Karlsruhe (dpa). Der steigende Mindestlohn, zu niedrige Handelspreise und der zunehmende Mangel an Erntehelfern bringen Spargel- und Erbeerbauern mehr und mehr in die Bredouille. „Wenn es so weitergeht, werden wir einen Großteil der Anbauflächen langfristig verlieren“, sagte Nicole Spieß vom Landesbauernverband Baden-Württemberg. Der Verband Süddeutscher Spargel- und Erdbeeranbauer (VSSE) erwartet alleine für die Spargelfelder einen Rückgang um bis zu 30 Prozent in den nächsten sechs Jahren. „Ich sehe die Gefahr, dass es bald keine Sonderkulturen mehr gibt“, ergänzte Franz Josef Müller vom Landesverband Erwerbsobstbau, der rund 3200 Obstbauern im Südwesten vertritt. Nach Worten von VSSE-Geschäftsführer Simon Schumacher zeichnet sich für die bevorstehende Saison bereits ab, dass die Saisonarbeiter nur zögerlich zusagen. „Die Rückmeldungen sind verhalten, die Landwirte deshalb nervös.“ Vor allem in Baden-Württemberg werde der Erntehelfer-Mangel, aber auch der Kostendruck durch den Mindestlohn zu Flächenrückgang führen.
„Bei uns in Deutschland gehören zu den Sozialstandards ordentliche Bezahlung, Unterkünfte, Aufenthaltsräume – aber wer ermöglicht uns eigentlich gute Preise für unsere Ware, damit wir diese Löhne auch bezahlen können?“, fragte Müller, der selbst Sonderkulturen anbaut. Im Jahr 2017 habe er beispielsweise für ein Kilo Heidelbeeren noch 10,60 Euro bekommen, im Jahr darauf seien es nur noch 9,08 Euro gewesen – für ihn ein Verlust von 43 000 Euro, steigender Mindestlohn noch nicht abgezogen. „Für viele Betriebe wird es verdammt eng“, sagte Müller.
Viele Landwirte hoffen schon seit Längerem auf bilaterale Abkommen mit Nicht-EU-Ländern wie etwa der Ukraine, um von dort Erntehelfer zu holen. „Keine gute Entwicklung“ sieht darin die Gewerkschaft IG BAU. Als Nicht-EU-Bürger seien diese Arbeitnehmer noch viel abhängiger von ihrem Arbeitgeber als ohnehin schon.