Richter heben Staufen-Urteile auf

Zwei Vergewaltiger müssen mit Sicherungsverwahrung rechnen

Von Eberhard Wein

Revision - Ein Kind wird bei Freiburg jahrelang missbraucht und an andere Männer verkauft. Sieben Täter sowie die Mutter des Opfers werden verurteilt. Revisionen gegen zwei der Urteile hat sich jetzt der Bundesgerichtshof vorgeknöpft.

Karlsruhe. Im Fall des jahrelangen Missbrauchs eines heute zehnjährigen Buben in Staufen bei Freiburg hat der Bundesgerichtshof (BGH) zwei Urteile des Freiburger Landgerichts teilweise aufgehoben. Dabei ging es im Wesentlichen um die Frage der Sicherungsverwahrung. Die Schuldsprüche an sich sind rechtskräftig und waren von den Angeklagten auch nicht beanstandet worden.

Das Gericht habe bei der Beurteilung, ob es sich bei den verurteilten 51 und 34 Jahre alten Männern um Hangtäter handele, Rechtsfehler begangen, sagte die Vorsitzende Richterin des vierten Strafsenats, Beate Sost-Scheible, bei der Urteilsverkündung in Karlsruhe. Die Vertreterin der Bundesanwaltschaft hatte moniert, dass die Richter nicht nur die Vergangenheit und den Prozess begründenden Taten der beiden Männer, sondern auch die Prognose für ihr künftiges Verhalten, etwa die Bereitschaft, sich einer Therapie zu unterziehen, miteinbezogen hätten. Die Gefährlichkeitsprognose könne aber erst im zweiten Schritt erstellt werden, wenn die Frage der Hangtäterschaft – im Sinne eines eingeschliffenen Verhaltens – geklärt sei. Die Vorsitzende sah es ähnlich. Die Freiburger Kammer habe diese beiden Fragen miteinander vermengt.

Beide Fälle müssen jetzt von einer anderen Kammer des Landgerichts in diesem Punkt neu entschieden werden. Eine Beweisaufnahme ist dafür nicht notwendig. Der 51-jährige Angeklagte war unter anderem wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Jungen in zwei Fällen zu acht Jahren Haft verurteilt worden. Bei dem 34-Jährigen, der zur Tatbegehung eigens aus Spanien nach Deutschland angereist war und sich als reicher belgischer Kinderarzt ausgegeben hatte, entschied die Kammer auf zehn Jahre Gefängnis. Beide hatten gestanden, den heute zehn Jahre alten Jungen mehrfach vergewaltigt und dafür Geld gezahlt zu haben.

In beiden Fällen hatte die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt, um doch noch die dauerhafte Unterbringung in einer geschlossenen Anstalt im Anschluss an die Strafhaft zu erreichen. Das Gericht kann sie entweder gleich anordnen oder einer späteren Gerichtsentscheidung vorbehalten. Auf beides verzichtete die Freiburger Kammer im Fall der beiden Angeklagten, auch weil es an einschlägigen Vorstrafen fehlte. Damit wären sie nach der Verbüßung ihrer Strafe ohne weitere Prüfung wieder auf freien Fuß gekommen. Dies könnte sich nun ändern.

Im Fall des 51-jährigen Angeklagten wird es bei dem neuen Prozess zudem um die Strafzumessung gehen. Der Stabsfeldwebel der Bundeswehr, der zuletzt bei der deutsch-französischen Brigade im Elsass stationiert war, hatte in diesem Punkt ebenfalls Revision eingelegt. Der BGH gab auch diesem Einspruch statt. Nach Ansicht der Karlsruher Richter habe das Landgericht einen wesentlichen, zugunsten des Angeklagten wirkenden Gesichtspunkt bei der Strafzumessung unberücksichtigt gelassen, heißt es in einer Mitteilung, die der BGH im Anschluss an die Urteilsverkündung verbreitete. Der Spanier hatte sein Urteil akzeptiert.

Der in Staufen lebende Junge war laut Gericht mehr als zwei Jahre lang von seiner Mutter und ihrem Lebensgefährten pädophilen Männern aus dem In- und Ausland zum Vergewaltigen überlassen worden. Der Kontakt wurde in der Regel über das Dark-net angebahnt. Es gab in dem Fall acht Urteile. Auch die Mutter und ihr Lebensgefährte, die beide den Jungen selbst mehrfach missbrauchten, wurden zu langen Haftstrafen mit Sicherungsverwahrung verurteilt. (Az.: 6 KLs 160 Js 33561/17 und 6 KLs 160 Js 32949/17)