Infektionsgeschehen im Dezember wieder mehr Präsenzveranstaltungen und direkte Begegnungen zulasse. „Hochschule und Studium kommen auf Dauer nicht ohne aus.“

Die Landesrektorenkonferenz vertritt die Interessen von neun Mitgliedsuniversitäten im Land mit knapp 170 000 Studierenden.