Stuttgart /AVE - Auch beim Stromeinkauf liegt vielen Verbrauchern die Umwelt am Herzen. Und die Auswahl ist groß: Mehr als 8000 Ökostromtarife von über 1000 Versorgern gibt es laut dem Preisportal Check 24. Wer allerdings grünen Strom beziehen und damit die Energiewende vorantreiben will, muss sehr genau hinsehen. Denn sehr viele Tarife bieten keinerlei Mehrwert für die Umwelt und dem Verbraucher maximal ein sanftes Ruhekissen für sein schlechtes Gewissen.
Doch wie findet man einen Ökostromtarif, der diesen Namen auch verdient?Einfache Antworten gibt es nicht, aber ein paar Leitplanken. So listet beispielsweise das Freiburger Ökoinstitut auf www.oekotopten.de empfehlenswerte Tarife auf. Eine relativ gute Orientierung geben den Verbrauchern zudem Ökostromlabels. Deshalb haben wir uns die verschiedenen Siegel einmal angesehen und geben einen Überblick.
Die verschiedenen Siegel legen sehr unterschiedliche Kriterien an, nach denen sie Tarife (selten ganze Anbieter) zertifizieren. Die einen stellen tatsächlich einen zusätzlichen Nutzen für die Umwelt sicher – die anderen dienen eher als Marketinginstrument. Die Vergabestellen der Zertifikate werden übrigens nicht von sich aus tätig, sondern nur auf Antrag eines Stromlieferanten. Es kann also auch Versorger geben, die Ökostrom ohne Gütesiegel anbieten, deren Tarif den Namen aber durchaus verdient. Man erkennt sie daran, dass sie sich konkret – im Zweifel vor Ort – engagieren und über ihr Engagement transparent berichten. Gegebenenfalls hilft es, beim Anbieter nachzufragen. Antwortet er, man könne den Einkauf aus Wettbewerbsgründen nicht offenlegen, ist Skepsis angebracht. Ein vertrauenswürdiger Ökostromlieferant macht seine Lieferbeziehungen und seine Förderpolitik transparent.
In Deutschland werden erneuerbare Energien über das EEG gefördert. Produzenten vonÖkostromerhalten in diesem System eine garantierte Vergütung für ihren Strom. In der Praxis geht das so, dass der grüne Strom am Markt verkauft wird. Der dort erzielte Preis liegt in aller Regel unter der garantierten Vergütung. Die Differenz zum garantierten Preis erhält der Produzent aus der sogenannten EEG-Umlage, die von den Stromkunden getragen werden muss. <img style="max-width:100%" src="//cdn.thinglink.me/api/image/1124678208948535298/1024/10/scaletowidth#tl-1124678208948535298;'" class="alwaysThinglink"/><script async charset="utf-8" src="//cdn.thinglink.me/jse/embed.js"></script>Mit diesem Vorgang ist die Ökoeigenschaft des Grünstroms separat vergütet, und der aus erneuerbaren Quellen erzeugte Strom darf nicht mehr als Ökostrom verkauft werden. Ökostrom, der als solcher an Verbraucher verkauft werden kann, kann also nur aus nicht geförderten Anlagen stammen.
In Deutschland liegt deren Anteil am Strommix gerade mal bei 3,2 Prozent, weswegen Grünstrom für Endkunden in der Regel importiert werden muss. Zu jeder nicht geförderten Kilowattstunde Ökostrom gehört ein sogenannter Herkunftsnachweis, mit dem die Ökoeigenschaft attestiert wird. Diese Nachweise (kurz HKN) können auch separat gehandelt werden – und das werden sie auch. In der Regel ist das der günstigste und ein oft genutzter Weg für einen Versorger, einen Ökostromtarif zu basteln: am Markt Strom einkaufen – auch aus Atom- oder Kohlekraftwerken – und dazu die passende Anzahl von HKN, die im Zweifel aus jahrzehntealten Wasserkraftwerken stammen. Zu einem Ausbau von erneuerbaren Energien führt das nicht.
Ökostromtarife mit Zusatznutzen – das versprechen im besten Falle Grünstromlabel. Sie garantieren zunächst einmal, dass für einen Ökostromtarif zu 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien eingekauft wird. Das erwähnen wir bei den einzelnen Labels nicht eigens, sondern setzen es jeweils voraus. Viel wichtiger ist, ob mit dem Tarif auch ein zusätzlicher Umweltnutzen verbunden ist – die Energiewende durch den Tarif also tatsächlich vorangetrieben wird. Konkret heißt das, dass entweder ein bestimmter Förderbetrag pro Kilowattstunde in den Ausbau erneuerbarer Energien fließen muss oder der Versorger garantiert, dass sein Ökostrom aus Anlagen stammt, die erst wenige Jahre alt sein dürfen. Bis zu welchem Alter Windmühlen oder Fotovoltaikmodule als Neuanlagen gelten und wie hoch der Förderbetrag mindestens sein muss, ist in den Kriterien festgelegt, die in seriösen Fällen regelmäßig überprüft werden und frei zugänglich veröffentlicht sind.
Oft steht dort auch noch Näheres dazu, welche Arten von Projekten gefördert werden dürfen. Die am weitesten gehenden Siegel verlangen zudem die Berücksichtigung sozialer Standards bei den Versorgern, schreiben faire Tarifbedingungen vor oder verbieten, dass ein Versorger in die Kohle- oder Atomindustrie involviert ist.
Gängig sind in Deutschland sieben Siegel. Wer wirklich etwas bewegen will, hat es am leichtesten, wenn er sich für einen Tarif entscheidet, der das Grüne-Strom-Label oder OK-Power-Label trägt. Beide werden von Verbraucherschützern empfohlen und listen auf ihren Seiten zertifizierte Versorger. Bei den Tüv-Siegeln muss man genau hinsehen, weil erstens eine hohe Verwechslungsgefahr besteht und zweitens unterschiedliche Niveaus angeboten werden, die nur mit sehr genauem Blick zu erkennen sind. Vorsicht ist außerdem bei den Siegeln von Klimainvest geboten: Nur in der Ausprägungen Ökostrom + und RE ist ein zusätzlicher Umweltnutzen gegeben. Dass das Unternehmen unserer Zeitung Auskünfte und ein Label zu Abbildungszwecken verweigerte mit dem Argument, ein Anbieter zu sein, der sich nur an Geschäftskunden wendet, wirft ebenfalls kein gutes Licht auf Klimainvest. Die Label werden schließlich immer von Versorgern gekauft.https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.gruenstromtarife-wie-oeko-ist-oekostrom.86ee0b6e-f442-4fc2-9a8a-8e2d37bdbf33.htmlhttps://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.der-grosse-strompreisvergleich-zurzeit-laesst-sich-beim-strom-ganz-besonders-viel-sparen.3c921d34-7bdc-44d6-ab0f-32ba146499f9.htmlhttps://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.energie-wird-teurer-enbw-erhoeht-strom-und-gaspreise.a28f99fb-b014-41e6-b45a-66267d8841d6.html