Stadtwerke-Mitarbeiter veruntreut Geld

47-Jähriger soll mit fingierten Erstattungen eine sechsstellige Summe erbeutet haben – Verdächtiger sitzt in Untersuchungshaft

Ein Mitarbeiter der Stadtwerke Backnang hat sich offenbar über mehrere Jahre hinweg aus der Firmenkasse bedient. Wie Stadtwerke-Chef Markus Höfer bestätigt, geht der Schaden in die Hunderttausende. Erst durch einen Hinweis der Bank kamen die kriminellen Machenschaften jetzt ans Licht.

Stadtwerke-Mitarbeiter veruntreut Geld

Der Sitz der Stadtwerke Backnang in der Schlachthofstraße: Ein Kundenservice-Mitarbeiter, der hier bis vor einer Woche arbeitete, sitzt jetzt in Stammheim in Untersuchungshaft. Foto: J. Fiedler

Von Kornelius Fritz

BACKNANG. Stadtwerke-Chef Markus Höfer war gestern sichtlich mitgenommen: „Wir sind alle schockiert“, erklärte der Geschäftsführer. Am vergangenen Freitag hatte er von der Bank einen Hinweis auf mögliche Unregelmäßigkeiten in seinem Unternehmen erhalten. Als er der Sache nachging, erhärtete sich der Verdacht gegen einen 47-jährigen Mitarbeiter. Mit erheblicher krimineller Energie soll dieser über einen längeren Zeitraum hinweg Geldbeträge auf seine persönlichen Konten abgezweigt haben. Höfer erstattete sofort Anzeige bei der Polizei und verständigte die interne Revision sowie den Backnanger Oberbürgermeister Frank Nopper, der auch Vorsitzender des Aufsichtsrats der Stadtwerke ist.

Am Montag wurde der 47-jährige Mitarbeiter festgenommen. Weil angesichts der hohen Schadenssumme Fluchtgefahr bestand, wurde Haftbefehl gegen ihn erlassen. Mit weiteren Angaben halten sich Polizei und Staatsanwaltschaft mit Hinweis auf das laufende Verfahren momentan zurück. Auch ob der Beschuldigte die Taten gestanden hat, wird nicht öffentlich bekannt gegeben.

Der Mann war nach Höfers Angaben seit knapp vier Jahren als Sachbearbeiter im Kundenservice der Stadtwerke tätig. Dort war er auch für die Abrechnung von Gas- und Wasseranschlüssen zuständig. Dabei kommt es häufig vor, dass zu viel bezahlte Abschlagszahlungen an Kunden zurückerstattet werden. Solche Erstattungen hat der 47-Jährige offenbar fingiert und die IBAN-Nummern im EDV-System so verändert, dass das Geld auf seine eigenen Konten floss.

Kollegen merken nichts

trotz Vieraugenprinzip

Das genaue Ausmaß der Betrügereien kann Markus Höfer noch gar nicht absehen. „Wir arbeiten momentan mit Hochdruck an der Aufarbeitung und hoffen, dass wir bis nächste Woche Grund sehen.“ Schon jetzt weiß der Stadtwerke-Chef aber, dass die Vorfälle mindestens bis ins Jahr 2016 zurückreichen. Und obwohl die einzelnen Beträge, die abgezweigt wurden, relativ gering sind, haben sie sich im Lauf der Zeit zu einer sechsstelligen Summe addiert.

Ob durch die Tricksereien des 47-Jährigen nur die Stadtwerke oder auch deren Kunden geschädigt wurden, kann Höfer im Moment noch nicht sagen. „Sollten wir feststellen, dass Kunden Geld nicht bekommen haben, das ihnen zusteht, werden wir diese selbstverständlich informieren und ihnen das Geld erstatten“, sagt der Stadtwerke-Chef.

Aber wie konnten die Machenschaften des Mitarbeiters so lange unentdeckt bleiben? „Bei uns gilt ein Vieraugenprinzip, jede Zahlung muss von einem zweiten Mitarbeiter freigegeben werden“, betont der Stadtwerke-Chef. Allerdings hat der Mann die fehlerhaften Auszahlungen offenbar so geschickt verschleiert, dass die Manipulationen für seine Kollegen nicht erkennbar waren. Und das veruntreute Geld floss auch nicht immer auf dasselbe, sondern auf eine Vielzahl von Konten. „Da steckt schon ein hohes Maß an Energie dahinter“, sagt der Stadtwerke-Chef. Auch die Kontrollmechanismen des EDV-Systems hat der 47-Jährige ausgetrickst. Ob diese noch verbessert werden können, müsse nun ebenfalls geprüft werden, erklärt Höfer. Allerdings sei im kommenden Jahr, unabhängig von diesem Vorfall, sowieso ein Umstieg auf ein neues EDV-System geplant.

OB Frank Nopper erklärte gestern Abend im Gemeinderat, man werde unverzüglich zusammen mit einem externen Wirtschaftsprüfer und dem städtischen Rechnungsprüfungsamt untersuchen, wie es zu der Veruntreuung kommen konnte und ob organisatorische Maßnahmen ergriffen werden können und müssen, um Derartiges künftig zu vermeiden. „Sobald hierzu konkrete Erkenntnisse vorliegen, wird umfassend Bericht erstattet“, kündigte der Aufsichtsratsvorsitzende an.

Wofür der Mann das veruntreute Geld verwendet hat, ist noch nicht bekannt. „Es ist Aufgabe unserer Ermittlungen, herauszufinden, wohin die Gelder geflossen sind und was davon vielleicht noch übrig ist“, sagt Polizeisprecher Rudolf Biehlmaier. Höfer geht davon aus, dass sein Unternehmen den finanziellen Schaden ersetzt bekommt. Sofern der Mitarbeiter das veruntreute Geld nicht zurückbezahlen könne, werde die Versicherung den Schaden übernehmen.