Ein Ziel des kindertageshospizlichen Angebots: Kindern ein Lächeln ins Gesicht zaubern. So zum Beispiel bei der Einweihung der neuen Räume mit bunten Luftballontieren. Fotos: Alexander Becher
Backnang. Mal kurz zum Friseur, auf einen Kaffee mit Freunden, einen eigenen Arzttermin wahrnehmen oder auch nur Papierkram in Ruhe erledigen – viele alltägliche Dinge werden besonders für Eltern zur Herausforderung, die Kinder mit lebensverkürzender Erkrankung haben. Hier sollen die neuen tageshospizlichen Angebote für Kinder und Jugendliche im Backnanger Hospiz nun für etwas Erleichterung sorgen. „Die Eltern machen sich Gedanken um ihren Job, die Geschwisterkinder, den großen bürokratischen Aspekt wie Anträge und Widersprüche einreichen. Und über allem steht die Sorge um das erkrankte Kind“, sagt Gaby Hammer, Koordinatorin des Kinder- und Jugendhospizdiensts Pusteblume. Gleichzeitig sollen die erkrankten Kinder und Jugendlichen einen Ort erhalten, an dem sie einfach eine schöne Zeit verbringen können mit Spielen, Basteln und mehr.
Im Frühjahr erweiterte die Hospizstiftung Rems-Murr mit einem neuen Stockwerk auch ihre Angebote. Neben einem Tageshospiz für Erwachsene, das bereits seit April betrieben wird, sollen nun auch die tageshospizlichen Angebote für Kinder und Jugendliche starten. „Das war eine fast unendliche Geschichte“, sagt Heinz Franke zu den Hintergründen für die Verzögerung bei den Angeboten für Kinder. „Wir sind zwischen ambulant und stationär. Für Kinder gibt es das so bisher noch nicht“, betont Franke das Alleinstellungsmerkmal des neuen Angebots.
Das war es allerdings auch, was dazu führte, dass dem Projekt einige Steine im Weg lagen. Denn weil es in Baden-Württemberg bisher kein Tageshospiz für Kinder gibt, das nicht an ein stationäres Kinderhospiz angegliedert ist, fehlt den Krankenkassen die Grundlage für eine Finanzierung. Die Kassen orientieren sich lediglich an den Rahmenrichtlinien für stationäre Kinderhospize. Diese allerdings geben vor, dass mindestens acht Plätze angeboten werden müssen. Aber so viele betroffene Kinder gibt es im Rems-Murr-Kreis gar nicht, die für ein Kindertageshospiz infrage kommen, erklärt Franke. „Wenn ich das akzeptiert hätte, wären wir ganz schnell bankrott.“ Immer wieder habe man seit der Fertigstellung der neuen Räume das Gespräch mit den Kassen gesucht, das Ergebnis blieb unbefriedigend.
Die Angebote im Kindertageshospiz sind nur durch Spenden möglich
„Wir starten nun trotzdem im kleinen Rahmen mit den kindertageshospizlichen Angeboten – und tragen das komplett aus eigenen Mitteln“, so Franke. Das heißt: aus Spenden. Losgehen soll es mit einem Tag pro Woche, aktuell mittwochs, an dem zwei Kinder die Angebote des Tageshospizes nutzen können. Wichtig ist es den Verantwortlichen, betroffenen Familien das Angebot kostenfrei zur Verfügung zu stellen. „Das Budget der Familien ist oft bereits ausgeschöpft“, berichtet Gaby Hammer.
Die Spenden von BKZ-Leser helfen sollen zum einen in der nun schwierigen Anfangsphase helfen, laufende Kosten zu decken. Bezahlt werden muss nämlich die neue Palliativfachkraft speziell für Kinder und Jugendliche, ebenso fallen Kosten an für die Fortbildung und Supervision der zahlreichen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer. „Die Arbeit hier macht was mit den Ehrenamtlichen“, sagt Hammer. Damit die Ehrenamtlichen möglichst lange dabeibleiben, müsse die oft belastende Arbeit auch langfristig tragbar sein.
Neben diesen laufenden Betriebskosten gibt es noch weitere Dinge, die in den neuen Räumlichkeiten fehlen. „Es ist wichtig, dass wir das passende Material für die Kinder dahaben, um ihnen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern“, sagt Hammer. Was genau für die Kinder noch benötigt wird, das müsse sich dann auch im Betrieb zeigen. Je nachdem, was von den Betroffenen stark genutzt oder extra nachgefragt wird. „Vieles ist noch im Entstehen“, sagt Hammer. Zum Beispiel fehlt es aktuell noch an Ausrüstung für die neue Dachterrasse. Hammer könnte sich hier neben Sitz- und Liegemöglichkeiten auch ein Wasserspiel oder Ähnliches für die Kinder vorstellen, um im Sommer eine schöne Zeit in der frischen Luft verbringen zu können.
Seit fast 20 Jahren begleitet das Team des Kinder- und Jugendhospizdiensts Pusteblume nun Familien im Rems-Murr-Kreis. Die ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen helfen, wenn Kinder oder Jugendliche selbst oder nahe Angehörige von einer lebensverkürzenden Krankheit betroffen sind, ebenso, wenn ein Elternteil verstorben ist. Das Tageshospiz für Kinder ist nun das neueste Angebot. Einige der bereits betreuten Familien hätten gespannt auf die Eröffnung gewartet, berichtet Gaby Hammer. Und auch sonst laufen aktuell Gespräche mit interessierten Familien. Denn bevor die Kinder als Gast ins Tageshospiz kommen können, muss vieles geklärt werden: Welche pflegerischen Tätigkeiten werden anfallen ? Gibt es Restriktionen bei der Ernährung? Welche Medikamente sollten gegeben werden?
Die Verantwortlichen hoffen auf ein Umdenken der Krankenkassen
Wie genau die Betreuung dann aussieht, das hänge stark von der Erkrankung der Kinder ab, so Gaby Hammer. Zum Teil wird gebastelt, gemalt oder mit Playmobil gespielt, zum Teil rennen die Kinder – oder fahren mit dem Rollstuhl – auch in den breiten Gängen des Tageshospizes hin und her. Auch zur Ruhe kommen können sie im Snoezelenraum, der gemeinsam mit dem Tageshospiz für Erwachsene genutzt wird und in dem ein Wasserbett, einige indirekte Lichtgestaltungen und leise Musik für Beruhigung sorgen. Langfristiges Ziel sei es, das Kindertageshospiz täglich anbieten zu können. So hätten Eltern auch die Möglichkeit, die Angebote etwas spontaner anzunehmen. Zum Beispiel wenn die Integrationskraft unerwartet ausfällt und das Kind dann nicht zur Schule oder in den Kindergarten gehen kann. „In solchen Fällen müssen Eltern oft alles andere über den Haufen werfen“, weiß Gaby Hammer. Anstatt mit dem Kind dann zu Hause zu bleiben – und nicht zur Arbeit zu gehen – oder es gar selbst in die Schule zu begleiten, wäre eine Unterbringung im Tageshospiz eine Entlastung für die Eltern. „Wenn die Eltern irgendwann nicht mehr können, müssen die Kinder stationär betreut werden. Ein großer Wunsch ist es, dass die Kassen erkennen, dass es langfristig für alle besser ist, die Ressourcen der Familien zu schützen.“ Bis dahin helfen Spenden, das Angebot zu finanzieren.