Skandal um Seniorenresidenz in Kanada: 31 Tote

dpa Montréal. Die Zustände zeigen ein grauenhaftes Bild: In einem kanadischen Seniorenheim wurden die Bewohner inmitten der Corona-Krise weitesgehend sich selbst überlassen. Die Behörden ermitteln.

Skandal um Seniorenresidenz in Kanada: 31 Tote

Nur eine Krankenschwester und zwei Pfleger sollen sich um 130 Bewohner in einer Seniorenresidenz gekümmert haben (Archiv). Foto: picture alliance / dpa/Archivbild

Eine Seniorenresidenz bei Montréal ist nach dem Tod von 31 Bewohnern innerhalb weniger Wochen in der Coronavirus-Krise im kanadischen Québec in den Fokus gerückt.

Im Laufe der vergangenen drei Wochen kamen immer mehr erschreckende Details über Missstände in dem privaten Altenheim Herron in Dorval ans Licht. Fast alle Pflegekräfte hatten das Heim verlassen, als Vertreter der lokalen Gesundheitsbehörden Ende März dort eintrafen. Aus einer Sammelklage geht hervor, dass sich zuletzt eine Krankenschwester und zwei Pfleger um 130 Bewohner gekümmert haben sollen. Die Polizei und das Gesundheitsministerium ermitteln.

Am 26. März war ein Bewohner in ein Krankenhaus eingeliefert worden, wo er positiv auf das neuartige Coronavirus getestet wurde und starb. In der Folge versuchte die lokale Gesundheitsbehörde, Zugang zu dem Heim zu bekommen. Erst am 10. April stellte sich heraus, dass seit dem 13. März 31 Menschen in dem Heim gestorben waren, wie der Premierminister von Québec, Francois Legault, erklärte. Mindestens fünf der Toten waren mit dem Coronavirus infiziert. Die Todesursache der 26 anderen ist weiter unklar. Legault sprach mit Blick auf das Altenheim von „grober Fahrlässigkeit“, wie lokale Medien berichteten.

Eine am Freitag eingereichte Sammelklage zeichnet ein verstörendes Bild über die Umstände in dem Heim. „Die Bewohner wurden unter völlig unmenschlichen Bedingungen gefunden: Einige waren entkleidet, stark unterernährt, dehydriert, ohne ihre Medikamente und wurden in ihren Fäkalien und Urin zurückgelassen, wodurch ein Geruch entstand, der sich durch die Einrichtung zog“, heißt es darin.

Von 99 verbleibenden Herron-Bewohnern seien 61 positiv auf das Coronavirus getestet worden, erklärte die Gesundheitsbehörde CIUSSS am Sonntag auf Anfrage. Einige Testergebnisse stünden noch aus. Québec ist in absoluten Zahlen die Provinz, die in Kanada am stärksten von der Corona-Pandemie betroffen ist. Nach offiziellen Angaben gibt es dort mehr als 17.500 nachgewiesene Infektionen, 805 Menschen starben in der Folge.