Schwerer Start für Pfandbecher

Bäckermeister Uwe Füssenhäuser aus Waiblingen-Beinstein ist trotz der Rückschläge von Recup überzeugt – Die Ketten haben eigene Mehrwegsysteme

Schwerer Start für Pfandbecher

Uwe Füssenhäuser bietet beides: Den Recup-Mehrwegbecher (links) und den halbwegs umweltschonenden Einwegbecher aus Maisstärke. Foto: A. Palmizi

Von Andreas Kölbl

WAIBLINGEN. Auf den praktischen Kaffee zum Mitnehmen wollen viele Kunden von Cafés und Bäckereien nicht mehr verzichten. Jedes Jahr werden allein in Deutschland mehr als 2,8 Milliarden Coffee-to-go-Becher verbraucht. Ein gewaltiger Müllberg, der mithilfe von Mehrwegsystemen verkleinert werden soll. Bäckermeister Uwe Füssenhäuser, Inhaber von „Uwes Backstube“ in Beinstein, zählt zum Häuflein der Vertreter von Recup-Pfandbechern und hält daran fest, obwohl er damit auch negative Erfahrungen gemacht hat. Die Kollegen in den Bäckereiketten setzten hingegen auf eigene Mehrweglösungen. Der Chef von Uwes Backstube gehört im Rems-Murr-Kreis zu den Vorreitern des vom Landratsamt gemeinsam mit dem Münchner Start-up-Unternehmen Recup initiierten Pfandsystems. Obwohl dieses sich im Remstal schleppend durchsetzt, hält er als Überzeugungstäter daran fest. Anfangs setzte er sogar voll auf Recup und verbannte alle Einwegbecher aus dem Laden, „der Umwelt zuliebe“. Das schmeckte nicht allen Kaffeetrinkern, denn beim erstmaligen Kauf mussten sie einen Euro Pfand zahlen. Das verärgerte manche so sehr, dass sie schimpfend die Bäckerei verließen und auch sonst nichts kauften. „Mich seht ihr nie wieder“, verabschiedete sich einer. Nach einem halben Jahr schließlich lenkte Füssenhäuser entgegen seiner Überzeugung ein und lässt den Kunden nun die Wahl zwischen Einweg und Mehrweg. Bei der Einwegvariante entschied er sich für Becher aus Maisstärke. Als Lockmittel bietet er aus eigenem Antrieb für fünf Mitnehmkaffees einen Pfandbecher gratis. 400 Nutzer konnte er bislang gewinnen – das ist nicht nichts, aber auch nicht die Welt. Der Anteil der Einwegbecher ist ungleich größer. Weil das System auch davon lebt, dass es möglichst viele Abgabestellen gibt, freut sich Füssenhäuser, der monatlich 30 Euro Beteiligungsgebühr zahlt, über jeden neuen Precup-Partner in der Nähe, der von der App angezeigt wird. Während für Stuttgart mehr als 80 Standorte registriert sind, bringt es der Rems-Murr-Kreis nur auf etwa ein Dutzend.

Wegen der Recup-Becher bekam Uwes Backstube schon Besuch vom Privatsender Sat1. In der gleichen Sendung wurde das gelungene Beispiel eines Stuttgarter Getränkehändlers gezeigt, der durch den Verzicht auf Plastikflaschen und die vollständige Rückkehr zu Glas sogar Kunden gewann. Aber der Getränkehändler hat einen Vorteil: Er kann auf ein seit Jahrzehnten etabliertes System bauen. Recup dagegen ist eine Neuerfindung, die 2017 gestartet ist und immerhin 3500 Ausgabestellen deutschlandweit nennt.

Vor einem Jahr lud der Landkreis zum runden Tisch, um Betreibern von Cafés und Bäckereien die Idee näherzubringen. Mit bescheidenem Erfolg. In Waiblingen ist laut Recup-App außerdem noch die Kaffeerösterei Caffè Pilu im Boot, in Stetten die Bäckerei Bach-Bäck und der Bäcker Grau im Rewe, der Café-Anhänger auf dem Wochenmarkt sowie in Winnenden das Café Glückskind und die BioBäckerei Weber. Die Bäckereiketten der Umgebung setzen auf eigene Pfandsysteme, die teils schon länger bestehen, so etwa die Bäckerei Mildenberger: „Wir haben schon seit zwei Jahren einen Mehrwegbecher, den wir zum Selbstkostenpreis an die Kunden verkaufen“, sagt Friedrich Mildenberger. Diesen Becher könnten die Kunden in allen Filialen befüllen lassen. Da auf diese Weise bei der Ausgabe ein Becher gespart wird, geht dieser Vorteil als Rabatt an den Kunden. Recup-Becher hat Mildenberger nicht im Einsatz. Ähnlich verhält es sich bei der Bäckerei Maurer: Die Filialen haben Mehrwegbecher aus 70 Prozent Bambusfasern und Maisstärke im Sortiment, welche die Kunden kaufen können. Bewusst wurden Becher mit entsprechender Konformitätserklärung und einem Prüfbericht vom Tüv Rheinland gewählt. Tobias Maurer lässt auch Recup-Becher sowie andere gereinigte Mehrwegbecher, die von Kunden mitgebracht werden, befüllen. „Unsere Kunden können selbst entscheiden, aus welchem Becher sie ihren Kaffee trinken wollen.“ Mit Recup habe sich die Großbäckerei gründlich befasst – und mit mehreren Partnern ausgetauscht, die das System aus unterschiedlichen Gründen wieder verlassen hätten. Wenn Kunden mit einem Mehrwegbecher in die Maurer-Bäckereien und -Cafés kommen, gäben diese den gesparten Betrag für Pappbecher an die Kunden gerne weiter. Bäckermeister Maurer: „Das bedeutet, dass dann Cappuccino und Co. zehn Cent weniger kosten.“ Ebenso können Recup-Teilnehmer ihren Kaffee bei einer der 20 Filialen der Bäckerei Schöllkopf holen, obwohl sie nicht beim Pfandsystem mitmachen. Kurz vor dem Start von Recup im Rems-Murr-Kreis habe die Kette mit dem Aufbau eines eigenen Systems begonnen, das Bäckermeister Hermann Schöllkopf auch weiterhin für praktikabler hält.