Sammelleidenschaft: Eine Zeitreise in die 50er-Jahre

Sammellust In Ulrike Kühnles nostalgischer Küche finden Dutzende Milchhäfele Platz. Aber auch weitere Küchenutensilien stammen aus den 1950er-Jahren. Am liebsten stöbert die Backnangerin auf dem Flohmarkt.

Sammelleidenschaft: Eine Zeitreise in die 50er-Jahre

Ulrike Kühnle in der ehemaligen Küche ihrer Oma. Hier findet sich Kücheneinrichtung der 20er- bis 50er-Jahre. Fotos: Alexander Becher

Von Simone Schneider-Seebeck

Backnang. Zurückversetzt in der Zeit glaubt man sich, wenn man Ulrike Kühnles Küche betritt – fröhliche Pastellfarben in Rosa, Gelb und Blau leuchten einem entgegen und gleich links neben dem Eingang steht ein Regal, das bis auf den letzten Quadratzentimeter optimal ausgenutzt ist. Hier stehen Milchhäfele, Dutzende von ihnen. Die meisten gepunktet, rot auf hellem oder hell auf rotem Grund, doch es gibt auch pastellfarbene, passend zur Kücheneinrichtung, oder Häfele mit Blümchenmotiven.

Die 50er-Jahre des vorigen Jahrhunderts, das ist ihr Jahrzehnt, schon seit vielen Jahren. Etwa 17 Jahre alt war sie damals und hatte einen Freund, der seine Wohnung komplett in diesem Stil eingerichtet hatte. Sogar der Fernseher war wie anno dazumal in einem Schrank untergebracht. „Das war eigentlich der Auslöser.“ Vollkommen selbstverständlich, dass nach dem Tod der Oma deren alte Küche bei Ulrike Kühnle in Backnang ihre neue Heimat fand. Liebevolle Erinnerungen verknüpft sie damit; sie war gern bei ihrer Großmutter in Frankenberg und genoss dort das „richtig schöne Landleben“.

Und da kommen auch irgendwie die Milchhäfele ins Spiel, die ebenfalls Kindheitserinnerungen wachrufen. Warum genau sie mit dem Sammeln angefangen hat, das kann sie gar nicht mehr sagen: „Ich weiß auch nicht, wie ich drauf gekommen bin, dass ich was sammeln muss“, sagt die Diplombetriebswirtin. Eines Tages, als sie über den Flohmarkt spazierte, da sprang es sie eben einfach so an. Das erste Milchhäfele wurde gekauft, dann „hat es sich so erweitert“.

Auch zwei Stücke ihrer Oma haben ihren Platz im Regal gefunden, sie stechen sogar heraus mit ihrem Blumendesign. Die Häfele, die aus Keramik oder Steingut gefertigt sind, haben für gewöhnlich keine auffälligen Musterungen. Punkte oder Karos, das ist das dominierende Design dieser Gefäße, die früher zur Milchaufbewahrung dienten. Ulrike Kühnle erinnert sich noch daran, wie bei ihrer Pflegetante die Milch vom Bauern direkt aus der großen Milchkanne abgekocht und dann in die Steingutkannen mit dem blauen Karomuster gefüllt wurden. Selbstredend haben diese Erinnerungsstücke ebenfalls ihren Platz in der nostalgischen Küche. „Alte Sachen haben eben ihren Charme“, findet Kühnle. Und kümmert sich selbstverständlich auch darum, dass alles gut erhalten bleibt. Regelmäßig ist Spültag, da werden dann alle Kännchen von Hand gereinigt. Und damit ist sie dann durchaus eine ganze Weile beschäftigt.

Ihre gut 120 Milchhäfele stammen aus den 1920er- bis 1950er-Jahren. Über Ebay oder Ebay-Kleinanzeigen hat sie die eine oder andere Kostbarkeit erstanden, doch am liebsten wandert sie über Flohmärkte. Dort hat sie die meisten Sachen gefunden, die nun ihr kleines Häuschen schmücken. Was sie anspricht, das möchte sie auch gern bei sich haben. Denn nicht nur der Milchaufbewahrung gehört ihr Herz. Auf der schattigen, von Wein umrankten Terrasse klackert es munter vor sich hin. Zahlreiche solarbetriebene Wackelfiguren winken fröhlich vor sich hin, Flamingos, Wallace und Gromit, ein kleiner Drache, ein Hai.

Sie liebt Kuriositäten jeder Art. Daher ist es vollkommen logisch, dass sich im Wohnzimmer zahlreiche Reh- und Hirschfiguren tummeln, echte und unechte Geweihe auf einen hinabblicken. Im Badezimmer hängt nicht nur ein Netz voller Meerestiere, auch an der Decke und an den Wänden ist der eine oder andere Meeresbewohner daheim. Selbst Angela Merkel ist bei Ulrike Kühnle immer noch aktuell – als Zitronenpresse.

Dieses kleine persönliche Museum passt wunderbar zu diesem gemütlichen Häuschen, das selbst schon über 125 Jahre auf dem Buckel hat. „Das war gesucht und gefunden“, erinnert sich Ulrike Kühnle.

Mittlerweile geht ihr ein wenig der Platz für die Sammlerstücke in den eigenen vier Wänden aus, sie muss bewusster auswählen, was vom Flohmarkt mit nach Hause darf, denn „ich kann mich schwer trennen“. Und auch wenn sie erst Anfang 50 ist, hat sie sich schon Gedanken um ihren Nachlass gemacht und erklärt lachend: „Mein Neffe will das Haus erben, aber dann muss er sich auch um die Kännchen kümmern.“

Sammelleidenschaft: Eine Zeitreise in die 50er-Jahre

Die Kaffeemühle dient auch als Wanddeko.

Sammelleidenschaft: Eine Zeitreise in die 50er-Jahre

Rund 120 Milchhäfele haben hier ihren Platz.