„Sie werden absolut nichts riechen“

Proteste gegen geplantes Tierkrematorium in Korb – Betreiber beschwichtigt die Bürger

Großer Aufruhr herrscht im Korber Gewerbegebiet „Unteres Gewässer“: Als bekannt wurde, dass in der Boschstraße ein Tierkrematorium ansiedeln möchte, hat sich eine Bürgerinitiative formiert. Sie verteilt Flugblätter, befürchtet einen „erheblichen Imageschaden“, viel Verkehr und Gestank durch tonnenweise verbrannte Kadaver. Ein Besuch im Tierkrematorium des Betreibers in Remseck bestätigt dieses Horrorszenario nicht.

„Sie werden absolut nichts riechen“

Sie wollen den Korber Bürgern die Angst vor dem geplanten Tierkrematorium nehmen: Daniela Seiz und Walter Rupff. Foto: Palmizi

Von Sebastian Striebich

KORB/REMSECK. Wer das Tierkrematorium im Gewerbegebiet Remseck-Aldingen betritt, könnte meinen, er hat sich in den Laden eines Kunsthandwerkers verirrt. Viele kleine Tonskulpturen und andere Schmuckstücke – meist Hunde und Katzen – stehen in den Regalen. Überwiegend sind das Urnen, in denen trauernde Tierliebhaber die Asche ihrer toten Haustiere mit nach Hause nehmen können. Das lassen diese sich zwischen 128 und 460 Euro kosten. Auf dem Tischchen in einer Sitzecke steht eine Box mit Taschentüchern. Denn täglich fließen hier Tränen. Geschäftsführer Walter Rupff weiß, wie eng die Bindung der Frauchen und Herrchen zu ihren Tieren ist: „Viele wollen ihren langjährigen Partner bis ganz zum Schluss begleiten.“ Seit 13 Jahren betreibt der 62-Jährige das Tierkrematorium im Gewerbegebiet Remseck-Aldingen. Nun bahnt sich ein Generationenwechsel an. Zwar wird Rupff sein Krematorium noch ein paar Jahre lang weiterführen. Das neue, etwas größere Krematorium in Korb soll aber die 29-jährige Daniela Seiz leiten.

Doch in Korb regt sich Widerstand. Anlieger befürchten Gestank, Verkehr und einen „erheblichen Imageschaden“. CDU und Freie Wähler haben den Antrag gestellt, die Verwaltung möge alles in ihrer Macht Stehende tun, die Ansiedlung in der Boschstraße zu verhindern. Der Antrag ist Thema in der Gemeinderatssitzung. Die Alarmglocken der Korber läuteten, als das zuständige Landratsamt im Mitteilungsblatt bekannt gab, dass in Korb bald bis zu zehn Tonnen tote Tiere am Tag verbrannt werden dürfen.

Von dieser Maximalmenge sei das geplante Krematorium meilenweit entfernt, beteuern Daniela Seiz und Walter Rupff. Zum Vergleich: In Remseck seien im ganzen vergangenen Jahr insgesamt 78 Tonnen Haustiere eingeäschert worden – und viel größer soll die Korber Anlage nicht werden.

Der Unterschied liegt vor allem in der Bezeichnung: Es handelt sich in Remseck um eine „Verbrennungsanlage mit niedriger Kapazität“. Maximal dürfen hier umgerechnet 49 Kilogramm pro Stunde verbrannt werden (tatsächlich sind es laut Betreiber zirka 30 Kilogramm). Für Korb hat die Tieba AG einen Antrag für eine „Verbrennungsanlage mit hoher Kapazität“ gestellt. Das war laut Rupff wegen einer geänderten Richtlinie notwendig: Einzelne Tierkörper dürfen in einem Krematorium mit niedriger Kapazität nicht schwerer als 49 Kilogramm sein. „Viele größere Hunde fallen darunter“, sagt Daniela Seiz.

Rauchschwaden im Wohngebiet? „Es gibt keinen Rauch“

In der Korber Anlage dürften bei Genehmigung künftig auch Haustiere mit mehr als 49 Kilogramm Gewicht eingeäschert werden. Auch sie hat allerdings nur zwei auf drei Meter Fläche und ist 2,70 Meter hoch. Zudem wird sie eine Mengenbegrenzung von 120 Kilogramm in der Stunde haben. „Wie wollen Sie da auf zehn Tonnen kommen?“, fragt Rupff rhetorisch. Er und Seiz gehen für Korb eher von einem Mittelwert von 50 Kilogramm pro Stunde aus, weil mitunter auch mehrere Haustiere zeitgleich eingeäschert werden. Betrieb ist in aller Regel zwischen 8 und 18 Uhr, nicht wie genehmigt bis 22 Uhr. „Und wir schieben auch nicht jede Stunde 120 Kilo nach. Wir sind ja keine Entsorger“, sagt Rupff. Werde beispielsweise eine Katze einzeln eingeäschert, sei die Anlage allein dafür eine halbe Stunde in Betrieb. Manchmal stehe sie auch stundenlang still.

Angeliefert werden die Tiere von den Besitzern selbst – oder ein Tieba-Mitarbeiter holt sie in einem kleinen Kombi bei den Haltern oder beim Tierarzt ab. Lastwagenladungen an Kadavern haben die Korber also auch nicht zu befürchten. Es gibt eine extra Annahmestelle, wo die Tiere direkt nach der Anlieferung gewogen und anschließend bei minus sieben Grad gelagert werden. „Wir unterliegen strengsten Hygienevorschriften“, sagt Walter Rupff.

Und was ist mit der Geruchsbelästigung durch Rauchschwaden, die es künftig auf die Terrassen der Korber im benachbarten Wohngebiet weht? „Es gibt keinen Rauch“, sagt Seiz. Auf dem Dach befinde sich zwar ein Kamin aus Edelstahl, aus diesem würden aber nur vorbehandelte, unsichtbare Rauchgase dringen. Rupff: „Sie werden nichts, absolut nichts, riechen.“ Die Haustiere würden bei 700 bis 1000 Grad verbrannt, die Rauchgase bei mindestens 850 Grad zwei Sekunden thermisch nachbehandelt. Weil das Krematorium strenge Grenzwerte einhalten muss, seien das Landratsamt und das Regierungspräsidium zuständig für die Genehmigung und nicht die Gemeinde Korb selbst. Ob Seiz und Rupff überrascht sind vom Protest der Anwohner? „Nein“, sagt Rupff. Schon als er in Remseck gebaut habe, seien Gegenstimmen laut geworden. Die Bedenken hätten sich aber in Luft aufgelöst. Daniela Seiz ist sicher: „Spätestens wenn das Krematorium steht, relativiert sich vieles.“ Rupff ergänzt: „Dann sieht man, dass man nichts sieht – und riecht.“