SAP will zum Komplett-Dienstleister werden

Von Von Michael Brehme, dpa, und Marco Engemann, dpa-AFX

dpa Walldorf. Der Softwareriese SAP hat sich neu aufgestellt - und will sich vom reinen Softwarelieferanten zu einem Rund-um-die-Uhr-Dienstleister für seine Unternehmenskunden entwickeln. Wenn das klappt, sind bald wohl auch wieder höhere Gewinne drin als im vergangenen Jahr.

SAP will zum Komplett-Dienstleister werden

Der Stammsitz des Softwarekonzerns SAP in Walldorf. Foto: Uwe Anspach/dpa

Europas größter Softwarehersteller SAP wächst dank guter Geschäfte mit Cloudanwendungen im Internet weiter kräftig. Allerdings hat er im vergangenen Jahr nicht so viel Geld verdient wie davor.

Der Nettogewinn schrumpfte um satte 17 Prozent auf 3,4 Milliarden Euro, wie der Konzern am Dienstag bei seiner Bilanz-Pressekonferenz mitteilte. SAP begründete den Einbruch mit Milliardenkosten einerseits für einen Anfang 2019 begonnenen Personalumbau und andererseits für die aktienbasierte Vergütung eigener Mitarbeiter. Beim Umsatz durften die beiden Co-Vorstandschefs Christian Klein und Jennifer Morgan bessere Nachrichten verkünden: Die Erlöse stiegen um zwölf Prozent auf 27,6 Milliarden Euro.

Größter Wachstumstreiber war der Cloudbereich, der im Jahresvergleich auch dank Zukäufen um kräftige 39 Prozent wuchs. In diesem Zukunftsmarkt bietet der Walldorfer Konzern seinen Unternehmenskunden nicht mehr nur reine Softwarelösungen an, sondern bringt sich vielmehr als Dienstleister für die Entwicklung, Integration und den Betrieb der Anwendungen ins Spiel. Die Daten liegen bei Cloudlösungen nicht mehr auf einem lokalen Server, sondern beispielsweise auf einer von SAP zur Verfügung gestellten Plattform. Vorteile: Die Kunden können ihre Programme in der Regel mit wenig administrativem Aufwand nutzen und sparen im Zweifel auch Kosten für die Hardwareanschaffung.

Beim zurzeit vom Börsenwert her wichtigsten deutschen Unternehmen machen die Clouderlöse inzwischen schon 6,9 Milliarden Euro aus. Das wachsende Geschäft in diesem Bereich lässt mittlerweile auch die Profitabilität des Konzerns steigen. Jahrelang hatten unter anderem Investitionen in Rechenzentren und die zunächst gegenüber dem herkömmlichen Lizenzverkauf niedrigen Erlöse im Cloudbereich die Marge des Unternehmens belastet.

Co-Konzernchef Klein sagte der Deutschen Presse-Agentur, man habe eine erfolgreiche Transformation vom traditionellen Geschäft mit Softwarelizenzen hin zum Cloudgeschäft geschafft. „Es ist überhaupt nicht einfach, eine Firma mal eben von links nach rechts zu ziehen und in die Cloudwelt zu bringen, wenn die Firma eigentlich sehr erfolgreich mit dem Verkauf von On-Premise-Softwarelösungen ist.“ Dabei handelt es sich um beim Kunden fest installierte Software.

Weitere Baustelle: Die Verzahnung der etlichen SAP-Anwendungen muss vorankommen. Der bis Oktober amtierende Ex-Konzernchef Bill McDermott hatte mehrere milliardenschwere Übernahmen vor allem für die Cloudsparte durchgezogen, von Seiten der Kunden kam aber zuletzt immer stärker Kritik. So hatte die einflussreiche deutschsprachige Anwendergruppe DSAG im September bei ihrem Jahreskongress die Lücken in der Software und schlechte Integration der Programme kritisiert.

Klein sagte, Ziel sei es, „die gesamte Ausrichtung von SAP zu vereinfachen“. Die Verzahnung der Cloud-Angebote mit dem SAP-Kernprodukt S4 Hana solle bereits 2020 abgeschlossen werden.

Generell will sich der Konzern vom reinen Softwarelieferanten immer mehr zu einem Rund-um-die-Uhr-Dienstleister entwickeln. „Alle unsere Führungskräfte müssen verstehen, dass wir unsere Produkte künftig als Dienstleistung liefern wollen - das gilt ganz besonders für das Cloudgeschäft. Unser Businessmodell hört nicht mehr mit dem Verkauf der Produkte auf“, sagte Klein. „Wir müssen mit den Kunden auf die letzte Meile gehen.“

Das soll auch den Mitarbeitern deutlich gemacht werden - mit barem Geld. „Fast alle unsere Mitarbeiter werden bald in ihren Bonusplänen ein Ziel vorfinden, das besagt: Akzeptanz bei Kunden vorantreiben. Wir werden dann messen, wie das im Einzelnen klappt“, sagte Klein. Morgan - die erste Vorstandsvorsitzende in einem Dax-Konzern überhaupt - fügte an, die Kundenbindung sei von größter Bedeutung: „Sie müssen Ihre Kunden in Tagen und Wochen überzeugen und halten, nicht in Jahren und Jahrzehnten.“

Angesichts der sich ändernden Geschäftsschwerpunkte hatte SAP Anfang vergangenen Jahres den ersten größeren Personalumbau seit Jahren angestoßen, bis zu 4400 Mitarbeiter sollten entweder auf eine neue Position wechseln oder das Unternehmen mittels Abfindungen verlassen. Bisher hätten 4000 Mitarbeiter ein solches Angebot angenommen, 3000 hätten den Konzern bereits verlassen, sagte Finanzchef Luka Mucic, davon 1400 in Deutschland. In diesem Jahr rechnet er nicht mit wesentlichen weiteren Umbauprogrammen. Bei der Mitarbeiterzahl hat SAP dennoch weiter zugelegt, Ende des Jahres lag sie erstmals bei über 100 000 - fast 4000 mehr als ein Jahr zuvor.