Riva-Chef: „Streit nützt niemandem“

Als Unternehmer hat Hermann Püttmer Großes geleistet, doch mit seinen Attacken gegen OB Frank Nopper hat der Riva-Gründer auch immer wieder für Ärger gesorgt. Nun hat sein Sohn Marcus die Firmenleitung übernommen. Er schlägt moderatere Töne an.

Riva-Chef: „Streit nützt niemandem“

Die Loggia, auf der Marcus Püttmer steht, befindet sich nicht an einem Gebäude, sondern in der Produktionshalle von Riva in den Lerchenäckern.Es handelt sich dabei um ein Muster für den 180 Meter hohen Grand Tower in Frankfurt. Foto: A. Becher

Von Kornelius Fritz

BACKNANG. In den Produktionshallen der Riva Engineering in den Lerchenäckern herrscht gespenstische Stille. Die riesigen Maschinen, die hier sonst aus großen Aluminiumblöcken Fassadenelemente fräsen, stehen still. Auf der 40000 Quadratmeter großen Produktionsfläche verlieren sich nur wenige Mitarbeiter. In der Mitte der Halle stehen Dutzende Paletten mit fertigen Balustradenelementen für die Heilige Moschee in Mekka, die auf ihren Abtransport warten. Doch Riva kann sie nicht ausliefern. Seit März sind wegen Corona die Grenzen zu Saudi-Arabien dicht, die Megabaustelle an der weltgrößten Moschee ruht. „Wir können dort weder anliefern noch montieren“, sagt Marcus Püttmer. Weil es keinen Sinn mache, noch mehr auf Halde zu produzieren, hat Riva die Produktion heruntergefahren und einen Großteil seiner 270 Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt.

„Das ist keine schöne Situation“, sagt Marcus Püttmer, aber der neue Chef der Riva Engineering wirkt auch nicht ernsthaft besorgt: „Die Aufträge sind ja da, wir können sie zurzeit bloß nicht ausführen.“ Er hofft, dass das Projekt in Mekka spätestens im Herbst wieder anläuft. „Die Saudis sind dafür bekannt, dass sie sich strikt an ihre Terminpläne halten, und bis 2023 soll alles fertig sein.“

Nachdem der Grand Tower in Frankfurt, Deutschlands höchstes Wohnhaus, im Frühjahr fertiggestellt wurde, hängt das Geschäft bei Riva momentan zu 90 Prozent an dem Großprojekt in Mekka, das Gesamtauftragsvolumen liegt laut Püttmer im Milliardenbereich. Doch das soll sich bald wieder ändern: Ein neues Hochhausprojekt sei schon in Planung, verrät der Firmenchef, außerdem sollen bis zum Jahresende die von Riva entwickelten Energiespeicher auf den Markt kommen. Mit den Batterien, die mit Induktionstechnik kabellos geladen werden, betritt das Backnanger Unternehmen ein ganz neues Geschäftsfeld. Im Gegensatz zum Fassadenbau sei die Batterietechnik ein wachsender Markt, erklärt Püttmer. Die Akkus sind modular aufgebaut und dadurch für unterschiedlichste Anwendungen einsetzbar: von der koffergroßen Batterie für die Gartenhütte bis zur Containerlösung mit einer Kapazität von 700 Kilowattstunden, um zum Beispiel Strom aus Windkraftanlagen zu speichern.

Ein Hochhaus in Backnang fände auch Marcus Püttmer gut.

Marcus Püttmer sieht sein Unternehmen weiter auf Wachstumskurs, der Standort in den Lerchenäckern soll noch einmal erweitert werden. Geplant sind eine Produktionshalle für die Batteriefertigung und eine Ausstellungshalle, in der man Kunden die neue Technik vorführen kann. Auch seine Fassadenelemente oder die riesigen Tore für die Moschee würde Riva gerne in einer eigenen Ausstellung präsentieren. Dafür wollte Hermann Püttmer schon vor Jahren eine 40 Meter hohe Halle bauen, was der Bebauungsplan in den Lerchenäckern aber nicht zulässt. Dies war nur einer von vielen Streitpunkten zwischen dem Firmengründer und der Backnanger Stadtverwaltung in den vergangenen Jahren.

Dabei ging Püttmer senior nicht gerade zimperlich zu Werke und attackierte OB Frank Nopper auch immer wieder persönlich. Mit dem Führungswechsel, der bei Riva zum 1. Juli offiziell vollzogen wurde, verbinden deshalb viele in der Stadt die Hoffnung auf ein besseres Klima zwischen dem Rathaus und einem der größten Arbeitgeber der Stadt. Und die scheint durchaus berechtigt, wenn man Marcus Püttmer reden hört. „Streit brauchen wir keinen. Das nützt niemandem“, erklärt der 55-Jährige und verweist auf seine Erfahrungen als Projektentwickler bei der GSP Städtebau in Berlin. Von seiner Arbeit dort wisse er, wie wichtig ein gutes Arbeitsverhältnis zur Stadtverwaltung sei. Auch beim IBA-Projekt will sich Marcus Püttmer konstruktiv einbringen. „Es wäre schön, wenn Backnang dadurch aus dem Dornröschenschlaf geholt würde“, sagt der Unternehmer, dem immerhin rund ein Drittel der Flächen gehören, die im Rahmen der Internationalen Bauausstellung 2027 neu entwickelt werden sollen.

Wie sein Vater hegt auch Marcus Püttmer Sympathien für ein Hochhaus auf dem ehemaligen Kaelble-Areal. Eine „Landmark“, wie er es nennt, wäre in seinen Augen ein mutiges städtebauliches Signal und eine zeitgemäße Antwort auf den fortschreitenden Flächenverbrauch. Aber im Gegensatz zu Hermann Püttmer formuliert der Sohn keine Forderungen oder nennt eine Mindesthöhe, die ein solches Gebäude haben müsse: „Die Meterzahl ist mir egal. So ein Projekt muss sinnvoll sein und es muss sich auch wirtschaftlich rechnen.“

Und welche Rolle wird der inzwischen 81-jährige Firmengründer bei Riva künftig noch spielen? Sein Vater stehe ihm weiterhin als Ratgeber zur Seite, sagt Marcus Püttmer. Außerdem sei dieser noch in das Batterieprojekt eingebunden und gerade dabei, Vertriebsstrukturen für den osteuropäischen Markt zu organisieren. Ins operative Geschäft werde sich der Senior aber nicht mehr einmischen, versichert sein Sohn. Der Schnitt wurde auch räumlich vollzogen: Hermann Püttmer hat sein Büro nun nicht mehr in den Lerchenäckern, sondern in der Villa Adolff in der Innenstadt.

Kommentar
Neuanfang

Von Kornelius Fritz

Der Ton macht die Musik. Das gilt im privaten Bereich genauso wie im Geschäftsleben. Dass ein Unternehmer und Investor mit dem Oberbürgermeister seiner Stadt nicht immer einer Meinung ist, ist nichts Ungewöhnliches. Die Fehde, die Hermann Püttmer in den vergangenen Jahren mit dem Backnanger Rathaus angezettelt hat, ging aber weit über eine normale Meinungsverschiedenheit hinaus. Da ging es nicht mehr um die Sache, sondern um persönliche Animositäten. In Blog-Beiträgen bezeichnete Püttmer OB Frank Nopper unter anderem als „Dilettanten“ und „langweiligen Verwalter“. Nach solchen Äußerungen noch einmal konstruktiv zusammenzuarbeiten, ist kaum möglich. Aber Projekte wie die Entwicklung des ehemaligen Kaelble-Areals kann der Investor eben nur gemeinsam mit der Stadt verwirklichen. Das hat Püttmer nicht verstanden.

Der Führungswechsel an der Riva-Spitze ist die Chance auf einen Neuanfang. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich auf den riesigen Brachflächen im Westen der Stadt endlich etwas tut, ist gestiegen. Vorausgesetzt, Hermann Püttmer zieht sich nun wirklich zurück und funkt seinem Sohn nicht mehr dazwischen.

k.fritz@bkz.de

Rasantes Wachstum in nur 16 Jahren

Hermann Püttmer war bereits 65 Jahre alt, als er 2004 die RIVA GmbH Engineering gründete. Das Unternehmen begann als Ingenieurbüro für Fassadentechnik, 2008 startete das Unternehmen eine eigene Produktion von Fassadenelementen.

2012 zog Riva in die Lerchenäcker, der Standort wurde mehrfach erweitert. In den vergangenen Jahren ist Riva stark gewachsen und beschäftigt in Backnang heute rund 300 Mitarbeiter. Zu Umsatz- und Ertragszahlen macht das Unternehmen keine Angaben.

Weitere Unternehmen hat Hermann Püttmer hinzugekauft. Zur Riva-Gruppe gehören heute unter anderem die Blechbearbeitungsfirma Kroll aus Kirchberg an der Murr und der Industriewaagenhersteller
Soehnle Professional in Backnang.

Marcus Püttmer ist schon seit vielen Jahren in der Unternehmensgruppe tätig, unter anderem als Geschäftsführer der Riva Holding und der GSP Städtebau. Der 55-Jährige ist studierter Wirtschaftsingenieur. Der Vater von drei Kindern lebt in Backnang.