Spitzenchor aus Manila in Burgstall

32 junge Philippinen auf Europatournee – 13 Gasteltern bieten kostenlose Unterkunft, Verpflegung und Fahrdienst

Seit 2011 gibt alle zwei Jahre ein Spitzenchor von den Philippinen ein kostenloses Konzert in der katholischen Kirche in Burgstall. Die jungen Sänger werden stets bei Gasteltern aus dem Umfeld des Eintracht-Chors Burgstetten untergebracht und verköstigt. Den Kontakt hatte Marga Wiesheu vor acht Jahren hergestellt, die gestern auch den ganzen Chor zum Mittagessen einlud.

Spitzenchor aus Manila in Burgstall

Das Mittagessen bei Gastgeberin Marga Wiesheu (Mitte, stehend) ließen sich alle Sänger und auch Gasteltern bestens schmecken. Foto: T. Sellmaier

Von Florian Muhl

BURGSTETTEN. Die 31 jungen Sänger des Chors „Los Cantantes de Manila“– 14 davon sind Frauen – sowie ihr Dirigent Darwin Vargas haben ein Mammutprogramm zu bewältigen. Die Hälfte ihrer Europatournee liegt bereits hinter ihnen. Mitte Mai kamen sie in Bulgarien an. Über Slowenien und Italien ging’s weiter nach Holland. Von dort sollte sie am Dienstag ein Bus nach Burgstetten bringen. Der fuhr aber nicht. Also spontaner Umstieg auf die Bahn. Einstieg um 7 Uhr. Fast zehn Stunden später Ankunft mit der S-Bahn in Backnang um 16.17 Uhr.

„Die sind alle chaotisch, die Philippinen“, sagt Marga Wiesheu liebevoll und bewundert die Gelassenheit ihrer Gäste. Zusammen mit Bernd Greiner hatte sie viele Jahre den Vorsitz des Eintracht-Chors Burgstettens inne. Greiner, der noch Vorsitzender ist, staunt auch über die Zeitplanung der reisenden Sänger: „Die sind morgens um 5 Uhr in Holland angekommen, hatten noch am Vormittag ihren Auftritt auf der Bühne und dazwischen noch eine Probe.“ Und jetzt die Reise nach Burgstetten sei ähnlich hektisch gewesen: „Mit der Bahn fünf Mal umsteigen mit großem Gepäck“. „Die Koffer sind richtig schwer und größer als die Mädle. Ich weiß nicht, wie die das machen“, lacht Marga Wiesheu.

Aber dann wieder die Ruhe und Gelassenheit der Philippinen. „Die haben sich umgezogen, eine Kleinigkeit gegessen und sind dann um 19.15 Uhr auf der Bühne gestanden und haben dann fast zwei Stunden ein Konzert gegeben“, berichtet Greiner. Und Wiesheu schwärmt: „Ein super Konzert, das war wirklich beeindruckend.“

Gestern ein Tag zum Ausruhen, Wäschewaschen und Üben. Marga und Karl-Heinz Wiesheu luden den kompletten Chor und die Gasteltern zum gemeinsamen Mittagessen ein, zu Braten, Leberkäs, Kartoffelgratin und überbackenen Maultaschen. Zuvor gab der Chor eine Kostprobe seines Könnens. Hier traf die Professionalität der Sänger auf eine tolle Akustik im „Castello“ genannten Wohnraum aus Glas und Stein.

Kevin (26) und Jérôme (24) hat es super gut geschmeckt. Sie lieben die deutsche Küche, auch wenn beide erst zum zweiten Mal in Deutschland sind. Wie alle im Chor haben sie eine ausgebildete Stimme und könnten auch solistisch auftreten. Trotzdem ist der Gesang nur ein geliebtes Hobby. Kevin ist Handelskaufmann und Jérôme studiert Informatik.

Zum größten Teil – „zu 95 Prozent“, sagt Dirigent Darwin Vargas – stammen sie aus sozial schwachen Familien. Der Übungsraum des christlichen Chors ist eine kleine Kirche, die sich in den Slums von Manila befindet. Vargas ist heute 34 Jahre alt und verdient sein Geld als Musiklehrer und Chorleiter. Für ihn ist dieser Chor ein Charity-Projekt, denn er ermöglicht vielen Sängern nicht nur das Singen, sondern auch das Studieren und Reisen. Im Alter von 26 Jahren war er selbst Sänger des Chors, der im Jahr 2011 erstmals von den Philippinen auch nach Burgstetten kam. Gleichzeitig war Vargas damals schon Tourmanager.

Der Kontakt zu den Philippinen lief über Marga Wiesheu. Ursprünglich kommt sie aus dem hessischen Erbach, wo sie auch einem Chor angehört. Ein Chorfreund war 2011 auf der Suche nach einer Zwischenstation für einen philippinischen Chor, der von Lich in Hessen zum Internationalen Kammerchorwettbewerb Marktoberdorf im Ostallgäu reiste. Marga Wiesheu fand in Burgstetten genügend Gasteltern und so gab es den ersten Aufenthalt für die Gäste aus Manila im Schwäbischen, inklusive Konzert in der katholischen Kirche.

Heute geht’s auch für den Chor „Los Cantantes de Manila“ nach Marktoberdorf, wo nur Weltklassechöre auftreten dürfen. Mehr noch: „Er wird als Übungschor für den Dirigentennachwuchs fungieren“, erläutert Bernd Greiner.