Sonnenstunden für die Seele

Die Beschäftigten der Reha-Werkstatt Backnang legen einen Achtsamkeitspfad für Menschen mit psychischer Beeinträchtigung an.

Sonnenstunden für die Seele

Die Paulinenpflege-Mitarbeiter Goran Duic und Annemarie Haisch sowie die Reha-Beschäftigten Khamaies M. Hedhbi und Heike Müller (von links) pflegen und gestalten den Park. Foto: Paulinenpflege

BACKNANG (pm). Schon seit Anfang 2018 gibt es für Menschen mit psychischer Beeinträchtigung in der Reha-Werkstatt Backnang sogenannte Sonnenstunden. Damals konnte dank Spendengeldern eine Kunsttherapeutin engagiert werden, die aus den Beschäftigten Kreativität herauskitzelt und weiter fördert. Dabei entstehen größere und kleinere Kunstwerke, die dann die Werkstattwände der Paulinenpflege bunter machen und zu einem besseren Arbeitsklima in den Arbeitsgruppen beitragen. Zugleich sind diese kreativen Sonnenstunden, die alle zwei Wochen stattfinden, eine kleine Auszeit für die künstlerisch tätigen Beschäftigten der Reha-Werkstatt. Beim Malen fällt es ihnen leichter, eigene Gefühle auszudrücken.

Letztes Jahr gab Sonnenstunden-Ideengeber und Arbeitserzieher Goran Duic den Impuls für einen weiteren Projektbaustein: „Wir haben uns überlegt, dass wir den Grünstreifen und Garten hinter unserer Werkstatt so gestalten, dass daraus eine kleine Ruheoase wird und er somit besser genutzt werden kann.“ Gemeinsam mit seinem Kollegen und Gärtnermeister Klaus Frohna hat er mit den Planungen für einen Achtsamkeitspfad begonnen.

Als Erstes wurden die Garten- und Landschaftsgärtner des Berufsbildungswerks der Paulinenpflege Winnenden beauftragt, mithilfe von Steinplatten einen Pfad durch den Rasen zu legen. Danach war dann die Sonnenstunden-Künstlertruppe dran: Die kreativen Beschäftigten verzierten die am Pfad verteilten U-Steine mit Bruchfliesen.

„Das sind kleine Ausruhpunkte, die unsere Beschäftigten zum Erholen einladen sollen. Wenn die Schafferinnen und Schaffer in meiner Arbeitsgruppe angespannt und unkonzentriert werden, reichen oft ein paar Minuten am Achtsamkeitspfad, um wieder ruhig zu werden“, erzählt Arbeitsgruppenleiterin Annemarie Haisch, die inzwischen für die Pflege und Weiterentwicklung des Pfads zuständig ist. Vor Kurzem wurde auch ein Klangspiel installiert. Vorangetrieben wurde das Projekt auch von Praktikantin Nicole Peter, die in der Werkstatt ihren Freiwilligendienst absolviert hat. Um die Beschäftigten zum Mitmachen zu motivieren, hat Annemarie Haisch einen kleinen Trick: „Meist ist es wichtig, dass wir als Mitarbeiterinnen an einem Eck des Pfads anfangen, etwas zu werkeln, dann werden wir kurz beobachtet und schon stoßen erste Beschäftigte dazu und bringen ihre Ideen mit ein. Das ist wichtig, denn schließlich soll das vor allem ihr Pfad sein.“ Gerade werden zum Beispiel Steine zum Einfassen der Blumeninsel bunt bemalt.

Ein weiteres Highlight am Pfad ist ein Kunstwerk von Kettensägenkünstler Karl-Heinz Gruber aus Unterbrüden. Aus einem Baumstamm hat er ein Herz gesägt, das von zwei Händen gehalten wird. „Unsere Menschen mit psychischer Beeinträchtigung waren ganz begeistert als Zuschauer dabei und haben gestaunt, was aus einem Baumstamm werden kann. Es kam zu guten Gesprächen ohne Berührungsängste und so hat Karl-Heinz Gruber unsere Leute nebenbei richtig gut kennengelernt.“

Das Ergebnis dieses gegenseitigen Kennenlernens war ein zweites Kunstwerk: zwei haltende Hände, die jetzt den Eingangsbereich der Reha-Werkstatt schmücken. „Unsere Beschäftigten haben den Künstler inspiriert und er hat das herausgearbeitet, was uns hier sehr wichtig ist: sich gegenseitig halten und einander helfen. Anders wäre unsere Arbeit hier nicht möglich“, freut sich Reha-Werkstattleiter Reiner Walther über dieses ganz besondere Holzkunstwerk.