Keine schnelle Rückkehr zur Normalität nach Ostern

dpa/lsw Stuttgart. Wird nach Ostern alles wieder besser? Die Regierung in Baden-Württemberg wiegelt ab - zu unsicher sind ihr die bisherigen Zahlen zum Coronavirus. Es gibt allenfalls Lichtblicke.

Keine schnelle Rückkehr zur Normalität nach Ostern

Jens Spahn (r, CDU) und Winfired Kretschmann (Grüne) bei der Videokonferenz. Foto: Jana Hoeffner/Staatsministerium Stuttgart/dpa

Seit Tagen ist das öffentliche Leben in Baden-Württemberg wegen des Coronavirus lahmgelegt - eine schnelle Rückkehr zur Normalität wird es nach Ostern nicht geben. Sowohl Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) als auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erklärten am Dienstag in Stuttgart, dass es allenfalls eine schrittweise Lockerung der Einschränkungen geben könne - wann und wie, sei aber noch unklar. Kretschmann sagte: „Eine Entwarnung kann noch nicht gegeben werden.“ Spahn, der an der Sitzung der grün-schwarzen Regierung teilnahm, sah Deutschland nach wie vor erst am Anfang der Pandemie.

Die gute Nachricht: Der Anstieg der Corona-Infektionen hat sich auch in Baden-Württemberg verlangsamt. Zu Beginn der Schulschließungen am 17. März habe sich die Zahl der Infizierten innerhalb von 2,6 Tagen verdoppelt, erklärte Kretschmann. Jetzt liege dieser Zeitraum bei etwa 10,5 Tagen. Die Verlangsamung verschaffe dem Land Zeit, um das Gesundheitssystem vorzubereiten. Die Zahl der Betten mit Beatmungsmöglichkeiten sei von rund 2200 auf jetzt fast 2800 angehoben worden - die Zielmarke für Ende April liege bei 3800. Mittelfristig soll es nach den Worten von Sozialminister Manne Lucha (Grüne) 5000 Betten im Südwesten mit Beatmungsmöglichkeiten geben.

Stand Dienstagmorgen gab es laut Lucha im Südwesten 20 350 Menschen, die nachweislich mit dem Coronavirus infiziert waren. Davon seien etwa 2000 in stationärer Behandlung und davon wiederum 500 auf Intensivstationen. Gegen Ostern werde der erste Höhepunkt der Infektionszahlen erwartet. Derzeit gebe es rund 800 freie Intensivbetten. Wie sich die Zahlen entwickelten, habe die Gesellschaft in der Hand. „Die Osterbotschaft muss lauten: fürsorglicher Abstand“, mahnte Lucha noch einmal.

Bundesminister Spahn warnte davor, sich jetzt in einer falschen Sicherheit zu wiegen. „Die Lage ist nach wie vor ernst.“ Wenn man jetzt nachlasse, setze man das Erreichte aufs Spiel und riskiere eine wieder anziehende Dynamik bei den Neuinfektionen. „Diese Krise ist kein Sprint, sondern ein Marathon.“ Gefragt seien jetzt Besonnenheit und Entschlossenheit - die Tage um Ostern seien entscheidend auch für die Frage, ob und wie man Einschränkungen schrittweise lockern könne.

Dabei spiele eine Rolle, was am ehesten verzichtbar sei für den Einzelnen und die Gesellschaft und wo die Risiken einer Ansteckung besonders hoch seien. „Das, was sicherlich als letztes wieder möglich ist, das ist im Zweifel die Party und das Volksfest“, sagte Spahn.

Das grün-schwarze Kabinett beschloss Ausgangsbeschränkungen für Bewohner von Alten- und Pflegeheimen. Die Menschen sollen ihre Einrichtung nur noch aus „trifftigen Gründen“ verlassen dürfen. Kretschmann begründete die Maßnahme damit, dass das bereits geltende Besuchsverbot in Heimen immer wieder umgangen worden sei. So seien Heimbewohner etwa von Angehörigen vor dem Heim abgeholt worden - häufig ohne geeignete Schutzmaßnahmen. „Das ist zwar menschlich nachvollziehbar, aber in der Sache natürlich brandgefährlich.“

Nach Ansicht der Evangelischen Heimstiftung kommen die Ausgangsbeschränkungen für Heimbewohner zwei Wochen zu spät. „Das Virus ist bei der vulnerabelsten Risikogruppe bereits angekommen“, teilte die Stiftung mit, die 86 Pflegeheime im Südwesten betreibt.

In Baden-Württemberg sind nach Informationen des Sozialministeriums bislang 43 an Covid-19 erkrankte Pflegeheimbewohner gestorben. Mindestens 454 Heimbewohner und Pfleger seien erkrankt. In Baden-Württemberg leben laut Ministerium rund
100 000 Menschen in Senioren- und Pflegeheimen.

FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke vermisste beim Land eine Strategie für die Zeit nach der Corona-Krise. „Die Landesregierung muss ihre Schockstarre überwinden und endlich damit anfangen, über eine Öffnungsstrategie zu diskutieren.“ Es müsse etwa darüber nachgedacht werden, wie die Wirtschaft am Ende der Krise wieder in die Spur komme.