Polizei, Flughäfen, Banken

Russische Hacker attackieren Deutschland

Die Internetpräsenz der Polizei in Baden-Württemberg ist nach einem Cyber-Angriff in die Knie gegangen. Derweil werden weitere Ziele bekannt – und klare Hinweise auf die Urheber.

Russische Hacker attackieren Deutschland

Die Internetseite der Polizei in Baden-Württemberg am Donnerstag – niemand zu erreichen.

Von Jürgen Bock

Das Ausmaß der Hackerangriffe auf deutsche Institutionen wird größer. Betroffen waren neben den Internetseiten der Polizei in Baden-Württemberg offenbar auch die Internetseite von Außenministerin Annalena Baerbock und diverse weitere Einrichtungen. Und es gibt klare Hinweise auf die Urheber der Cyberattacken, die seit Mittwoch Internetseiten lahm legen.

Die Angriffe gehen nach Informationen des Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und des Innenministeriums von Russland aus. „Wir haben Kenntnis von derzeit laufenden DDoS-Angriffen gegen Ziele in Deutschland. Dabei handelt es sich um DDoS-Angriffe insbesondere auf Websites von Flughäfen. Auch einzelne Ziele im Finanzsektor sind betroffen“, sagte ein BSI-Sprecher unserer Zeitung. Bei einem solchen Angriff soll ein Internetdienst durch gezielte Überlastung lahmgelegt werden. Derzeit seien einige Websites nicht erreichbar. „Hinweise auf direkte Auswirkungen auf die jeweilige Dienstleistung liegen aktuell nicht vor und sind nach Einschätzung des BSI bei Ergreifen üblicher Schutzmaßnahmen auch nicht zu erwarten“, sagte der Sprecher.

Auch Websites der Bundes- und Landesverwaltung würden angegriffen. „Diese Angriffe konnten jedoch bislang größtenteils abgewehrt werden und sind ohne gravierende Auswirkungen geblieben“, so der Sprecher. Die Angriffe seien von der russischen Hackergruppierung Killnet angekündigt worden. „Das BSI hat Betreiber Kritischer Infrastrukturen der betroffenen Sektoren auf etablierte Maßnahmen zur Abwehr und Mitigation von DDoS-Angriffen hingewiesen“, so der Sprecher. Im Internet kursierten nach Recherchen unserer Zeitung offenbar bereits am Mittwochabend Listen mit möglichen Zielen. Darunter Bundeseinrichtungen, die Polizei, aber auch Banken oder Flughäfen. Auch der Stuttgarter Flughafen ist darauf zu finden.

In Baden-Württemberg hat die Abwehr der Angriffe offenbar nicht überall funktioniert. Die Internetseite der Polizei war ebenfalls von einer DDos-Attacke betroffen. Die Seite www.polizei-bw.de wurde dabei innerhalb kurzer Zeit von Aufrufen geradezu überhäuft. Offenbar wurde auf diese Weise versucht, stoßförmig den Webserver zu überlasten und die Seite lahmzulegen. Das gelang zwar nicht vollständig, weil aber Gegenmaßnahmen ohne den gewünschten Erfolg blieben, entschied das Technik-Präsidium, den Server aus Sicherheitsgründen vorübergehend selbst abzuschalten. Die Internetseite mit zahlreichen Informationen und Serviceangeboten für die Bürger war auch am Donnerstag zeitweise nicht erreichbar.

Die SPD im Landtag hat sich wegen der Attacken besorgt gezeigt und bereits an das Innenministerium gewandt. Innenexperte Sascha Binder bittet darin um Informationen, „welche Bereiche in Baden-Württemberg betroffen sind und wie groß das Ausmaß der Störungen ist“. Außerdem stellt er die Frage, „ ob es in der landeseigenen IT-Verwaltung genügend IT-Experten gibt, um auf Cyberattacken, die insgesamt zunehmen, zu reagieren und die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen“.

Die Frage kommt nicht von ungefähr. Denn es ist nicht das erste IT-Problem bei der Polizei im Land in jüngerer Vergangenheit. Erst vor zwei Wochen hatte ein technischer Defekt in der Stuttgarter LKA-Zentrale für Ausfälle bei Dienststellen im ganzen Land sowie beim Verfassungsschutz und beim LKA selbst gesorgt. Danach war eine politische Diskussion darüber aufgekommen, wie gut das Land bei IT und Cybersicherheit aufgestellt ist.

SPD sorgt sich um Sicherheit

„Das Landeskriminalamt Baden-Württemberg führt die Ermittlungen wegen der in Betracht kommenden Straftaten in enger Absprache mit den betroffenen Dienststellen. Zum jetzigen Zeitpunkt können noch keine Aussagen zur Urheberschaft des Angriffs getroffen werden“, heißt es im Stuttgarter Innenministerium.

Wegen des zeitlichen Zusammenhangs mit den angekündigten Panzerlieferungen an die Ukraine steht aber auch dort ein russischer Hackerangriff im Raum. SPD-Experte Binder fragt in seinem Brief an Innenminister Thomas Strobl: „Zudem möchten wir Sie darum bitten, darzulegen, wie hoch Ihr Haus die aktuelle Bedrohungslage durch Cyberangriffe prorussischer Hacker seit gestern einschätzt. Wir halten es zudem für geboten, dass Sie aufzeigen, welche aktuellen Maßnahmen die Landesregierung zum Schutz unserer digitalen Infrastruktur trifft und in den nächsten Tagen treffen wird.“