Ricarda Lang besucht Zustellstützpunkt der Post in Backnang

Die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang informiert sich im Backnanger Zustellstützpunkt über die Arbeit von Deutscher Post und DHL. Vom Austausch mit den Praktikern erhofft sich die Politikerin Hinweise für eine geplante Postreform.

Ricarda Lang besucht Zustellstützpunkt der Post in Backnang

Ricarda Lang unterhält sich im Backnanger DHL-Stützpunkt mit Aushilfszusteller Leon Sieber. Die Bundestagsabgeordnete und Parteivorsitzende der Grünen wollte sich vor Ort ein Bild von den Arbeitsbedingungen machen. Foto: Alexander Becher

Von Kornelius Fritz

Backnang. Morgens um 8 Uhr geht es im Zustellstützpunkt von Deutscher Post und DHL im Backnanger Gewerbegebiet Lerchenäcker zu wie in einem Taubenschlag. Die Zusteller der 61 Bezirke, die von hier aus bedient werden, sind gerade dabei, die letzten Briefe und Pakete zu sortieren und ihre Fahrzeuge zu beladen. Doch heute müssen sie ihre Arbeit für ein paar Minuten unterbrechen, denn prominenter Besuch hat sich angesagt: Ricarda Lang, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen und Bundestagsabgeordnete im Wahlkreis Backnang/Schwäbisch Gmünd, ist vorbeigekommen, um sich vor Ort über die Arbeit der Zusteller zu informieren.

„Das Postgesetz wollen wir novellieren und dabei sozial-ökologische Standards weiterentwickeln sowie den fairen Wettbewerb stärken.“ So steht es im Koalitionsvertrag der Ampelregierung. Dabei geht es etwa um die Frage, welche Arbeitsbedingungen für Paketzusteller verbindlich gelten sollen, aber auch darum, ob die Post im Sinne des Klimaschutzes künftig auf Inlandsflüge verzichten soll, auch wenn sich die Zustellungszeit dadurch verlängert.

Noch sind die Regierungsparteien aber in der Findungsphase, weshalb Ricarda Lang den Besuch in ihrem Wahlkreis dafür nutzt, um sich im Zustellstützpunkt Backnang mit Beschäftigten, Betriebsräten und Führungskräften auszutauschen.

Die meisten Paketautos fahren in Backnang bereits elektrisch

Auch am Morgenappell des Standortleiters darf die Politikerin teilnehmen. Dabei geht es unter anderem um einen Unfall, den eine Zustellerin am Vortag beim Rückwärtsfahren mit ihrem Postfahrzeug gebaut hat. „Nutzt lieber die Wendemöglichkeiten“, rät Frederico Almeida seinen Mitarbeitern. Den Fahrradzustellern empfiehlt er zudem, ihre Regenhosen anzuziehen, denn es ist Niederschlag angesagt. „Kommt gesund wieder“, ruft Almeida den Kollegen noch zu, ehe diese zu ihren Touren in Backnang und acht umliegenden Gemeinden starten.

Die meisten nutzen dafür Elektrofahrzeuge. Von den rund 50 Paketautos am Stützpunkt Backnang haben laut Betriebsleiterin Helga Beyreuther nur noch sieben einen Verbrennungsmotor. Die Briefzusteller gehen mit Elektrofahrrädern oder E-Trikes auf Tour.

So wie Olga Kanzler, die schon seit
18 Jahren Briefe austrägt. Früher musste sie einen Handwagen vor sich herschieben, was in ihrem hügeligen Bezirk im Backnanger Süden ziemlich anstrengend war. „Durch das E-Bike ist es viel einfacher geworden“, freut sich die Zustellerin.

Als Postzusteller auf Zeit empfindet Leon Sieber großen Respekt vor dem Beruf

Gleich nebenan bereitet sich Leon Sieber auf seine Tour vor. Der junge Mann arbeitet nur aushilfsweise bei der Post. Er hat gerade sein Lehramtsstudium abgeschlossen und überbrückt die Zeit bis zum Beginn seines Referendariats. Den Zustellerjob, bei dem er täglich 15 Kilometer auf dem Fahrrad zurücklegt, empfindet er als ziemlich anstrengend und hat größten Respekt vor den Kollegen, die diese Arbeit schon seit Jahren machen: „Wenn ich mir vorstelle, dass die in der Weihnachtszeit das Drei- bis Vierfache an Sendungen habe – ich glaube, das würde ich gar nicht schaffen.“

Auch Ricarda Lang zeigt sich beeindruckt von der Arbeit der Zustellerinnen und Zusteller: „Sie haben einen Job, der oft hart ist. Gerade in der Coronazeit ist der Wert ihrer Arbeit noch einmal sichtbarer geworden“, sagt die Politikerin und dankt den Beschäftigten für ihren Einsatz. Aufgabe der Politik sei es, gute Rahmenbedingungen zu schaffen. Sie wünsche sich weniger befristete Arbeitsverhältnisse und gute Löhne für die gesamte Branche, erklärt die Grünen-Vorsitzende.

Der Austausch mit Führungskräften und Betriebsräten findet anschließend hinter verschlossenen Türen statt. Die Post veröffentlicht dazu hinterher nur schriftliche Stellungnahmen. Darin bescheinigt Ricarda Lang der Post, „mit ihren Fahrzeugen und Prozessen vorbildliche Standards zu setzen“. Und Elke Lingk, stellvertretende Niederlassungsleiterin bei der Deutschen Post, lobt den intensiven Austausch mit der Politikerin: „Er hat mir gezeigt, wie wichtig es ist, Einblicke in unsere Betriebsabläufe und unsere Strategie zu gewähren.“