Sicher mit dem E-Bike unterwegs

Der Trend zum motorisierten Fahrrad hält an – Das Backnanger Seniorenbüro bietet ein Fahrtraining zur richtigen Handhabung

Immer mehr ältere Menschen nutzen Elektrofahrräder. Weil sie aber oftmals im Radfahren ungeübt sind und von der Schnelligkeit der E-Bikes überrascht werden, erhöht sich das Unfallrisiko damit auch. Um dem vorzubeugen, haben das Backnanger Seniorenbüro und der ADFC ein Fahrtraining angeboten.

Sicher mit dem E-Bike unterwegs

Mit dem E-Bike unterwegs zu sein, birgt so manche Gefahr. Das Backnanger Seniorenbüro hat deshalb eine Übungsfahrt angeboten, bei der Eigenheiten des Rads erklärt wurden. Foto: J. Fiedler

Von Lorena Greppo

BACKNANG. Radfahren verlernt man nicht? „Das ist Käse“, sagt Jürgen Ehrmann vom ADFC Backnang. Das Geschick beim Lenken, das Gefühl für die eigene Geschwindigkeit, die richtige Wahl der Gänge – all das braucht Übung. „Und wenn Sie dann noch einen Motor haben, mit dem Sie hohe Geschwindigkeit erreichen, dann scheppert’s schnell mal“, weiß Ehrmann. Damit sie das nach Möglichkeit vermeiden, bringt er der zehnköpfigen Seniorengruppe bei, wie sie ihre E-Bikes und Pedelecs richtig handhaben. Unterstützt wird er von Fahrradgeschäftsinhaber Karlheinz Wöhrle und Harald Hildenbrandt vom Backnanger Seniorenbüro.

Im November hatte bereits ein Vortrag zur Handhabung von Pedelecs und E-Bikes stattgefunden. Die praktische Übung musste auf besseres Wetter warten. Bevor es mit der Ausfahrt und den Übungen losgeht, sind aber noch einige allgemeine Tipps angebracht: Ist der Sattel richtig eingestellt? Ist der Motor an? Denn auch wenn man noch ohne Unterstützung fahren will, sollte das Display aktiviert sein, sonst könne später eine Fehlermeldung erscheinen. Stadtrat Karl Scheib, der ebenfalls am Fahrtraining teilnimmt, hat als Arzt schon viele Verletzungen durch Unfälle erlebt. Er hat deshalb angeregt, dass es das Fahrtraining für Senioren gibt, und findet: „Eigentlich sollte das für alle E-Bike-Fahrer verpflichtend sein.“ Bevor es losgeht, ist ihm besonders wichtig, dass alle Teilnehmer einen gut sitzenden Helm tragen. Jürgen Ehrmann regt zudem an, sich über eine Haftpflichtversicherung Gedanken zu machen.

Als alle Formalitäten geklärt sind, geht es von der Backnanger Innenstadt in Richtung Pfaffenrinne. Das viele Halten und wieder Anfahren auf dem Weg zum Freibad sei fürs E-Bike gar nicht gut, merkt Karlheinz Wöhrle an. „Das braucht viel Strom.“ Er rät dazu, nach Möglichkeit in den Eco-Modus, also die niedrigste Antriebsstufe, zu schalten. Denn die Kraft, die hinter der Turbo-Einstellung, der höchsten Antriebsstufe, steckt, kann gerade im Stadtverkehr gefährlich werden. „Wenn man die Hand vom Lenker nimmt, um Abbiegen zu signalisieren, und gleichzeitig antritt, verreißt es einem den Lenker.“ Er empfiehlt eine stärkere Unterstützung durch den Motor dann, wenn die Strecke steil und das Treten in die Pedale mühsam wird.

Um der Schnelligkeit wegen den Turbo einzuschalten, das kommt den meisten Teilnehmern gar nicht in den Sinn. Für sie ist das E-Bike ein Stück Lebensqualität. „Wir müssen doch nichts mehr beweisen, uns geht es nur darum, beim Radfahren Spaß zu haben“, sagt Hellmut Seiler. Er und seine Frau Eva haben sich vor Kurzem die motorisierten Räder zugelegt. Etwa 50 Kilometer haben sie seitdem erst zurückgelegt. Zuvor seien sie etwa acht Jahre nicht mehr Rad gefahren. „Wir wohnen in Waldrems, da gibt es einige Steigungen“, erklärt er. Diese seien mit dem E-Bike viel besser zu bewältigen. Vom Fahrtraining habe ihnen Harald Hildenbrandt erzählt.

Über die richtige Einstellung wird viel gefachsimpelt

Renate und Gerhard Löffler aus Waiblingen haben aus der Zeitung davon erfahren. Sie bezeichnen sich als erfahrene Anfänger. Sie seien öfters mit dem Fahrrad unterwegs. „Meine Frau ist manchmal nicht so gut mitgekommen“, erklärt Gerhard Löffler. Deshalb haben sich beide nun E-Bikes besorgt. „So können wir auch mal eine längere Strecke fahren.“ Das Fahrtraining machen sie mit, um mehr Sicherheit zu haben. „Ich habe noch ein paar Probleme mit dem Anfahren am Berg“, verrät Renate Löffler.

Das wird nach der Ankunft im Biotop Pfaffenrinne dann auch geübt. Dafür herhalten muss der kurze, kurvige und steile Streckenabschnitt, der unter der Kreisstraße nach Steinbach hindurch-führt. Ehrmann und Wöhrle weisen an: Niedrigen Gang einlegen und ausprobieren, wie viel Unterstützung nötig ist. Gesagt, getan. Mühelos und verhältnismäßig flott meistern die Teilnehmer den Anstieg – um oben über die richtige Einstellung zu fachsimpeln. Manch einer hat das ganze Stück im Eco-Modus geschafft, andere haben vor allem am steilsten Streckenteil ein wenig mehr Motorunterstützung eingesetzt. „Dafür muss man ein Gefühl bekommen“, weiß Ehrmann. Er rät deshalb dazu, viel auszuprobieren, in Ruhe und ohne Druck.

Die nächste Übung testet das Fahrgeschick der Teilnehmer: Bergab sollen sie in eine enge Kurve fahren. Da sind die Bremsen gefragt, nur kein unnötiges Risiko eingehen. Denn ein E-Bike ist um einiges schwerer und sperriger als ein normales Fahrrad. Unebener Untergrund lässt die Teilnehmer zusätzlich Vorsicht walten. Die zaghafteren unter den Radfahrern fahren einen großen Bogen, die mutigeren nehmen die Kurven enger. Anfahren an einem steilen Streckenstück, von höherer Geschwindigkeit bis zum Stillstand abbremsen – die Übungsleiter testen die Teilnehmer auf Herz und Nieren. Trotz elektrischer Unterstützung kommen die Radfahrer bei den sommerlichen Temperaturen ins Schwitzen. „Viel, viel üben“, ist Jürgen Ehrmanns abschließender Rat an seine Gruppe.

So ein Fahrtraining könnte man regelmäßig anbieten, weiß auch Harald Hildenbrandt. „Das Interesse ist da.“ Im Moment sei das größte Problem des Seniorenbüros aber, überhaupt Leihräder dafür zu bekommen. Denn auch in den Fahrradgeschäften sind die E-Bikes überaus gefragt.