Gefährlicher Turm bei Pforzheim

„Schlimmeres verhindert“ – Carsten Stahl sieht sich nach Gutachten bestätigt

Der bekannte Anti-Mobbing-Trainer Carsten Stahl hat nach dem Suizid dreier Mädchen Ende 2024 in Pforzheim vehement Konsequenzen gefordert. „Zum Glück“, sagt er nach einem Gutachten.

„Schlimmeres verhindert“ – Carsten Stahl sieht sich nach Gutachten bestätigt

Carsten Stahl ist nach dem Suizid dreier Teenager im vergangenen Jahr aus Berlin nach Pforzheim gereist, um besorgte Eltern beim Protest für eine Sicherung des Aussichtsturms zu unterstützen.

Von Florian Dürr

Es war ein Schock für viele Menschen in und um Pforzheim, als sich im November 2024 die Nachricht vom Suizid dreier Mädchen aus der 8. Klasse verbreitete. Die Teenager hatten sich mit einem Sprung vom Aussichtsturm „Hohe Warte“ das Leben genommen.

Besorgte Eltern anderer Kinder aus dem Pforzheimer Stadtteil Hohenwart und den umliegenden Dörfern suchten anschließend den Kontakt zu Carsten Stahl, einem bekannten Anti-Mobbing-Trainer, der sich für Kinderschutz engagiert. Der 52-jährige Berliner sicherte den Eltern mit seiner Reichweite in den sozialen Medien seine Unterstützung zu – und machte sich sofort auf den Weg nach Pforzheim.

„Hätten wir den Druck nicht erhöht, wäre kein Gutachten erstellt worden“

Bei einer Trauerversammlung vor dem 40 Meter hohen Turm, von dem sich bereits zuvor immer wieder Menschen gestürzt hatten, sprach Stahl dann von einer jahrelang versäumten Sicherung des „Turm des Todes“, wie er von manchen genannt wurde: „Wenn Ihr so weiter macht, werden die Bürger ihn selbst abreißen“, drohte Stahl damals in einem Video auf Instagram den politisch Verantwortlichen. Sein Auftritt diene nur seinem Selbstmarketing, warfen ihm andere vor. 

Jetzt, mehrere Monate nach dem Dreifach-Suizid und einem Gutachten, das auf die Einsturzgefahr des Aussichtsturms hinweist, sieht sich Stahl bestätigt: „Hätten wir den Druck nicht erhöht und gefordert, dass der Turm gesichert werden muss, wäre nie ein Gutachten erstellt worden“, ist der Berliner überzeugt, „und dann wäre nie herausgekommen, dass er einsturzgefährdet ist“. Die vehementen Forderungen nach einer Sicherung des Turms seien der richtige Weg gewesen: „Wir haben damit zum Glück Schlimmeres verhindert“, sagt Stahl in einer Nachricht an unsere Zeitung.

Holzkonstruktion des Aussichtsturms von Pilzbefall und Fäulnis betroffen

Seit dem Tod der Mädchen ist der Turm gesperrt. Nach dem Gutachten droht jetzt der komplette Abbau des auch bei Wanderern und Spaziergängern beliebten Ausflugsziels. „Nach den vorliegenden Untersuchungen ist eine weitere Sperrung unumgänglich“, erklärte Pforzheims Baubürgermeister Tobias Volle jüngst in einer Mitteilung der Stadt.

Der Turm sei „in seiner Standsicherheit stark beeinträchtigt“, hieß es: „Auch ohne und unabhängig von der Installation baulicher Sprungschutzmaßnahmen, die aktuell diskutiert werden.“ Demnach sei die Holzkonstruktion über die Jahre durch „Witterungseinflüsse und unzureichende konstruktive Sicherungen dauerhaft durchfeuchtet“ worden. Pilzbefall und Fäulnis waren die Folge.

Eine Mutter aus dem Ort: „Von mir aus kann der Turm weg“

Die Fachleute machten darauf aufmerksam, dass die Beschädigungen „im schlimmsten Fall“ zu Verformungen und am Ende zum Einsturz des Turms führen könnten. Carsten Stahl hätte sich für jene Menschen, die den Turm behalten wollten, gewünscht, „dass man ihn hätte sicher machen können“, sagt er.

Eines der Szenarien für die Zukunft ist zwar ein kompletter Neubau des Turms inklusive Sicherung, doch das würde für die Stadt Pforzheim Kosten in Millionenhöhe bedeuten – und wäre angesichts der aktuellen Haushaltslage eher unrealistisch.

Eine Mutter aus dem Ort, die sich bereits damals gegenüber unserer Zeitung geäußert hat („Dort darf niemand mehr sterben“), schreibt nach dem Gutachten mit Blick auf den Turm: „Von mir aus kann er weg. Hat nur Unglück gebracht.“

Sie haben suizidale Gedanken? Hilfe bietet die Telefonseelsorge. Sie ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr unter 0 800 / 111 0 111 und 0 800 / 111 0 222 und unter https://ts-im-internet.de/ erreichbar. Eine Liste mit Hilfsangeboten findet sich auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention: https://www.suizidprophylaxe.de/