Riskant und unverantwortlich

Trumps „Big Beautiful Bill Act“ spaltet sowohl seine eigene Partei als auch die US-Gesellschaft.

Von Eidos Import

Donald Trump setzt alles auf eine Karte. Sein „Big Beautiful Bill Act“ ist bereits jetzt viel mehr als ein Haushalts- und Steuergesetz. Es ist eine Machtprobe – wie alles, was Trump politisch durchsetzen möchte. „BBB“ ist seine zentrale Agenda in der ersten Hälfte seiner zweiten Amtszeit. Deshalb: Augen zu und durch, koste es, was es wolle. Deshalb auch der unverhohlene Druck auf Senatoren und Abgeordnete, deshalb die Drohgebärden, die offenen Einschüchterungsversuche.

Drei republikanische Senatorinnen und Senatoren verweigerten sich Trump und seinem Gesetz, einer sogar um den Preis der Aufgabe seiner politischen Karriere. Jetzt wird sich im Repräsentantenhaus zeigen, ob es wirklich noch Republikaner mit Rückgrat gibt. Besonders der fiskalradikale Flügel hat Widerstand angekündigt. Noch also ist keinesfalls ausgemacht, dass die vom Senat überarbeitete und finanziell zusätzlich aufgeblasene Version dieses Gesetzentwurfs das Haus passiert. Andererseits haben die Republikaner immer wieder erkennen lassen, dass ihnen das Machtwort ihres Präsidenten weitaus wichtiger ist als Prinzipien oder ihr Gewissen.

Doch Trump setzt nicht nur seine Partei unter Druck. Er treibt mit diesem Gesetz den Keil noch tiefer in die US-amerikanische Gesellschaft. Die soziale Schieflage von „BBB“ ist unverkennbar. Die Steuerkürzungen werden vor allem den Reichen zugutekommen, die Einkommensschwachen werden die Lasten zu schultern haben. Diese Wohlstandsverschiebung von unten nach oben ist skandalös. Es wird die Bedürftigen um ihre Gesundheitsversorgung bringen und um die so dringend benötigten Lebensmittelhilfen.

Trump scheut nicht davor zurück, sämtliche Wahlversprechen mit Blick auf die Wahrung der ohnehin schon geringen sozialen Standards in seinem Land zu brechen. Trumps Gesetz ist somit ein vergifteter Dank für seinen Wahlsieg. Darüber hinaus sorgt es für eine Lastenverteilung von der Gegenwart in die Zukunft, von der jetzigen Generation auf die Post-Trump-Generationen. Das ist leichtfertig – und im höchsten Maße riskant. Trump treibt die Staatsverschuldung in derart absurde Höhen, dass er das finanzielle Fundament der USA ernsthaft gefährdet. Schon jetzt liegt das Staatsdefizit bei sechs Prozent – die Verschuldung wird voraussichtlich weiter wachsen als die projektierten drei Billionen Dollar, weil sich mit jedem Schuldendollar weitere Zinslasten auftun. Mehr noch: Trump verspielt zusehends das Vertrauen der Finanzmärkte und setzt damit den Status seines Landes als sicherer Finanzhafen aufs Spiel. Schon jetzt wächst die Sorge, dass internationale Investoren die Geduld verlieren und ihr Kapital aus den USA abziehen könnten.

Gänzlich unverantwortlich sind schließlich die wirtschaftspolitischen Impulse, die Trump mit diesem Chaos-stiftenden Gesetz verbindet: Weil er das politische Erbe seines Amtsvorgängers Joe Biden tilgen und seinen Traum von der Reindustrialisierung des Landes realisieren möchte, unterbindet er die überfällige Energiewende und würgt neben der einschlägigen Förderung auch die entsprechende Forschung ab. Rauchende Schlote und knatternde Motoren – das ist Trumps Welt nach dem Motto: Vorwärts, wir müssen zurück. Am Ende werden zwar die Senatoren und Abgeordneten über dieses Gesetz abstimmen. Doch die Wähler werden die Richter über Trumps Gesetzeswerk sein.

Dabei ist noch keinesfalls ausgemacht, dass sie Trump wirklich das Vertrauen entziehen werden. Die Trump-Gemeinde ist derart fanatisiert und auf ihn eingeschworen, dass Trump ganz auf Bertolt Brechts Erkenntnis setzen könnte: „Die dümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber“.