Standort für Batteriefabrik: Länder beklagen sich bei Merkel

dpa Berlin/Düsseldorf. Deutschland will die Batteriezellenforschung stärken. Nach der Entscheidung über den Hauptstandort für ein neues Forschungszentrum ebbt die Kritik darüber nicht ab. Ganz im Gegenteil.

Standort für Batteriefabrik: Länder beklagen sich bei Merkel

Steht wegen der Standortwahl für die Batteriezellenforschung in Münster in der Kritik: Bundesforschungsministerin Anja Karliczek. Foto: Christoph Soeder

Der Standort für eine neue Batterie-Forschungsfabrik ist zu einem politischen Zankapfel geworden.

Die Ministerpräsidenten von Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen beschwerten sich in einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über die Entscheidung von Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU), das Haupt-Forschungszentrum in Münster anzusiedeln. Der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) beklagte die nach seiner Ansicht andauernde Benachteiligung des Ostens. Karliczek wehrte sich erneut gegen die Kritik.

Die Bundesregierung will in der Batterietechnologie im internationalen Wettbewerb aufholen und kurbelt die Forschung mit 500 Millionen Euro an. Die nordrhein-westfälische Stadt Münster hatte sich gegen Ulm durchgesetzt als Haupt-Forschungsstandort, wie Karliczek am Freitag mitgeteilt hatte. Ulm zählt aber zu den weiteren Standorten für einzelne Aspekte der Forschung. Auch Salzgitter, Karlsruhe und Augsburg sind dafür vorgesehen.

Hintergrund der Förderung ist, dass Batterien künftig immer wichtiger werden. Leistungsfähige Speichertechnologien gelten als wichtiger Faktor für eine klimafreundlichere Entwicklung im Energie- und Verkehrsbereich. Batteriezellen sind das Herz von Elektroautos, die künftig massenhaft auf deutschen Straßen fahren sollen. Parallel zu einem Forschungszentrum schmiedet Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) derzeit Konsortien für den Bau einer Fabrik, in der Batteriezellen produziert werden sollen.

Die eigentliche Entscheidung über den Bau ein neues Batterie-Forschungszentrum gerät aber nun in den Hintergrund - in den Vordergrund rückt ein politischer Streit über den Standort. „Mit der Entscheidung für Münster, die wohl einen langwierigen Aufbau neuer Strukturen nach sich zieht, wird wertvolle Zeit im Wettlauf gegen Deutschlands Wettbewerber verloren“, heißt es in dem Schreiben der Regierungschefs Markus Söder (CSU/Bayern), Winfried Kretschmann (Grüne/Baden-Württemberg) und Stephan Weil (SPD/Niedersachsen) an Merkel. Der Brief lag der Deutschen Presse-Agentur vor.

Deutschland könne es sich nicht erlauben, die an den Standorten Ulm, Augsburg und Salzgitter vorhandenen Potenziale in Zukunft ungenutzt zu lassen, heißt es. Die Länderchefs fordern Merkel auf, die Standortentscheidung nochmals zu prüfen und die fachlichen Gründe der Entscheidung „transparent und nachvollziehbar“ darzulegen.

Ramelow schrieb in einem eigenen Brief an Merkel, die Auswahl von Münster stehe im Widerspruch zu den wiederholten Zusagen, die Interessen der ostdeutschen Länder bei ihren Standortentscheidungen im Blick zu haben. Thüringens Regierungssprecher Günter Kolodziej bestätigte den Inhalt des Schreibens, über das zunächst die „Thüringer Allgemeine“ berichtet hatte.

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) wies die Kritik aus den anderen Ländern zurück. „Es verwundert mich, dass drei Kollegen jetzt eine kleinteilige Standortdebatte mit dem Brief an die Bundeskanzlerin beginnen“, sagte Laschet am Dienstag in Düsseldorf. Der Vorwurf verkappter Standortpolitik zugunsten des Münsterlandes sei „abwegig“. „Wenn irgendeine Region in Deutschland keine Strukturhilfe braucht, dann ist es das Münsterland.“

Karliczek verteidigte ihre Entscheidung am Dienstag erneut. „Wir brauchen eine große nationale Kraftanstrengung für eine moderne Batterietechnologie, um verlorenen Boden im internationalen Wettbewerb gutzumachen“, sagte die Ministerin. Bei der Auswahlentscheidung, die im Forschungsministerium in Absprache mit dem Wirtschaftsministerium gefällt worden sei, habe nur ein Bewerber den Zuschlag für den Bau der eigentlichen Forschungsfabrik erhalten können. „Dabei ging es ausschließlich um die Frage, welches Konzept für die Batterieforschung in Deutschland den höchsten Grad an Exzellenz aufweist und welches Konzept den breitesten Nutzen für die Wirtschaft bringt“, so die Ministerin.

Es würden auch andere Kompetenzzentren gefördert, die sich am Wettbewerb beteiligt haben. „Dies war von Anfang an Teil unseres Dachkonzepts. Dies ist vielleicht nicht überall angekommen. Schon in dieser Woche finden dazu Gespräche mit erste Standorten statt.“ Karliczek hatte daneben bereits gesagt, die Entscheidung habe nichts mit dem Standort in der Nähe ihres Wahlkreises zu tun. Karliczek kommt aus Ibbenbüren in der Nähe von Münster.

Söder, Kretschmann und Weil dagegen schreiben im Brief an Merkel, bei der Standortentscheidung seien nicht nur forschungs- und innovationspolitische Gesichtspunkte von Bedeutung gewesen. So habe die Auswertung der Fraunhofer-Gesellschaft andere Standorte, wie Ulm, Salzgitter und Augsburg, an der Spitze des Bewerberfeldes gesehen.

Sowohl aus Bayern als auch aus Baden-Württemberg und Niedersachsen seien hinsichtlich wissenschaftlicher Kompetenz, unternehmerischer Kooperationen, finanzieller Unterstützung der Batterieforschung und Fachkräfte herausragende Standortbewerbungen vorgelegt worden. Weiter heißt es: „Es ist enttäuschend und für den Forschungsstandort Deutschland angesichts des weltweiten Wettbewerbs um die besten Köpfe ein fatales Signal, Standortentscheidungen von solcher Tragweite überwiegend nach strukturpolitischen Erwägungen zu treffen.“