Statistiker nutzen neue Berechnung

Sinkt die Inflation wirklich?

Die Inflation schwächt sich ab, die Preissteigerungen fallen nicht mehr so stark aus. Ein Grund für Entwarnung ist das aber nicht, denn ein statistischer Effekt verzerrt das Bild.

Sinkt die Inflation wirklich?

Die Inflation schwächt sich ab, aber das Einkaufen wird dennoch teurer.

Von Imelda Flaig

Die Inflation sinkt – wenn das keine gute Nachricht ist. Im Alltag spüren die Verbraucher das aber kaum. Warum eigentlich?

Laut jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamtes ist die Inflationsrate im März auf 7,4 Prozent (nach 8,7 Prozent im Februar) gefallen. Das klingt viel, macht sich aber im Portemonnaie kaum bemerkbar, weil statistische Effekte das Bild verzerren.

Der Vorjahresvergleich

Die Teuerungsrate wird üblicherweise im Vergleich zum Vorjahr angegeben. Nach Beginn des Ukrainekrieges am 24. Februar 2022 sind die Energiepreise geradezu explodiert und haben die Inflation kräftig angeheizt. Damit lässt sich erklären, warum die Preise im Januar und Februar 2023 deutlich höher lagen als im Januar und Februar 2022.

Seit März diesen Jahres gilt das erhöhte Preisniveau als Vergleichsgrundlage, um die Teuerungsrate zu berechnen. Dieser so genannte Basiseffekt sorgt dafür, dass die Inflationsrate insgesamt niedriger ist. Außerdem schlagen sich auch die staatlichen Gas- und Strompreisbremsen nieder, die rückwirkend seit 1. März gelten.

Neues Basisjahr

Auch die Neuberechnung des Verbraucherindex, aus dem sich die Inflationsrate ergibt, verzerrt das Bild. Das bisherige Basisjahr war 2015, jetzt wurde es auf das Jahr 2020 umgestellt. Für den Jahresdurchschnitt 2022 kommt das Statistikamt damit auf 6,9 Prozent Inflation, zuvor waren es 7,9 Prozent.

Auch der für die Berechnung der Teuerungsrate zugrunde liegende Warenkorb wurde neu gewichtet. Im Warenkorb sind rund 700 Güter und Dienstleistungen, die den gesamten Konsum der Privathaushalte spiegeln, aber unterschiedlich gewichtet sind – das reicht von Nahrungsmitteln über Schuhe, Bekleidung und Kinobesuch bis zur Wohnungsmiete.

Neu gewichteter Warenkorb

Die Produkte, die im Warenkorb sind, werden laufend aktualisiert, um mit der Lebensrealität mithalten zu können. Wie die Produkte gewichtet werden, wird nur alle fünf Jahre aktualisiert. Bei der jetzigen Überarbeitung hat Wohnen ein geringeres Gewicht bekommen. Zum Posten Wohnen gehören etwa Mieten, Ausgaben für selbst genutztes Wohnen und Haushaltsenergie. Dass dieser Posten geringer gewichtet wird, klingt nicht gerade logisch, denn seit einem Jahr ist Energie deutlich teurer geworden.

Andere Bereiche dagegen bekamen mehr Gewicht – etwa Nahrungsmittel. Aber deren Preise haben – zumindest statistisch betrachtet – nicht so massiv zu gelegt wie die Energiepreise. Auch dem veränderten Konsumverhalten wurde Rechnung getragen, so sind auch Milchalternativen wie Soja- oder Reisdrinks im Warenkorb aufgeführt. Auch die zunehmende Digitalisierung und der demografische Wandel schlagen sich dabei nieder. So wird laut Statistischem Bundesamt nun beispielsweise auch die Preisentwicklung von Smartwatches, Fitnesstrackern und ähnlichen Produkten, aber auch von Geh- und Alltagshilfen veröffentlicht.

Persönlicher Inflationsrechner beim Statistischen Bundesamt

Die neue Gewichtung basiert auf Werten der Jahre 2019 und 2021. Der Mittelwert wurde genommen, weil das Jahr 2020 wegen der Coronapandemie untypisch für das Verbraucherverhalten war. Die hohen Preise von 2022 sind noch gar nicht berücksichtigt. Die Folge: Die Inflationsrate fällt aufgrund der neuen Berechnung niedriger aus.

Da jeder Haushalt anders wirtschaftet und unterschiedliche Ausgaben hat, kann die persönliche Teuerung vom Durchschnitt abweichen. Zur Berechnung der persönlichen Inflationsrate kann dieser Rechner des Statistischen Bundesamtes genutzt werden.