Die Kühltürme von Philippsburg stehen nicht mehr

dpa/lsw Philippsburg. Weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit werden die AKW-Kühltürme dem Erdboden gleichgemacht. Die Heimlichtuerei der EnBW im Vorfeld kommt nicht gut an. Und für Umweltschützer ändert der Abbruch der Türme an einem grundlegenden Problem sowieso nichts.

Die Kühltürme von Philippsburg stehen nicht mehr

Die Kühltürme des stillgelegten Atomkraftwerks fallen kurz nach der Sprengung zusammen. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Jahrzehntelang waren sie weithin zu sehen und prägten einen ganzen Landstrich, nun sind sie weg: Die Kühltürme des ehemaligen Atomkraftwerks Philippsburg (Kreis Karlsruhe) sind nur noch Schutt. Am Donnerstag wurden die beiden rund 150 Meter hohen Bauwerke gesprengt.

Der Abbruch war lange geplant und vorbereitet worden, am Ende kamen die Detonationen um 6.05 Uhr dann aber doch überraschend. Der Energiekonzern EnBW hatte den genauen Zeitpunkt der Sprengung nicht bekanntgegeben, sondern nur einen groben Zeitrahmen von 48 Stunden. Man habe aufgrund der staatlichen Coronavirus-Verordnungen eine Ansammlung von Zuschauern vermeiden wollen, hieß es zur Begründung.

„Der Abbruch verlief jederzeit sicher“, teilte die EnBW mit. Die Türme waren vorher entkernt worden, so dass nur noch die Außenschale aus Beton zum Abbruch anstand. Die Sprengung selbst dauerte etwa eine Minute, dann fielen die Bauwerke in sich zusammen. Der Bauschutt, rund 32 500 Tonnen pro Turm, soll möglichst wiederverwertet und zur Aufschüttung des Geländes verwendet werden.

Damit ist ein weiteres Kapitel des Rückbaus des AKW-Standorts mit den beiden abgeschalteten Blöcken beendet. Dort, wo die Türme standen, wird ein Gleichstrom-Umspannwerk des Netzbetreibers TransnetBW gebaut. Dieser sogenannte Konverter wird benötigt, um über Hochspannungsleitungen große Mengen Ökostrom aus Norddeutschland in den wirtschaftsstarken Süden Deutschlands zu bringen. Die Hochbauarbeiten sollen im dritten Quartal 2020 beginnen, wie TransnetBW mitteilte.

Die Umweltschutzorganisation BUND zeigte sich zwar erfreut, dass der „Abgesang auf die Erzeugung von Atomstrom“ weitergehe. Die Frage der Atommüll-Lagerung bleibe aber ungeklärt, und der Ausbau der erneuerbaren Energien komme kaum voran. „Die Türme sind weg, doch der ewig strahlende Atommüll aus dem Reaktor bleibt“, kritisierte auch die Initiative „.ausgestrahlt“.

Aktivisten der Umweltschutzorganisation Greenpeace hatten am Vorabend der Sprengung aus der Ferne mit einem Lichtstrahl noch den Schriftzug „Platz schaffen für die Energiewende! #keingeldfuergestern“ auf einen der Türme projiziert. Die Polizei schritt ein und sprach nach eigenen Angaben einen Platzverweis aus, dem die Aktivisten auch nachkamen.

EnBW-Kernkraft-Chef Jörg Michels warb um Verständnis dafür, dass keine Zuschauer - auch keine Journalisten - dabei sein durften: „Das ist uns nicht leichtgefallen, aber nach Abwägung aller Aspekte war klar, dass die Energiewende und der Gesundheitsschutz Vorrang haben müssen.“

Aus Sicht des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV) hätte EnBW nicht auch alle Journalisten gleich mit ausschließen dürfen. Es sei zwar generell nachvollziehbar, dass der Konzern den Corona-Vorgaben entsprechen und Menschenansammlungen vermeiden wolle. „Davon sind Journalisten aber ausdrücklich ausgenommen“, sagte DJV-Landesgeschäftsführer Gregor Schwarz. Für sie gebe es Ausnahmen, damit sie ihre systemrelevante Tätigkeit ausüben könnten - und speziell in diesem Fall wäre es zudem auch problemlos möglich gewesen, den nötigen Abstand zu halten, betonte er.

Eine generelle Tendenz, Journalisten mit Verweis auf die Corona-Regeln an der Arbeit zu hindern, sehe er bisher zum Glück nicht, sagte Schwarz. Bei vielen, gerade auch bei Unternehmen, herrsche schlicht Unsicherheit, was erlaubt ist und was nicht. Dass es für Journalisten Ausnahmen gebe, müsse man aber wissen.